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Tangoverbot in Preußen
1913: Tango ist in Europas Metropolen der letzte Schrei geworden,
Alle Welt tanzt Tango In Paris entsteht eine regelrechte Tangomanie.
Schuhe, Kleider, Hüte verändern in dieser Zeit ihre Form. So genannte Tangofarben dominieren die Mode, dazu werden Tangohäppchen gereicht. Man tanzt. Die exotische Musik aus Übersee elektrisiert die Gesellschaft. Schallplatten, das brandneue Medium dieser Zeit, ermöglichen nun jedem, Musik überall abzuspielen. Tango gibt dem modernen urbanen Leben einen neuen Ausdruck; Auch die neue Art sich zu bewegen, erscheint exotisch und aufregend, Tango wird zur frühen Popkultur im 19. Jahrhundert. Mit der provokativen Kraft - vergleichbar mit heutigen Gangsterrappern - zieht man durch die Strassen und zeigt ein Selbstbewusstsein, das man dem sich so vorgestellten Latin Lover entlehnt hat. Die moderne Frau will heraus aus ihrem bürgerlichen Korsett, anrüchig sein, städtisch, melancholisch, verwegen.
Der Tango provoziert und fasziniert gleichermaßen Bürgertum und Adel, dabei ist er eher individualistisch als politisch.
Nun lädt ausgerechnet in die Räume des preußischen Landtags Gräfin Schwerin- Löwitz zum Tango-Tee ein! Und alle sind da: der preußische Thronfolger trifft auf solchen Veranstaltungen Adlige anderer europäischer Höfe. Auch die Bürgerlichen tanzen dort, darunter Offiziere des Reiches, auf Männer, auf Frauen, auf ein buntes Bild.
Das gefällt nicht allen, vor allem nicht Kaiser Wilhelm II.
Er ist über den unziemlichen modernen Tanz aus Argentinien so erzürnt, dass er seinen Offizieren ein Tango-Verbot erteilt. Mit diesem historisch belegten Verbot drängt der Kaiser die auch im deutschen Reich aufkeimende Tangokultur zurück in eine Nische.
Das wilhelminische Deutschland lehnt den Tango ab als verkommene Negermusik mit unzüchtigen Bewegungen dazu. Wo Offiziere verkehren, darf nun nicht mehr diese Musik gespielt werden. Keinesfalls ist sie geeignet, Teil deutscher Kultur zu sein. Dieses "argentinische Rinnsteinkind" kann und darf die vaterländische Moral nicht in die Gosse hinabziehen.
Umso mehr formen ab jetzt bloße Vorstellungen von diesem "Schiebetanz", angetrieben von verbotenen Sehnsüchten, die aberwitzigsten Klischees.
Dabei hatte und hat Tango in der Wirklichkeit nichts mit durchmarschierten abgezählten und obendrein unzüchtigen Schritten zu tun.
Die Begegnung im Tango ist vielmehr gemeinsame Bewegung in feiner Kommunikation zu erlesener Musik!
Oktober 2009:
Die Tangoszene in Potsdam wächst, viele finden, dass Tangokultur Potsdam guttut. Im Oktober 2009 wird das historische Ereignis Anlass geben der Tangokultur in Potsdam auf die Beine zu helfen. Daher das Projekt "rinnsteinkind - die Tragödie des Tango in Preußen 1913":
Gastlehrer von Weltrang aus Buenos Aires und Berlin werden in einigen Workshops argentinische Tangokultur vorstellen.
An drei Tangoabenden, der letzte mit Livemusik von Muzet Royal wird Tangokultur gepflegt. Eingeladen dazu sind vor allem alle, die gerne Tango tanzen - oder zusehen dabei.
Den Dialog zwischen Kaiser Wilhelm II. und der Gräfin Schwerin-Löwitz 1913 zu Moral und Tango werden in kurzen szenischen "Cortinas" (Vorhänge) Annika Petzold und Oswald Buss in verbalen Schlagabtäuschen auf den Punkt bringen.
Eine kleine Ausstellung am Rand macht die Pressereaktion nach dem Verbot anschaulich.
Die Tangoabende finden statt am
2. Oktober und
23. Oktober
im Kulturhaus Babelsberg.
Der große Tangoball am
24. Oktober im Roten Saal im Logenhaus, Hegelallee 52
Weitere Informationen: www.rinnsteinkind.de
Die Veranstaltung wird unterstützt von der Stadt Potsdam Abt. Kultur und Museen
und tanguito Potsdam, Schule für Tango Argentino
Ich persönlich kann mit Tango nix anfangen und finde den überbewertet ;)
Aber Verbote? Niemals!
"Das wilhelminische Deutschland lehnt den Tango ab als verkommene Negermusik mit unzüchtigen Bewegungen dazu. (...) Keinesfalls ist sie geeignet, Teil deutscher Kultur zu sein. Dieses "argentinische Rinnsteinkind" kann und darf die vaterländische Moral nicht in die Gosse hinabziehen"
Da sieht man mal, wie früh schon nicht nur der Nährboden geschaffen wurde für die nachfolgende schlimme Zeit, sondern damit sogar schon die Saat gelegt wurde.