Neuer Schwung für die Volksmusik
Volksmusik ist nicht das Schlager-Geträllere aus dem Fernsehen. Fachleute definieren Volksmusik als eine Musizierpraxis ehemals bäuerlich-dörflicher oder kleinstädtischer Gemeinschaften. Sie war eingebunden in das tägliche Leben und führte zu einer deutlichen Strukturierung des Jahresablaufs: Kirchweih, Weihnachten, Ostern oder die Jahreszeiten waren von speziellem Liedgut begleitet. So leistete die Musik einen großen Beitrag zu Heimatgefühl und Identität.
Diese Identität droht heute verloren zu gehen. Die Globalisierung verdrängt traditionelle Musik mit beliebig austauschbarer, lokale Kleiderordnung mit Allerwelts-Garderobe und über Generationen vererbtes Brauchtum mit Show-Events. „Damit stirbt nicht nur unsere Lebensart, sondern auch unsere Herzensbildung“, sagt Siegfried Bradl. Der 52-jährige Altomünsterer ist Volksmusikpfleger des Bezirks Schwaben für das Wittelsbacher Land und ein ausgewiesener Musik- und Dialektkenner. Er gehört zum Arbeitskreis Kultur des Wittelsbacher Land Vereins, der jetzt das Projekt „Volksmusik im Wittelsbacher und Dachauer Land“ in Angriff nimmt.
Bis zum Jahr 2013 sollen Strukturen und personelle Voraussetzungen geschaffen werden, die hier praktizierte Volksmusik zu dokumentieren und wiederzubeleben. Ziel ist es, auch Kinder, Jugendliche und und junge Familien wieder an das „regionale Erbe“ heranzuführen. „Die Glut weitergeben“ nennt Bradl das, aber dahinter steckt mehr, als pure Traditionspflege: „Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls in den Landkreisen Dachau und Aichach-Friedberg“ nennt das Arbeitskonzept als Aufgabe, mit dem die LAG Wittelsbacher Land und Dachau agil Fördermittel aus dem Leader-Topf der Europäischen Union beantragen.
Mehrere konkrete Maßnahmen sind dort festgehalten: Ein Projektmanagment kümmert sich um den Aufbau eines Netzwerkes mit den bestehenden Volksmusikgruppen der beiden Landkreise, sodass Liedgut weitergegeben, Texte und Noten dokumentiert und Veranstaltungstermine abgesprochen werden. Eine Internet-Plattform soll eingerichtet werden, auf der sich alle Gruppen präsentieren können, die aber auch kostenlos Noten- und Audiomaterial zur Verfügung stellt. Liederbücher sollen herausgegeben, Noten und Texte in einem Musikalien-Laden oder in Büchereien zur Ausleihe angeboten werden. Engagierte Bürger können sich zu so genannten Multiplikatoren ausbilden lassen, die in Kindergärten und Schulen ihr Wissen zur Verfügung stellen und so mehr und mehr Menschen wieder für die ursprüngliche Volksmusik begeistern. Natürlich sind auch Veranstaltungen geplant, so ein Volksmusik-Festival, das alljährlich in verschiedenen Gemeinden stattfinden kann. Solch ein Festival hätte wohl Bedeutung über die Regionalgrenzen hinaus. Es könnte auch touristisch vermarktet werden und damit wirtschaftlichen Wert für die Region generieren.
Weitere Infos aus dem Wittelsbacher Land: www.wittelsbacherland.de
> " Sie war eingebunden in das tägliche Leben und führte zu einer deutlichen Strukturierung des Jahresablaufs"
Damit ist alles gesagt. Künstliche Beatmung auf Teufel komm raus wird nichts bringen - wenn Musik nicht der Alltag der Menschen ist, ist es keine Volksmusik mehr.
Natürlich kann man in Vereinen und Interessengruppen die Erinnerung und Material bewahren, aber das ist ja etwas anderes.