Die Deutsch-Französische Gesellschaft Celle stellt ihre Tätigkeit ein
Sommerfest in Bennebostel liefert schönen Rahmen für den Abschied
Alles hat ein Ende. Das trifft in diesem Jahr für die Deutsch-Französische Gesellschaft Celle zu. Nach 30 Jahren stellt die traditionsreiche und agile kulturelle Vereinigung ihre Tätigkeit ein.
Wohl ist dabei niemandem zumute. Ein wenig traurig blicken die Mitglieder zurück angesichts der vielen schönen Erinnerungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Das Verständnis für den französischen Nachbarn fördern, Freude an der französischen Sprache und Kultur wecken und vertiefen und die Kontakte mit den Franzosen der Stadt Celle vertiefen – das sind die ehrwürdigen Ziele, denen die Gesellschaft über all die Jahre gefolgt ist.
Damit lag man auch gut im Trend. Seit dem Beginn der Deutsch-Französischen Freundschaft im Jahr 1963, als Charles de Gaulle und Konrad Adenauer mit ihrer Vertragsunterzeichnung viel Weitsicht bewiesen haben, hat sich das deutsch-französische Verhältnis mehr und mehr gebessert. In Fontainebleau bei Paris verblieb als einzige Delegation aus Nato-Zeiten die deutsche, zahlreiche Patenschaften wurden auf beiden Seiten des Rheins gegründet. Die deutschen und französischen Kanzler und Präsidenten haben bis in die Gegenwart hinein stets beste und freundschaftliche Beziehungen gepflegt, und bei Straßburg wurde eine deutsch-französische Brigade als Militärbündnis ins Leben gerufen. In Faßberg arbeiten deutsche und französische Soldaten am „Tiger“-Hubschrauber-Projekt, und es entstehen in Stadt und Landkreis zunehmend Boulebahnen.
Die Deutsch-Französische Gesellschaft Celle hat früh den Wert der guten Beziehungen zum Nachbarn Frankreich erkannt, und zwar in einer Zeit, als Deutschland noch zweigeteilt war.
Mit einem Chansonabend vor mehr als 30 Jahren fing alles an, in einem Bistro an der Emigrantenstraße in Celle. Else Pixberg, Ehrenpräsidentin der Gesellschaft, erinnert sich: „Der Direktor des Institut Français d’Hanovre rief bei uns an und fragte, ob ich einen Abend für ein Sängerpaar aus Straßburg organisieren könnte, Nicole Mouton und Jean-Marie Koltes.“ Viele Zuhörer seien es nicht gewesen. Einige ihrer Schüler, die Pixberg-Familie, schnell zusammentelefonierte Freunde des Sohnes und wenige Bekannte. Solche Anrufe aus Hannover wiederholten sich, Else Pixberg antwortete dann meistens: „D’accord.“ - Einverstanden.
Unter den ersten bekannten Sängern waren Liselotte Hamm und Jean-Marie Hummel, ebenfalls aus Straßburg. „Ihr erinnert euch bestimmt an die muntere Frau mit ihren kleinen Haaren und ihren kleineren temperamentvollen Mann“, sagte Pixberg in ihrer Laudatio bei der Abschiedsfeier auf dem Hof Wietfeldt in Bennebostel. „Sie waren echte Stimmungskanonen. Beim 20. Geburtstag haben sie uns in der Exerzierhalle noch einmal richtig eingeheizt“, sagte sie.
Ingeborg Rathert, Katrin Pfingsten und Horst Pape waren Gleichgesinnte der ersten Stunde, die dann am 8. Januar 1986 gemeinsam mit Heiner Behrens, Anne Wallat und Claudine Kaufmann die Satzung unterschrieben. Das Kind war geboren, und schon bald konnte man sich als Anlaufstelle, Informationsbörse und Vernetzer verstehen. Etwa 100 Mitglieder trugen sich gleich zu Beginn in die Mitgliedsliste ein.
Else Pixberg hielt als Präsidentin 20 Jahre das Zepter in der Hand. Mit Erfolg. Und die Amtsbezeichnung war dem Französischen entlehnt, wo Vereinsvorsitzende „présidents“ sind. Und es war auch eine schöne und erfolgreiche Zeit, nach der im Jahr 2006 die Leitung in die Hände von Christa Leonhardt übergeben wurde. „Da war Frau Leonhardt gerade bereit, da musste ich zugreifen“, erinnert sie sich an die gute Wahl ihrer Nachfolge.
Beide waren nicht nur „frankophil“, also der französischen Kultur zugewandt, sie waren auch beruflich vorbelastet. Else Pixberg hatte Französisch studiert, ein Jahr in Meudon als AuPair gearbeitet und sie unterrichtete am Technischen Gymnasium. Christa Leonhardt, bereits seit 2000 im DFG-Vorstand engagiert, davon sechs Jahre als Schatzmeisterin, hatte den Studiengang Dolmetscher und Übersetzerin absolviert. So konnte alles mit der gleichen Qualität fortgeführt werden, immerhin noch zehn Jahre lang.
Aber irgendwann hat alles ein Ende, in diesem Fall wegen fehlender Kräfte im Vorstand. Und das spiegelt das große Problem im Celler Vereinswesen wider. Entweder die Mitglieder überaltern oder der Nachwuchs findet nicht den Zugang zu den doch nach außen geschlossen wirkenden Strukturen. Und damit lässt sich auch kein beständiger neuer Vorstand rekrutieren, der neue Ideen liefert und Aussicht auf eine längere Zukunft hat.
Die Deutsch-Französische Gesellschaft hat aber längst einen festen Platz im kulturellen Leben gefunden. Spuren in der Erinnerung haben der „Table Ronde“, der runde Tisch an jedem ersten Dienstag in der „Prangerschänke“ an der Stechbahn in Celle, die Familiennachmittage, Tageswanderungen, Chanson-Konzerte in der „Kunst und Bühne“, Filmvorführungen, Ausstellungen, Vorträge und Austausche mit den französischen Freunden hinterlassen.
Der Vorstand unter Else Pixberg
Else Pixberg, 1. Vorsitzende
Horst Pape, 2. Vorsitzender
Katrin Pfingsten, Schriftführerin
Ingeborg Rathert, Kassenwartin
Daten aus der Chronik
1986 Gründung der DFG am 8. Januar
1992 Else Pixberg erhält vom französischen Generalkonsul den „Ordre des Palmes Académiques“
2006 Präsidentin Christa Leonhardt
2016 30. Geburtstag, zugleich Abschied
MademoiCelle
„Amusez-vous bien!“ – Amüsieren Sie sich gut! Kerstin Schiewek-Jahn trat der Gesellschaft offenherzig entgegen, was auch immer wieder honoriert wurde. Sie und der talentierte Pianist Joschua Claassen haben das Ziel, dem Anlass gerecht zu werden, in jedem Fall erreicht. Beginnend mit Chansons zu „la joie“ – der Freude – über „la nostalgie“ und „les Souvenirs“ (Erinnerungen), teils auch „romantique“ – bis hin zum Stolz über das Erreichte und Geleistete der Deutsch-Französischen Gesellschaft war der Bogen gespannt. Lieder, wie „Y a de la joie“, „La vie en rose“, „À Göttingen“ und „D’Allemagne“, zogen die Gäste in den Bann. Positive Rückmeldungen waren unumgänglich. Joschua Claassens Professionalität am Piano wurde gelobt, und Else Pixberg sprach von dem „Ce certain, je ne sais quoi“ (dem gewissen Etwas) in Schiewek-Jahns Stimme. „Das kann man nicht lernen, man hat es oder man hat es nicht.“
„Fand ich richtig nett!“, sagt die Sängerin dazu. Die Präsidentin Christa Leonhardt fand: „Ich bin froh, dass es auch ein bisschen Frankreich in Celle gibt.“ Und das musikalische Duo aus Lachendorf ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Seinen ersten Auftritt hatte es im September 2015 in Oppershausen gehabt.
Ein letztes Santé beim 30. Geburtstag
Noch einmal präsentierten die Mitglieder der Deutsch-Französischen Gesellschaft Celle Geschlossenheit, als sie zu einem letzten geselligen Beisammensein in Bennebostel zusammenkamen. Präsidentin Christa Leonhardt freute sich: „Mehr als 50 Anmeldungen! Ich muss sagen, das hatten wir schon lange nicht mehr.“ Die Veranstaltung deklarierte sie als Sommerfest. „Da erwartet man auch eine gewisse Leichtigkeit“, sagte sie. Und die kam. Noch vor dem französischen Menü mit Salatvorspeise und dem Rückblick von der Ehrenpräsidentin Else Pixberg zog die junge Celler Chanson-Formation „MademoiCelle“ die Gäste in ihren Bann.
Die Betroffenheit aller wird bei der Veranstaltung immer wieder deutlich. „Wir gehören seit 30 Jahren der Deutsch-Französischen Gesellschaft an, wir sind sehr traurig“, sagt Karin Behr, die mit Christiane Rall zur Abschiedsfeier nach Bennebostel gekommen ist. Letztere geht auch noch einen Schritt weiter: „Das ist mein Leben. Aber sich noch immer so jung und frisch zusammenzufinden, ist eine schöne Idee.“
Dass es nicht immer einer intensiven Ansage bedurft hatte, um zur DFG hinzuzustoßen, ist auch herauszuhören. Annemarie Halm ist seit etwa 15 Jahren dabei. Sie kam hinzu, weil sie in den sechziger Jahren ein Jahr lang als Au-pair-Mädchen in Frankreich gewesen ist. Sie hatte selbst den Kontakt gesucht. „Ich bin einfach dahingegangen und dann eingetreten“, sagt sie.
Bürgerreporter:in:Matthias Blazek aus Adelheidsdorf |
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