Anwohnerdemo in Stadtallendorf am 19.3.2021
Bisher fanden die Anwohnerdemos nur bei den A49-Anliegern im Vogelsbergkreis statt. Aber auch in Stadtallendorf gibt es zahlreiche Bürger, die nicht ihre Umwelt einer Autobahn opfern möchten. Darum gab es am 19. März eine Demo in Stadtallendorf, auch wenn zu erwarten ist, dass es dort mehr Autobahnfreunde als Autobahngegner gibt. Angeblich sollen sogar einige A49-Liebhaber mit einer Gegendemo gedroht haben, die aber nicht genehmigt wurde.
Am Beginn wurden Flugblätter im Format A5 an Interessierte zur Weitergabe verteilt. Auf der Vorderseite stand folgender Text:
Der Golfstrom ist so schwach wie seit 1600 Jahren nicht mehr!
Die schwerste Dürre seit 2100 Jahren!
Wer ist so blind und vernichtet noch gesunde Wälder?
A49 sofort stoppen!! Luft, Wasser und Heimat in Gefahr!
Für 40km Autobahn kann man mind. 120km Bundes- u. Umgehungsstraßen, mit Radweg, umweltverträglich bauen!
Eine Tages werden Eure Kinder Fragen wo Ihr gestanden habt!
Auf der Rückseite waren "Nachrichten aus Stadtallendorf an der A49" vom 3. August 2026.
Zwei Jugendliche standen am Rande und amüsierten sich über die Veranstaltung. Von einem Demonstrationsteilnehmer erhielten sie einen Bogen mit Danni-Ferrero-Aufklebern, welche sich einer von beiden auf die Jacke klebte.
Nach der Begrüßung durch den Veranstalter gab es einen Redebeitrag von Reinhart Forst, welcher über einen Bundesstraßenausbau nach Marburg als Alternative für den Autobahnbau zwischen Stadtallendorf und der A5 sprach und für die Teilnahme an der aktuellen Petition warb. Zu dieser existiert ein ansprechend gestaltetes Video, welches das Anliegen erläutert. Für denjenigen, der sich regelmäßig über das Thema A49 informierte, enthielt die Rede von Reinhart Forst jedoch nichts Neues.
Die Demonstration setzte sich gegen 17:27 Uhr Richtung Einkaufszentrum in Bewegung. Am Kreisel bog sie in die Schillerstraße ab. Michael Rinde von der Oberhessischen Presse nutze die Gelegenheit, um das am nächten Tag in der Zeitung erschienene Foto zu schießen, währed der Jugendliche mit den Aufklebern diese von seiner Kleidung entfernte.
Die Schillerstraße gehört zu einem Gebiet, das schon bessere Zeiten erlebt hat. Auf der rechten Seite gibt es nur noch ein abseits gelegenes Gebäude, in welchem bis ins Jahr 2017 das städtische Mitteilungsblatt mit völlig veralteter Drucktechnik gedruckt wurde. Andere Gebäude wurden ohne Ersatz abgerissen. Dazu gehörte das Herwa-Kino gegenüber dem Parkhotel. Am anderen Ende der Straße standen einmal zwei Wohnblocks.
Der Demonstrationszug bog in die Albert-Schweitzer-Straße ein, wo es gleich nach dem Abzweig einen etwa zwanzigminütigen Halt gab. Auf der rechten Seite war das Gelände der Eisengießerei Fritz Winter, welche immerhin noch einen Bahnanschluss nutzt. Auf der linken war vor sechzig Jahren einmal Stadtallendorfs Einkaufsmeile gewesen, die nun zu einer der unattraktivsten Stellen der Stadt gehörte.
Der Halt wurde im wesentlichen für einen Redebeitrag von Biologe Dr. Wolfgang Dennhöfer genutzt. Dennhöfer redete über den Grundwasserschutz. In Stadtallendorf gibt es noch Altlasten von den früheren Sprengstoffwerken. Die Entnahme von Grundwasser muss so geregelt werden, dass man keine Grundwasserströme durch die Altlasten bekommt. Das könnte aber durch den Autobahnbau passieren. Bei der Planung ist dies nicht ausreichend berücksichtig worden. Deswegen hatte der Bund für Umwelt- und Naturschutz gegen den Bau der A49 geklagt. Das Gericht hat diesen Mangel zwar bestätigt, aber den Weiterbau trotzdem genehmigt. Aber auch das ist nichts Neues.
Wegen der Demo durfte ein Bus der Linie 92 nicht von der Albert-Schweitzer-Straße in die Schillerstraße einbiegen, obwohl die Demonstranten nur am Rande der Kreuzung standen. Der Busfahrer legte den Rückwärtsgang ein, kam aber nicht so richtig voran.
Nach der Rede liefen die Demonstranten durch die Schulstra0e und Eichendorffstraße in die Niederkleiner Straße, wo es einen weiteren Halt für Redebeiträge gab. Ein LKW wurde dadurch aufgehalten, während andere Fahrzeuge wahrscheinlich die Stelle umfahren haben. Über die Demonstration haben sich sicherlich auch zwei der Anwohner geärgert. Es handelt sich um zwei polizeibekannte Nazis, die regelmäßig die Umgebung mit Aufklebern bekleben, welche sie sich in großen Stückzahlen besorgen. Klimaaktivisten sind wenig beliebt bei den beiden, wie man aus einem Aufklbertext schließen kann: "Keine Macht den Ökoterroristen! Ich halte die globale Erwärmung für viel weniger gefährlich, als die globale Verblödung!"
Beim Halt gab es die bei der Anwohnerdemo übliche Frage, ob noch jemand etwas sagen möchte. Ein Stadtallendorfer mit Namen Nahrgang nutzte die Gelegenheit, seine Enttäuschung über die lokalen Politiker und die Polizei zu äußern. Normalerweise ruft man die Polizei, wenn irgendwo gegen das Gesetz verstoßen wird. Wen aber soll man rufen, wenn die Polizei selbst Unrecht tut? Das kam in der Vergangenheit schließlich zu oft vor, wenn die Polizei unangemessene Gewalt gegen Aktivisten oder Beobachter anwendete oder illegale Rodungen unterstützte.
Währenddessen wurde ein Polizist tätig, der die Demo begleitete: Er hinderte die beiden Jugendlichen daran, neben den Demonstranten Fußball zu spielen. Das hat zumindest das Risiko eines Fehlschusses in die Menge verringert.
Auf der Niederkleiner Straße ging es wieder Richtung Aufbaugebäude. Hier gab es noch eine kurze Verabschiedung, bevor sich die Demo gegen 18:30 Uhr auflöste. Der Ort für die nächste Anwohnerdemo konnte noch nicht genannt werden.