Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn
Mode-Kaiserin Sisi
Im Wasserschloss Unterwittelsbach findet mit "Kaiserin Elisabeth – Ode an die Mode" heuer eine neue Sonderausstellung statt. Und diese ist etwas ganz Besonderes. Die Kastellanin Brigitte Neumaier verrät, worauf sich Sisi-Fans freuen dürfen und was den Modegeschmack der Kaiserin ausmachte.
Wie wir Menschen befindet sich auch die Mode stets im Wandel. Sie ist dabei ein Abbild für die Kultur und Gesellschaft ihrer Zeit. Mode erzählt immer ein Stück Geschichte – aus den Trends vergangener Epochen können wir herauslesen, was unseren Ahnen wichtig – oder was notwendig – war.
So entstand der hohe Absatz an Männerschuhen ursprünglich für den sicheren Halt im Steigbügel beim Reiten. Der Reifrock galt als schön, denn in Zeiten von hoher Kindersterblichkeit vermittelte eine breite Hüftregion Fruchtbarkeit. Auch die Perücke, die der barocke Adel gerne trug, hat einen tiefgreifenden Hintergrund: Sie versteckte die kahlen Stellen, die durch den Haarausfall bei der verbreiteten Syphilis-Erkrankung entstanden. Beim Blick hinter die Entstehungsgeschichte ist der ernste Hintergrund der jeweiligen Modeerscheinung zu erkennen – die manch einer zuvor vielleicht belächelte.
"Ode an die Mode" im Schloss Unterwittelsbach
Mode vom Mittelalter bis zum Biedermeier lässt sich heuer im Wasserschloss Unterwittelsbach, im Volksmund als Sisi-Schloss bekannt, bewundern. Das Jagdschloss bei Aichach gehörte einst Herzog Max in Bayern, dem Vater der späteren Kaiserin von Österreich-Ungarn. 1999 erwarb die Stadt Aichach das Schloss, restaurierte es und eröffnete ein Sisi-Museum, das seither alljährlich eine Sonderausstellung zeigt – in diesem Jahr ist es die 25.
Sisi war eine Stil-Ikone ihrer Zeit. Dies nahm sich Brigitte Neumaier, Kastellanin im Schloss Unterwittelsbach, zum Anlass, die Jubiläumsausstellung dem Thema Mode und Kleidung zu widmen. „Kaiserin Elisabeth – Ode an die Mode“ lässt sich vom 19. April bis zum 27. Oktober 2024 bestaunen. Wir möchten mehr erfahren und unterhalten uns mit der Ausstellungsorganisatorin Brigitte Neumaier, die allerlei Überraschendes verrät.
Interview mit Brigitte Neumaier
Hallo, Frau Neumaier. 25 Jahre Sonderausstellungen im Sisi-Schloss: Was ist das Highlight bei „Ode an die Mode“?
Brigitte Neumaier: Die Ausstellung geht vom Mittelalter über den Barock zum Rokoko, dann zum allgemeinen Biedermeier und natürlich rüber zu Elisabeth. Wir haben selbstverständlich auch die Kleider von Elisabeth selbst. Heuer ist es eine Jubiläumsaustellung, die 25. Sonderausstellung, und da kommt auch das Krönungskleid aus Ungarn.
Es gab zwei Krönungskleider, denn es waren zwei Krönungstage angedacht. Einen Tag, wo man Franz Joseph krönte, und einen Tag, an dem Elisabeth gekrönt wurde. Die Österreicher waren aber dagegen, weil sie wussten, die Krönung von Franz Joseph wird sehr einfach ablaufen und die Krönung von Elisabeth wird sehr pompös sein. Denn sie wird heute noch in Ungarn sehr verehrt. Den Ungarn geht es nicht um Franz Joseph, Franz Joseph ist „Beiwerk“. Es geht nur um ihre Königin.
Es gab also zwei Krönungskleider. Ein „einfaches“ und ein ganz pompöses. Und dieses ist in der Sonderausstellung. Auch das Silberhochzeitskleid ist zu sehen. Elisabeths Lebzeit endet nicht im Biedermeier, also geht die Mode noch weiter darüber hinaus. Das Biedermeier war dieses Weitläufige, die großen Röcke, und dann wird die Mode immer schmäler. Es kam die Tournüre, die das Hinterteil betonte. Das ist das Silberhochzeitskleid: ein ganz schmales Kleid mit Tournüre.
Sie sagten die Kleider kommen aus Ungarn – sind sie dort im Nationalmuseum oder wie können wir uns das vorstellen?
Brigitte Neumaier: Nein, wir haben nicht die Originalkleidung. Die Originalkleidung gibt es in dieser Ausfertigung gar nicht mehr. Elisabeth hat, nachdem ihr Sohn Rudolf verstorben ist, alles vernichten lassen, was nicht die Farbe Schwarz hatte. Sie hat die letzten neun Jahre ihres Lebens nur Trauerkleidung getragen.
Die edlen Stoffe, die Barock-Stoffe, die sehr teuer und mit Gold und Silber bestickt waren, hat man zu Priester-Gewändern umgearbeitet und in den Klöstern Österreichs verteilt. Die einfachen Stoffe hat man zerschnitten und für etwas anderes verwendet. Aber im Originalzustand haben wir nichts. Es ist sowieso schwierig, ein Kleid, das 150 Jahre alt ist, zu erhalten. Das ist nicht so wie bei unserer Kleidung heute, die gibt es in 200 Jahren noch, weil sie aus Polyester ist. Das früher war alles Natur. Wenn Sie eine Seide nicht richtig klimatisieren und ohne Licht lagern – Lichteinfall ist Gift für die Kleidung – zerfällt und bricht der Stoff wie Seidenpapier.
Woher also stammen die Exponate?
Brigitte Neumaier: Die Exponate kommen aus verschiedenen Klöstern und von Privatleihgebern aus Österreich. Die nachgeschneiderte Kleidung stammt von einer Modistin aus Ungarn. Die Dame hat dort einen Brautsalon. Man weiß, dass mehrere Schnitte von Sisis Kleidern in Ungarn im Bundesarchiv liegen. Also hat die Frau die Schnitte angefragt, weil sie sich gedacht hat, man müsste die Kleider mal nachschneidern. Da hat die Regierung gesagt: „Kommt überhaupt nicht in Frage!“ Denn Elisabeth hat dort einen anderen Stellenwert. Man dachte vielleicht, die Dame macht dann ein Geschäft damit oder meint das als Faschingsscherz.
Durch glückliche Zufälle, zum Jubiläum der Königskrönung, hat sie für die Regierung das einfache Krönungskleid nachgeschneidert. Es wurde damals ein großes Event veranstaltet, mit einer Elisabeth-Darstellerin. Alle waren begeistert und sie hat einen Schnitt erhalten. Mittlerweile sind es zwölf Stück. Sie muss aber jedes Kleid nach der Fertigstellung zur Kontrolle abgeben. Es wird geprüft, ob sie die richtigen Maße der Kaiserin und die originalgetreuen Stoffe verwendet hat.
In ihren letzten Lebensjahren hat Sisi nur Schwarz getragen, aber wie war ihr Modegeschmack in jungen Jahren?
Brigitte Neumaier: Sie war 15 Jahre alt, als sie mit Franz Joseph verlobt wurde und hat dann die Mode bestimmt. Das ist ja heute auch noch so, wenn die Kate Middleton etwas von der Stange kauft, ist das Kleid in Sekundenschnelle ausverkauft.
Elisabeth hat einen Schneider gehabt, der beispielsweise das bekannte Sternenkleid gemacht hat. Das war der Engländer Frederick Worth. Er arbeitete in Paris und Elisabeth hat bei ihm ein paar Schnitte bestellt. Als die ersten Aufträge von der Kaiserin kamen, hat er genau gewusst, dass er sich jetzt um sein weiteres Leben keine Sorgen mehr machen braucht, weil jeder, der etwas auf sich gehalten hat und es sich leisten konnte, auch bei ihm bestellt hat.
Zu dem Sternenkleid hat man immer das ikonische Bild von Sisi vor Augen, mit ihrer langen Haarpracht und dem Sternenschmuck.
Brigitte Neumaier: Zu Sisis Zeiten waren Stöpsellocken in Mode. Mit Zuckerwasser, Bier und allem möglichen Zuckerhaltigem hat man die Haare präpariert, damit sie eine Festigkeit bekommen. Haarspray, wie wir es kennen, gab es damals ja noch nicht.
Man hat auch Brennscheren heiß gemacht. Natürlich nicht so heiß, dass man die Haare abbrannte, sondern dass sie gewisse Wellen oder Locken erzeugten. Die waren praktisch ein Lockenstab.
Hat man eine Idee davon, wie lange es gedauert hat, die Haare so herzurichten?
Brigitte Neumaier: Elisabeth hatte Haare bis zur Kniekehle. Das waren mehrere Kilo dickes Echthaar. Im „normalen Alltag“ – eine Monarchin hat keinen normalen Alltag so wie wir – war der Aufwand der Frisur natürlich nicht so groß. Wenn etwas Größeres anstand, hat es schon mehrere Stunden gebraucht, bis sie vom Friseurtisch wieder aufstand. Sie hat sehr viel Wert auf ihre Haare gelegt. Es gibt sogar ein Gedicht von ihr, in dem sie schreibt: „Ich bin die Sklavin meiner Haare“.
Aber Haare abschneiden ging damals auch nicht. Jede Frau hatte langes Haar. Das war die Pracht, die Tracht der Frau. Damals kurze Haare: Da war man krank oder im Gefängnis.
Warum gilt Sisi auch heute noch als Stil-Ikone?
Brigitte Neumaier: Das hat sich eigentlich erst in den letzten Jahren mit den Romy Schneider-Filmen aufgebaut. Vorher war sie beliebt in Ungarn, klar, weil sie den Ungarn einen Krieg erspart hat. Aber wenn es die Sisi-Filme nicht gegeben hätte, dann wäre es eine Kaiserin gewesen, die man 1898 erstochen hat. Fertig. Dieses ganze Trallala, die Filme, sind eine Märchenwelt, die geschaffen wurde. So war das in Wirklichkeit alles nicht. Es gab viel Trauer. Damals hatte eine Frau kein Anrecht auf irgendetwas. Damals galt: Kinder, Kirche, Küche.
Die Frau hatte nur eine einzige Aufgabe in ihrem Leben: Die Dynastie zu erhalten. Das heißt, für Nachkommen zu sorgen – und zwar für Söhne. Sind Töchter geboren worden, war das eine Riesen-Katastrophe. Töchter haben ja nur gekostet. Also wollte man Söhne. Und da hat man natürlich drei, vier gebraucht, denn die Kindersterblichkeit lag bei 30 Prozent. Das war damals eine rauere Zeit als heute.
Danke für die interessanten Einblicke, Frau Neumaier.
Öffnungszeiten der Ausstellung
19. April bis 27. Oktober 2024, Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr sowie Samstag/Sonntag/Feiertag von 10 bis 18 Uhr.
myheimat-Team:Madlen Ellmenreich aus Augsburg |
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