Der 3. Oktober
Der Tag begann mit einer Überraschung, die ihm angemessen war: Die Wolken über Rössing verzogen sich und machten einem tiefblauen Herbsthimmel Platz.
Eine milde Oktobersonne zauberte Heiterkeit in die Gesichter der Menschen, denen ich begegnete und auch die Landschaft in und um das Dorf strahlte dieses "gewisse Etwas" aus, das die schöneren Tage von den Alltäglichen unterscheidet. Auch der Platz, zu dem ich unterwegs war, machte keine Ausnahme. Doch hätte es geregnet - ich wäre trotzdem gegangen. Auf dem Platz vor alten Schule - dem jetzigen Dorfgemeinschaftshaus - auf dem wir uns als Jungen geprügelt und blutige Nasen geholt hatten - sollte es heute harmonisch zugehen.
Was kann tieferen, ehrlicheren Frieden ausstrahlen als eine Gedenkfeier, wie sie 1990 im deutschen Einigungsvertrag beschlossen wurde, um auf diese Weise dauerhaft an die dramatischen Ereignisse zu erinnern, durch die Deutschland wieder zusammenwachsen konnte? Nichts! Doch diese im wahrsten Sinne des Wortes weltbewegende Entwicklung lag in der Zeit vor der Wiedervereinigung weit außerhalb meines Denkens und sogar meiner Fantasie. Allein der Gedanke daran war schon absurd. Auch für andere. Und doch trat das für unmöglich Gehaltene ein und schlug - nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze Welt - eine neue, ganz andere Seite im Buch der Geschichte auf. Der Festredner aus Elze verstand es gut, den Veranstaltungsbesuchern die Ereignisse von damals zurück ins Gedächtnis zu rufen!
Mir auch. Und so wanderten meine Gedanken nur Sekunden lang zurück, als die Nationalhymne gespielt wurde. Und in diesem kurzen Moment entrollten sie vor meinem inneren Auge die gemachten Erfahrungen von Jahrzehnten.
Gemessen an einem Menschenleben ist alles schon lange her. Manchmal verblassen die Ereignisse etwas, aber nicht die Erinnerung an den Tag, an dem ich auf dem Autobahnkreuz Hannover, festgekeilt .........
Für Interessierte: Den gesamte Text finden Sie auf meiner Webseite und hier der Link: .
Wir haben eine neue Realität, eine Bessere, die nun auch schon ein halbes Menschenleben alt ist und der Beweis dafür ist, dass menschlicher Geist das zerstörerische Element im Denken und Handeln der Unkulturen immer wieder besiegen kann und besiegen wird zugunsten des für die Freiheit bestimmten menschlichen Wesens. Mancher wird aus Unkenntnis oder grundsätzlichen Gründen Ökonomie verteufeln, doch sie ist der Treibstoff, der freiheitliche genauso wie autoritäre Systeme am Leben hält. Und so ist es unausweichlich, dass ökonomische Grundsätzlichkeiten, die politisch bedingt unterdrückt werden, menschenverachtende Systeme - sich selbst - irgendwann zu Fall bringen.
Das hat die Geschichte unserer eigenen Grenze gezeigt, die nicht nur durch das Aufbegehren der Menschen, sondern auch durch die "Insolvenz" des Kommunismus gefallen ist. Die Gegenwart beweist, dass dies an vielen anderen Stellen unserer Welt stets aufs Neue geschieht.
Die Fotos, die ich mitgebracht habe, bestätigen meine Worte - glaube ich - auf eindrucksvolle Weise, weil sie erkennen lassen, wie rasant der Wiederaufbau und die Wiederherstellung unseres kulturellen Erbes in freiheitlichen Systemen vonstatten geht - wen man den Menschen nur erlaubt, ihre schöpferische Kraft sinnvoll zu entfalten.
Schön für die Kommentatoren, wenn sie in ihrer eigenen Lebenswirklichkeit seit 1990 nur positive Veränderungen erfahren haben.
Leider gibt es eine große Anzahl von Menschen, die diese Erfahrung nicht gemacht haben. Über die Gründe kann man streiten, Fakt ist: Viele Menschen in der gesamtdeutschen Bundesrepublik mussten die Erfahrung machen, dass sich ihre Lebensqualität im Zuge der Eingliederung der DDR in die BRD nicht nur nicht verbessert, sondern zum Teil erheblich verschlechtert hat.