Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation
Veranstaltung in der Stadthalle konzentrierte sich auf das Thema Ukraine!
Als Bürgermeister Christian Somogyi am vergangenen Samstag die Bühne im kleinen Saal der Stadtallendorfer Stadthalle betrat, war es ruhig.
Das Publikum, bestehend aus Mitgliedern der Stadtallendorfer Politik, Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind und deren Gastfamilien sowie weiteren interessierten Bürgerinnen und Bürgern sah in den kommenden Minuten einen nachdenklichen Bürgermeister.
In seiner Eröffnungsrede machte er deutlich, dass das Thema Flucht aus der Ukraine und der dort herrschende Krieg noch immer die größte und schrecklichste Herausforderung unserer Zeit darstellen. Wir alle sollten zusammenrücken und den Menschen, die durch diese Aggressionen nicht mehr in ihrer Heimat leben können, versuchen eine neue (vorrübergehende) Heimat zu geben, in der sie sich wohl und willkommen fühlen. Für diese klaren Worte spendete das Publikum großen Applaus. Die Rede wurde, wie die komplette Veranstaltung, von Oksana Ditschler, eine aus der Ukraine stammenden Dame, die nun in Deutschland lebt, übersetzt.
Es folgte ein von Yelisei Fomichov, ursprünglich aus Telnopil in der Ukraine stammend, vorgetragenes Musikstück. Auf der Gitarre spielte er das Lied „Schneesturm“. Das ukrainische Volkslied wird in seiner Heimat oft gespielt und gesungen, um sich vom Alltag abzulenken und die Gedanken zurück zu lassen.
Im darauffolgenden Block imitierte Moderator Herbert Köller ein Gespräch mit Irmatraut Troschke, einer Frau, die im zweiten Weltkrieg vertrieben wurde und ihre Heimat im Landkreis Marburg-Biedenkopf fand. Leider konnte Frau Troschke nicht an der Veranstaltung teilnehmen, weshalb Frau Nina Flanderka im Vorfeld ein Interview mit ihr führte, welches er auf der Bühne verlas. Die Rolle von Frau Troschke nahm dabei Frau Flanderka, Lehrerin der Georg-Büchner-Schule, ein. Im Gespräch wurde über die Schwierigkeiten der damaligen Zeit berichtet und über die Parallelen zur aktuellen Situation geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Zum Abschluss dieses Blocks verlas Frau Flanderka ein Statement von Frau Troschke zu Thema „Was macht Vertreibung mit Menschen“, welches umgehend von Frau Ditschler ins Ukrainische übersetzt wurde.
In einem auf der großen Leinwand gezeigten Video wurde die Ukraine mit all ihren Schlössern und der schönen Natur vor dem Krieg vorgestellt. Diese Bilder machten insbesondere die ukrainischen Anwesenden sehr nachdenklich und betroffen.
Auf der Bühne fanden sich danach Frau Waldheim vom Ortsverband der AWO und Frau Borotynets ein, die aus der Ukraine flüchtete und nun mit ihrer Familie in einer Wohnung wohnt, die von der Arbeiterwohlfahrt Stadtallendorf zur Verfügung gestellt wurde. Sie berichtete von ihrer schweren Flucht aus der Ostukraine über Kiew und durch Tschechien. Die Flucht führte sie letzten Endes nach Stadtallendorf, wo sie jetzt versucht sich ein neues Leben aufzubauen.
Es folgte der wohl emotionalste Moment des Nachmittags. Oksana Ditschler, Tanja und Serheii Trotskovets aus Irpin sowie Oksana Zakharchuk aus Zdolbuniv sangen das ukrainische Volkslied „Zwei Farben“. Hierbei geht es darum, dass es im Leben immer die Farben Rot für Liebe und Freude und die Farbe schwarz für Trauer gibt. In diesem Rahmen bedankte sich Tanja Trotskovets für die offenen Arme und die große Hilfe, die sie in Deutschland erfahren durfte.
Im Anschluss folgte ein Bericht über den Hilfskonvoi an die Grenze zwischen Polen und der Ukraine, der von einigen Stadtallendorferinnen und Stadtallendorfern organisiert wurde. Hier wurden mit 13 Bussen Hilfsgüter angeliefert. Auf dem Rückweg wurden Menschen aus der Ukraine in Richtung Deutschland mitgenommen, die an den verschiedensten Orten abgesetzt werden wollten. Frau Waldheim berichtete außerdem über die Arbeit vor Ort sowie über die Zusammenarbeit mit der Organisation „Hessen hilft“.
Den feierlichen Abschluss der Veranstaltung stellte eine Andacht dar, die gemeinsam von Pfarrer Peters und Pfarrer Vogel gehalten wurde.
Bürgermeister Christian Somogyi bedankte sich mit Blumen bei allen Beteiligten und lud dann zu Gesprächen bei Kaffee und Kuchen und einem lockeren Beisammensein mit vielen interessanten Gesprächen ein, die sich zum Großteil um das zuvor behandelte Thema drehten. Dabei konnten die Besucherinnen und Besucher Kunstinstallationen betrachten, die von Schülerinnen und Schülern der Georg-Büchner-Schule in Stadtallendorf erstellt worden waren.
Pressetext der Stadt Stadtallendorf
Autor Patrick Seeger