myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Toilettengang mit Polizeibegleitung

  • Gutenbergstr. 81 1970 bis 1975 Blick aus meiner Hinterhofwohnung auf das Vorderhaus
  • hochgeladen von Margrit Habick

Eine Geschichte geschehen im Land vor dieser Zeit (DDR Geschichte)
In den 70ziger Jahren herrschte noch Wohnungsmangel. Ohne „Bonbon“ unter dem Kragenumschlag und damit ohne Vitamin B (Beziehungen) war es sehr schwer eine Wohnung zu bekommen. Die wurden über ein Wohnungsamt verteilt. Viele DDR Bürger(Innen) werden sich erinnern, dass erst die Gründung einer Familie mit Kleinkind half aus der elterlichen Wohnung herauszukommen. Alleinstehende ohne Vitamin B kamen erst gar nicht auf die Vergabeliste.
Nachdem ich jahrelang ein möbliertes Zimmer bewohnte und die Vermieter wegen Eigenbedarf mir das Leben dort zur Hölle machten, fragte ich jede(n), mit der(dem) ich irgendwie ins Gespräch kam, ob sie (er) nicht von einer freien Wohnung wüssten. Manchmal half das einen solchen Wohnraum zu melden, um eine Einweisung zu bekommen

Erfolg! –Eine junge Familie mit Baby hatte im Hinterhofgebäude Gutenbergstr. 81 unter dem Dach ein Zimmer für sich wohnbar gemacht. Da der Vater Klempner war, wurde von dem einzigen Wasserzu- und Abgang im Flur der mittleren Etage eine Wasserleitung in die Dachwohnung gelegt. Das Zimmer unter dem Dach, höchste Stelle1, 80m, (ich bin 1,60m) diente nach dem Kriegsende Flüchtlingsfamilien als Wohnraum.
Jetzt kam ein Bretterverschlag = Küche mit Wasserversorgung dazu. Die junge Familie bekam eine kleine Wohnung. Ich musste die Ausbaukosten übernehmen. Toilettennutzung war auf dem Hof gemeinsam mit Handwerkern (Glaser- u Elektowerkstatt), die dort tagsüber arbeiteten.
Endlich hatte ich mein eigenes Reich, richtete mich ein und verbrachte 5 glückliche Jahre dort.
Eines Nachts geschah folgendes
In der Nacht tat ich es spüren,
Grummeln, Ziehen, unheimlich Rühren.
---------?
Dann kam es so!
Ich musst` auf’s Klo!
Wie war ich froh!.
----------
Hätt’ dieser Schmerz
Gesessen im Herz,
Es wäre zerrissen
Und das wär’ beschissen!

Da ich nicht im Flatterhemd zur Hoftoilette flattern wollte, warf ich mir meinen gerade griffbereiten Anorak über. Im Dämmerlicht kann ich gut sehen. Deshalb durchquerte ich im Dunkel das Treppenhaus mit seiner sehr ausgetretenen Holztreppe. Licht blendet müde Augen zu sehr. Kaum, dass ich den Hof betreten hatte, blitze ein greller Lichtschein auf. Geblendet nahm ich dahinter schemenhaft zwei Gestalten war.
„Wo wollen Sie hin?“ strenger Kontrollton von zwei Streifenpolizisten.
„Ich muss dringend zum Klo und dass ist nun mal dort über den Hof zu erreichen“
Sie überzeugten sich von der Wahrheit meiner Aussage, erklärten, dass die Tür zur Toreinfahrt des Hofes nicht verschlossen war und sie deshalb einen Kontrollgang machten. Das war zu begrüßen, denn in diesen verwinkelten und mit allerlei abgestellten Dingen verbauten Hof, fanden sich schon mal ungute Besucher ein. Als ich mich erleichtert hatte, schienen die Volkspolizisten (VP) den Hofraum verlassen zu haben.
In meinem Anorak befand sich mein Schlüsselbund. Nichts lag näher, als nach vorn zum Tor zu gehen und es zu verschließen. Kurz vor der Tortür blitze wieder das Licht auf. Diesmal aber in meinem Rücken. „Ihren Ausweis bitte!“ „Den nehme ich gewöhnlich nicht mit zum Klo“ Es gab noch ein weinig Wortwechsel, bis die VP mir glaubte, dass ich zu meinem Schutz und der anderen Bewohner hier, nur die Tür verschließen wolle.
Sie schienen zu gehen, ich schloss ab, wartete eine Weile. Tapp, tapp, kamen sie noch einmal, prüften die Tür auf Verschlossenheit. Sie hatten beobachtet, dass ich den Hof nicht verlassen hatte. Erleichtert und gut bewacht, konnte ich wieder schlafen gehen, bis die Kirchenglocken der Peter und Paul Kirche mich weckten und ein neuer Arbeitstag begann.

  • Gutenbergstr. 81 1970 bis 1975 Blick aus meiner Hinterhofwohnung auf das Vorderhaus
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 1 / 6
  • Gutenbergstr. 81 1970 bis 1975 Blick auf den Nachbarhof, das Haus existierte dort nicht mehr, Im Hof war eine Vulkanisierwerkstadt. Jetzt wird wieder ein Haus aufgebaut
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 2 / 6
  • Gutenbergstr. 81 1970 bis 1975 Winter, neben den unteren Fenstern links war die große Tordurchfahrt mit Hoftor
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 3 / 6
  • Gutenbergstr. 81 Sept. 03 vom Vorderhaus steht nur noch ein Rest vom Treppenhaus (Denkmalschutz)
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 4 / 6
  • Gutenbergstr. 81 Sept. 03 die Kastanie vom Nachbarhof ist verschwunden. Aufbau eines neuen Hauses
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 5 / 6
  • Gutenbergstr. 81 Juli 09 hinter dem Bretterzaun waren Haus und Hofraum meines Erlebnisses
  • hochgeladen von Margrit Habick
  • Bild 6 / 6

Weitere Beiträge zu den Themen

DDRWohnungGeschichten

2 Kommentare

Wenn man heute dieses Viertel betrachtet, sieht man das sich doch einiges getan hat. "Blühende Landschaften". Es wurde viel erreicht nach der Wende. Leider vergessen das die Leute schnell. Daher danke für diesen Beitrag. So sah die Realität auch in Babelsberg aus.

Ein sehr schöner Bericht, so wie es wirklich war, die menschen wurden ständig kontrolliert und für eine Wohnung musste man lange betteln. Diese Menschen sind regelrecht drangsaliert worden. Heute sitzen diese Stasis in gehobenen Positionen.

Beteiligen Sie sich!

Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite

Themen der Woche

Landesregierung BrandenburgSPD/BSW

Meistgelesene Beiträge