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Die Notkirche – Eine Bartningkirche in Stadtallendorf

  • Einweihung der Stadtallendorfer Notkirche (Diasporakapelle) am 14.12.1952. Im Hintergrund sind die Gebäude in der Bahnhofstraße erkennbar
  • Foto: Edmund Zaschke
  • hochgeladen von Leif-Erik Zaschke

Die von vielen Bürgern als "Notkirche" bezeichnete Diasporakapelle in der Liebigstraße ist die älteste evangelische Kirche in Stadtallendorf und wird heute von der evangelischen Kirchengemeinde als Gemeindesaal genutzt. Der denkmalgeschützte Bau wurde am 14.12.1952 eingeweiht. Der Entwurf der Kirche stammt von dem Architekten und Architekturtheoretiker Otto Bartning (12.04.1883 - 20.02.1959), der als der bedeutendste protestantische deutsche Kirchenarchitekt des 20. Jahrhunderts gilt.

Entwicklung der evangelischen Gemeinde Stadtallendorf und Bau der Notkirche
Mit dem Bau der Munitionswerke im Herrenwald in den Jahren 1938 bis 1943 nahm die Einwohnerzahl in der kleinen Landgemeinde Allendorf stark zu. Bereits während des zweiten Weltkrieges entstand in der traditionell katholischen Gemeinde Allendorf eine kleine Gemeinschaft evangelischer Christen, die zunächst vom Pfarrer in Speckswinkel kirchlich betreut wurden. Am 01.10.1945 wurde in Allendorf eine evangelische Gemeinde gegründet, die vom Pfarramt III in Kirchhain betreut wurde. Diesem Pfarramt unterstand auch die Betreuung der ausgedehnten Kriegsgefangenenlager in Allendorf. Die nun regelmäßigen Gottesdienste wurden zunächst in der katholischen Pfarrkirche St. Katharina abgehalten. Im Jahr 1950 war die evangelische Bevölkerung durch den Zuzug von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten und der DDR sowie Arbeitskräften der neu gegründeten Industriebetriebe bereits auf 1.150 Personen angewachsen.
Am 01.04.1952 wurde die Einrichtung einer selbständigen evangelischen Kirchengemeinde rechtskräftig. In der Nähe des Bahnhofes wurde ein Forstgrundstück für den Bau einer Kirche erworben. Am 10.08.1952 wurde der Grundstein für die erste evangelische Kirche in Allendorf gelegt. Die Einweihung erfolgte nach nur vier Monaten Bauzeit am 14.12.1952 durch Bischof D. Adolf Wüstemann.
Die Stadtallendorfer Notkirche wurde der Gemeinde vom lutherischen Weltbund geschenkt. Das Abendmahlsgerät wurde von der Landeskirche gestiftet, die von der Firma Bosch in Kassel erbaute Orgel vom Kirchenkreis Kirchhain gespendet. Die Ausstattung der Kirche wurde durch Spenden der Gemeindeglieder und Kirchengruppen finanziert.
Durch das starke Wachstum der evangelischen Kirchengemeinde in den folgenden Jahren wurde der Bau neuer und größerer Kirchengebäude erforderlich. Die Stadtkirche wurde am 11.09.1960 feierlich eingeweiht. Am 20.06.1965 ist mit der Herrenwaldkirche ein zweites evangelisches Gotteshaus eingeweiht worden. Die Notkirche wurde im Herbst 1966 zu einem Gemeindesaal umgebaut und wird in dieser Funktion bis heute genutzt.

Beschreibung der Stadtallendorfer Notkirche
Die Stadtallendorfer Notkirche ist eine Montagekirche vom Typ „Diasporakapelle“. Bei diesen Kirchen wurde die Holzkonstruktion aus Binderpaaren seriell gefertigt. Die Fundamentierung und die Ausfüllung der tragenden Konstruktion mit Mauerwerk musste bei diesen Bauten von den Kirchengemeinden in Eigenleistung erbracht werden.
Die Stadtallendorfer Diasporakapelle besitzt einen in Holzbauweise ausgeführten Quersaal mit offenem Dachstuhl. Der Altar ist in einer verschließbaren Nische untergebracht. Nebenräume sind unter einem Schleppdach auf der Nordseite des Gebäudes untergebracht. Auf dem Dach befindet sich ein kleiner Dachreiter.
An der Notkirche sind in den Jahren 1966 bis 1968 einige bauliche Änderungen vorgenommen worden. Das Kirchengebäude ist zum Gemeindesaal umfunktioniert worden. An der Westseite der Notkirche befindet sich ein moderner Anbau, der das Gemeindeamt beherbergt. Der Zugang zum Gemeindesaal erfolgt über einen neuen Eingangsbereich, der sich im Anbau befindet.
Auf der Ostseite der Notkirche ist die Seitenwand für die Vergrößerung des Fensters durchbrochen worden. Bei der ursprünglichen Diasporakapelle waren nur im Giebeldreieck kleine Fensterflächen vorhanden.
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Fotostrecke zur Einweihung der Notkirche
Bei der feierlichen Einweihung am 14.12.1952 hat Edmund Zaschke aus Stadtallendorf eine interessante Fotostrecke erstellt. Die historischen Schnappschüsse zeigen Teile der Kirche, die Gottesdienstteilnehmer und die an die Notkirche angrenzenden Bereiche. Das Umfeld der Notkirche war 1952 kaum bebaut. Auf einigen Aufnahmen sind im Hintergrund die Gebäude in der Bahnhofstraße und das alte Bahnhofsgebäude erkennbar. Die südöstlich der Notkirche gelegenen Bereiche des heutigen Siedlungsteiles Rohrborn waren damals noch bewaldet. Zu den abgebildeten Personen auf den Bildern liegen keine Angaben vor.

Otto Bartning – eine auf wenige Beispiele beschränkte Werkschau
Otto Bartning war überwiegend im Kirchenbau tätig. Zu seinem Werk zählen mehr als 150 Kirchen. Bartning revolutionierte den evangelischen Kirchenbau, indem er Altar und Kanzel ins Zentrum rückte. Zudem gehört er zu den Mitbegründern der Bauhausidee.
Zu den bedeutendsten Werken gehören:
Die „Stahlkirche“ auf der internationalen Presseausstellung „Pressa“ in Köln: erstmalige Verwendung vorgefertigter Bauteile im protestantischen deutschen Kirchenbau (1928). Die Stahlkirche wurde 1931 nach Essen versetzt und 1942 bei einem Bombenangriff zerstört.
Auferstehungskirche in Essen („Rundkirche“) aus den Jahren 1928-30, herausragendes Beispiel für die klassische Moderne.
Leiter der Bauabteilung des „Hilfswerkes der Evangelischen Kirchen in Deutschland“. Durchführung von zwei Kirchbauprogrammen: Bau von 43 „Notkirchen“ (1946-1953). Das zweite Bauprogramm umfasst 19 Gemeindezentren, 33 Diasporakapellen sowie fünf Sonderbauten der Kirche (1948-1953).
Maßgebliche Beteiligung am Wiederaufbau der kriegszerstörten Insel Helgoland (1952-1959).

Bartning-Kirchen in Hessen
Darmstadt: Matthäuskirche (Notkirche, Bauprogramm 1946-1951)
Frankfurt / Main: Bethanienkirche (Notkirche, Bauprogramm 1946-1951)
Gießen: Pankratiuskapelle (Notkirche, Bauprogramm 1946-1951)
Kassel: Zionskirche (Notkirche, Bauprogramm 1946-1951)
Stadtallendorf: Notkirche (Diasporakapelle; Bauprogramm 1950-1953)

Verwendete Quellen und weiterführende Informationen:
Dehio Georg; 2008: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I – Regierungsbezirke Gießen und Kassel; München, Berlin
Eichler, H.-O.; 1994: Stadtallendorf wurde ihnen zur neuen Heimat – Aufnahme, Eingliederung und das Wirken der Vertriebenen und Flüchtlinge in Stadtallendorf
Schneberger, D.; 2008: Architektur für eine lebendige Gemeinde – Der Architekt Otto Bartning und seine „Notkirchen“ prägten den Kirchenbau der Nachkriegszeit; Sonntagsblatt Bayern
Weitzel, K.;1982: Bildchronik von Stadtallendorf; Stadtallendorf
Zeller, W.; 1977: Festschrift zum 25 jährigen Bestehen der evangelischen Kirchengemeinde Stadtallendorf; Stadtallendorf

Otto-Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau e.V
www.otto-bartning.de

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  • Die Notkirche in der Liebigstraße und das in den sechziger Jahren angebaute Gemeindeamt (Nordseite, 24.09.2009)
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  • Notkirche und Gemeindeamt von Süden. Am linken Bildrand ist der Turm der Stadtkirche erkennbar (26.09.2009)
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  • Ostseite der Notkirche mit großem Fenster (03.03.2009)
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  • Ostseite der Notkirche mit großem Fenster (03.03.2009)
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  • Der Dachreiter der Notkirche (26.09.2009)
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  • Innenansicht der Notkirche, der Saal mit dem offenen Dachstuhl symbolisiert das biblische Zelt in der Wüste (29.09.2009)
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  • Innenansicht der Notkirche; Jugendgottesdienst am 23.09.2011
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  • Der Altar ist in einer verschließbaren Nische untergebracht (29.09.2009)
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  • Der Altar der Stadtallendorfer Notkirche (29.09.2009)
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  • Einweihung der Notkirche in Stadtallendorf, Blick auf die Ost- und Nordseite (14.12.1952)
  • Foto: Edmund Zaschke
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  • Einweihung der Notkirche in Stadtallendorf (14.12.1952)
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  • Einweihung der Notkirche (14.12.1952)
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  • Kirchliche Würdenträger und Gemeinde auf dem Weg von der Waldschule zur Notkirche. Der Zug wird von Bischof Wüstemann (links) und Pfarrer Dr. Zeller (rechts) angeführt (14.12.1952)
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  • Einweihung der Notkirche, Hinter den Bäumen ist das Obergeschoss des alten Bahnhofes Allendorf erkennbar. (14.12.1952)
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  • Schwieriger Neubeginn in Allendorf: Anfang der 50er Jahre waren viele Flüchtlinge und Vertriebene in Notunterkünften untergebracht. Die Abbildung zeigt Gebäude 3257 im WASAG-Gelände (ehem. Werk Herrenwald der Allendorfer Sprengstoffwerke), undatiert.
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  • Der Fotograf der historischen Aufnahmen vor seiner damaligen Wohnung im WASAG-Gelände (Gebäude 3257, Aufnahme undatiert)
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