Mit wenig viel bewirken: Verteilung von zahnärztlichen Sachspenden in Malawi
Liebe Leser von Myheimat! Schon einige Male wurde an dieser Stelle über das Engagement der Hessischen Zahnärzte für Malawi berichtet. Diesmal darf ich einen Beitrag von Elke Faust hier einstellen, durch deren Initiative unsere Hilfsaktion angestoßen wurde. Sie war vor kurzem wieder in Malawi, das zu den ärmsten Ländern des „schwarzen Kontinent“ gehört! Lesen Sie den Beitrag, den Frau Faust für die Zeitschrift der Hessischen Zahnärzte geschrieben hat. Frau Faust hat für uns Zahnärzte auch Bilder beigefügt, die chirurgisch behandelte Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten zeigen. Ich hab diese Bilder nicht beigefügt, obwohl sie zeigen, dass unsere Kollegen in Malawi sehr gute Chirurgen sind.
In der letzten Ausgabe der Zeitschrift Der Hessische Zahnarzt wurde berichtet, dass die gespendeten Instrumente bereits ihren Weg nach Malawi genommen haben und angekommen sind. Als die Übermittlerin möchte ich hiermit den weiteren Verlauf beschreiben, denn die drei Kisten mit insgesamt 73 Kilogramm waren ja erst in Lilongwe, der Hauptstadt angekommen. Meine anfänglichen Befürchtungen wegen des Gewichts und der Abfertigung durch den Zoll sollten sich zum Glück bald als unbegründet erweisen. Ich fliege immer mit Ethiopian Airlines und bekomme wie jeder andere Fluggast auch 46 Kilo Freigepäck verteilt auf zwei Gepäckstücke. Da ich für mich nicht viel benötigte, konnte ich schon 23 Kg zur Verfügung stellen, der Rest wurde sehr freundlich nicht sehr hoch bewertet.
In Lilongwe angekommen musste ich erst mal lange auf das Gepäck warten, denn es waren drei Flugzeuge gleichzeitig gelandet und nur ein Förderband ist vorhanden. Das Gedränge war entsprechend groß. Endlich hatte ich das Gepäck auf dem Gepäckwagen und ab ging´s zum Zoll. Mit Argusaugen wurden die Kisten von den Zollbeamten begutachtet, aber mit dem Schreiben mit vielen Stempeln meines Ansprechpartners, Dr Musopole aus Mzuzu (Stadt im Norden von Malawi) wurde ich willkommen geheißen und freundlich durchgelassen. Die erste Hürde war genommen. Am Ausgang wurde ich von einer Kollegin, die bei der GIZ arbeitet und für das „Weltwärts Programm“ zuständig ist, empfangen. Ich war wieder in Malawi!
Malawi ist ein sehr schönes Land. Der Malawi See ist umgeben von hohen Bergen im Norden, im Süden gehen die Berge in eine Ebene über. Begrenzt ist das Land auf der östlichen Seite von Mosambik, im Norden von Tansania und im Westen von Sambia. Malawi hat eine recht gute Infrastruktur, was den Tourismus angeht und ein angenehmes Klima. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit aber sehr arm, besonders auf dem Land. Die Sprache ist Chichewa und englisch. Das Land ist mit 16 Mill. Einwohnern überbevölkert, das heißt 128,8 Menschen auf 1 Km². Die wichtigsten Verbindungsstraßen sind asphaltiert und werden repariert sobald Schlaglöcher entstanden sind, ein nicht enden wollendes Unterfangen und trotzdem gibt es Straßen mit ausgefranzten Belägen und entsprechend vieler Unfälle besonders mit den überladenen LKWs. Alle anderen Straßen, auch in den Städten sind Staubstraßen und während der Regenzeit kaum zu befahren.
Aber zurück zu den Kisten, die aufgeladen in meinem PKW auf die Abreise in den Norden warteten. Meine ehemaligen malawischen Kollegen freuten sich schon darauf. Ich war von 2010-2012 als Entwicklungshelferin erst über den Deutschen Entwicklungsdienst DED, der ja dann in die neue Organisation GIZ integriert wurde, im Zonal Health Office in Mzuzu tätig. Diese Einrichtung entspricht in etwa dem hiesigen Gesundheitsamt und überwacht die
Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Die Behandlungen und Medikamente sind kostenfrei, außer in den kirchlichen oder privaten Einrichtungen. Die nördliche Zone hat sieben Distrikte mit jeweils einem Distrikt-Hospital, das bis zu 300 Betten haben kann. Ein Distrikt-Hospital versorgt bis zu 120 Gesundheitszentren verteilt in den hintersten ländlichen Gebieten. Um das am weitesten von Mzuzu entfernte Distrikt-Krankenhaus zu erreichen muss man eine Strecke von ca. 400 Km zurücklegen. Die Versorgungsprobleme sind entsprechend groß.
Noch zu meiner Dienstzeit hatte das Supervisionsteam immer auch ein Auge auf die Zahnstationen, deren Zahntherapeuten uns ihre Probleme mitteilten. Mit ihrem kärglichen Instrumentarium konnten sie meist nur Zähne ziehen, die andernorts noch hätten behandelt werden können, oder sie mussten die Patienten überweisen, was wiederum ein Problem für die Patienten darstellt, da diese meist kein Geld für den Transport haben. Damals erstellten wir eine Liste der benötigten Instrumente und so kam auch der erste Aufruf über das Gesund-heitsamt in Hofheim zustande und im Main Taunus Kreis wurde kräftig gesammelt. Es wurde darüber bereits in einer der Ausgaben berichtet. Ausgestattet mit einer ergänzenden Liste hat dann hessischen Zahnärzte den Aufruf aufgegriffen und so kamen 73 Kg an Material zustande.
Angekommen in Mzuzu machte ich mich gleich an die Arbeit um die Instrumente auszupa-cken und zu gruppieren, denn weiter kam ich nicht, da die Zahnmedizin nicht mein Fachge-biet ist und ich die Namen nicht kenne. Ich rückte also mit den Kisten in der alten Arbeitsstel-le an und besetzte den Besprechungsraum. Die Instrumente mussten nun den sieben Dist-rikt-Hospitälern, zwei kirchlichen Krankenhäusern und dem Mzuzu Central Hospital zugeord-net werden, wobei die jeweiligen Bedürfnisse berücksichtigt wurden. Schließlich sollte nichts doppelt vergeben werden, was an anderer Stelle fehlt. Hier kamen mir Dr. Caspillo, UN-Volontär von den Philippinen, und Mr. Nkosi aus dem Mzuzu Central Hospital zu Hilfe. Sie machten große Augen als sie die Spende sahen und freuten sich über den großen Anteil an Spenden, der ihrer Klinik zugeteilt wurde. Das Mzuzu Central Hospital ist das Überweisungs-krankenhaus für den gesamten Norden des Landes. Wir hatten zwei lange Nachmittage zu tun um alles schriftlich festzuhalten und zu verpacken. Um nicht in jedes Distrikt Hospital fahren zu müssen, nutzten wir die Gelegenheit eines Meetings zu dem alle District Health Officers nach Mzuzu eingeladen waren, um ihnen ihre „Kistchen“ zu überreichen. Alle waren überrascht und haben sich gefreut, was man an ihren Gesichtern ablesen kann. Der Leiter der Abteilung (Zonal Health Officer) Dr. Musopole dankte in einer kleinen Rede und sicherte mir jedwede Unterstützung zu. Diesen Dank möchte ich allen, die mitgeholfen haben weiter-geben.
Mit Dr. Amiel Caspillo dem Leiter der Zahnklinik im Mzuzu Central Hospital konnte ich lange über das Leid der Menschen und die Probleme sprechen, mit denen er und seine Kollegen tagtäglich konfrontiert werden und zu kämpfen haben. Jeden Monat werden zahlreiche grö-ßere chirurgische Eingriffe vorgenommen, um bös- wie gutartige Tumoren und Zysten zu entfernen, Lippen- und Gaumenspalten zu korrigieren und Traumata der Zähne und des Weichgewebes zu behandeln. Für derlei Operationen mangelt es ungeachtet der bisherigen Spenden nach wie vor an speziellen Instrumenten. Hinzu kommt, dass von den vorhandenen vier Behandlungseinheiten nur zwei funktionsfähig sind. Die Kapazitäten, zur Wartung und Instandsetzung der Geräte, sind nicht vorhanden, was auch den Aufbau etwaiger gespende-ter Einheiten vor Ort nahezu unmöglich macht. Ein weiteres sehr großes Problem ist die nur unzureichende Versorgung mit den wichtigsten Medikamenten und Betäubungsmitteln. Angesichts dieser Situation ist es immer wieder erstaunlich, mit wie viel Motivation und Freude an der Arbeit die schweren Aufgaben an jedem Tag angegangen und gemeistert werden, was nicht zuletzt die fotografischen Dokumentationen der schwereren Fälle eindrucksvoll belegen.
Ich überbringe den hessischen Zahnärztinnen und Zahnärzten und den Unternehmen der Dentalindustrie den Dank ihrer Kollegen in Malawi und hoffe, die Bereitschaft zur Hilfe durch Sachspenden wird nicht nachlassen - denn der Bedarf ist weit davon entfernt, gedeckt zu sein.
Elke Faust