Internationaler Tag der Wiederbelebung am 16. Oktober: Klare Mehrheit für Erste-Hilfe-Unterricht an Schulen
Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Eine flächendeckende Laienausbildung in Wiederbelebung würde sehr viele Leben retten. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) befürworten 96,6 Prozent der Bevölkerung die Erste-Hilfe-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in der Schule. Anlässlich dieses klaren Ergebnisses und des heutigen Tags der Wiederbelebung erklärt DRK-Bundesarzt Professor Dr. Bernd Böttiger: „Erste Hilfe und insbesondere Maßnahmen zur Wiederbelebung sollten endlich bundesweit verpflichtend in den Lehrplänen verankert werden. Mit den nötigen Kenntnissen können alle Menschen im Ernstfall helfen, ob jung oder alt.“ „Erste Hilfe leisten zu können, ist Grundstein der Selbsthilfefähigkeit“, so der Präsident des DRK-Landesverbandes Westfalen-Lippe, Dr. Fritz Baur. „Sie sollte deshalb in Programmen der Kindertageseinrichtungen und Lehrplänen aller Schulen festgeschrieben werden.“
Das DRK fordert seit Jahren, dass Jugendliche spätestens ab der 7. Klasse in zwei Unterrichtsstunden jährlich in Erster Hilfe mit dem Schwerpunkt Wiederbelebung geschult werden. Eine bundesweite Aufnahme in die Lehrpläne und wirkliche Umsetzung würde langfristig zur sicheren Anwendung im Notfall beitragen und den Gesundheitsbereich entlasten. Bisher findet nur in wenigen Schulen Erste-Hilfe-Unterricht statt.
Gemeinsam mit dem Jugendrotkreuz (JRK) setzt sich das DRK aktiv dafür ein, dass Reanimationskurse fester Unterrichtsbestandteil werden. Das JRK arbeitet bundesweit bereits mit rund 5 300 Schulen – in Westfalen-Lippe mit rund 400 Schulen - daran, Kinder und Jugendliche altersgerecht an das Thema Wiederbelebung heranzuführen. Durch die Kurse entwickeln die Jugendlichen ein Bewusstsein für Gefahren. Sie erfahren so Selbstwirksamkeit und können in Notfällen engagiert handeln. Das steigert sowohl ihre eigene Sicherheit als auch die ihrer Mitmenschen.
„Insbesondere bei einem Herzstillstand darf nicht gezögert oder auf Rettungskräfte gewartet werden“, so Professor Böttiger. Bei einem solchen Notfall fängt das Gehirn bereits nach drei bis fünf Minuten an zu sterben. Der Rettungsdienst braucht in der Regel länger. Sofortige Maßnahmen wie die Herzdruckmassage durch Anwesende retten entsprechend viele Leben. Die Leitformel der Wiederbelebung lautet: „Prüfen, Rufen, Drücken“. Prüfen bedeutet: Ist die Person ansprechbar? Gibt es noch eine normale Atmung? Wenn nicht: Rufen des Notrufs 112. Anschließend Drücken: Herzdruckmassage mit beiden Händen übereinander in der Mitte des Brustkorbs, 100- bis 120-mal pro Minute, fünf bis sechs Zentimeter tief bei Erwachsenen – so lange, bis Hilfe eintrifft. „Das können schon Kinder umsetzen. Sie brauchen nur das nötige Wissen“, sagt DRK-Bundesarzt Böttiger.
Jeden Tag sterben etwa 200 Menschen in Deutschland an einem plötzlichen Herztod. Er ist damit die dritthäufigste Todesursache. Die Dunkelziffer liegt noch höher. Jedes Jahr überleben dank schnellem Handeln tausende Menschen – doch es könnten mindestens 10 000 mehr pro Jahr sein. Denn nur bei etwa 50 Prozent führen Umstehende bisher eine Laien-Wiederbelebungsmaßnahme durch, obwohl bereits nach wenigen Minuten ohne Behandlung bleibende Schäden entstehen.
Ausreichende Kenntnisse über Reanimation sind notwendig, um im Ernstfall sofort reagieren zu können. Deshalb empfiehlt das DRK unabhängig vom Alter eine Auffrischung in Erster Hilfe alle zwei Jahre. Die Ergebnisse der Umfrage zeigten jedoch auch, dass 55 Prozent der Bevölkerung ihren letzten Erste-Hilfe-Kurs vor mehr als zehn Jahren absolviert haben.
Zur Umfrage:
Civey hat für das Deutsche Rote Kreuz vom 05.08. bis 06.08.2024 online 2.500 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Weitere Informationen zur Methodik der repräsentativen Umfrage finden Sie hier.
Foto: Jörg F. Müller / DRK
Erste-Hilfe-Kurse an Schulen durchzuführen, halte ich für eine sehr gute Maßnahme, nicht nur weil sie helfen, Menschenleben zu retten. Sie informieren auch über Risiken, die die Kinder und Jugendlichen selber davor bewahren können, in eine Notsituation zu geraten. Beispiel: Was muss man beim Baden in Fließgewässern und Seen beachten. Gleichzeitig wird der Blick geschult für die Mitmenschen und die Umgebung. Klassischer Fall: das unbeaufsichtigte Kleinkind im knöcheltiefen Wasser. D.h. Gefahren können bereits im Ansatz abgeschätzt werden, indem mit Warnungen oder verstärkter Aufmerksamkeit dafür Sorge getragen wird, dass ein Notfall erst gar nicht eintritt. Auch das Phänomen der Verantwortungsverlagerung des Einzelnen wird in solchen Kursen aufgezeigt, wenn viele Anwesende tatenlos einer Notsituation zusehen, und niemand die Initiative ergreift, zu helfen.
Nicht zuletzt besteht die Hoffnung, dass die Kurse dafür sensibilisieren, die Arbeit professioneller Ersthelfer*innen, die zunehmend verbalen und körperlichen Angriffen ausgesetzt sind, wertzuschätzen.