Orientalische Poesie an die Schönheit einer Frau
Ein wunderschönes orientalisches Gedicht über die
Liebe und die Schönheit einer Frau
O du Geliebte mit dem Munde wie
Granat- und Mandelblüten! Meine Blume!
Du gleichst der hundertblätterigen Rose,
nie schenkte eine Mutter dieser Welt
ein Menschenkind, das dir an Schönheit gleicht.
Es ähneln deine Lippen der Rose,
sie schaffen Durst und Hunger. Deine Stimme
ist wie die Stimme einer Nachtigall,
die ganz berauscht das Lob des Frühlings singt.
Und deinen roten Mund vergleiche ich
mit einer kleinen, edlen Flasche, die
gefüllt ist mit dem feinsten Rosenöl.
Ich liebe dein entzückendes Gesicht,
Ich habe Sehnsucht deine Lippen
zu küssen, neben deren süßem Zauber
die Süße des Zuckers bitter scheint.
Du bist so schön wie eine Pfirsichblüte,
so zart wie eine junge Rosenknospe,
die eben zaghaft durch die Schale bricht.
Du bist so frisch wie vom Hibiskusstrauche
das erste Blatt. Wenn du mich nicht verschmähtest, -
Du Schönste, wie glückselig wäre ich!
Orientalisches Liebesgedicht
Habe das Gedicht erst heute entdeckt und war (zunächst) fasziniert, mit welchen treffsicheren Vergleichen hier die Schönheit einer unbekannten jungen Frau beschrieben wird. Doch merkwürdig ist für mich, dass das Gedicht im rein Äußerlichen stehenbleibt - mit keinem Wort werden die inneren Werte der Frau beschrieben. Das lässt mich vermuten, dass der Verehrer die Frau bisher nur gesehen hat, (noch) nicht näher kennt und über sie noch recht wenig bis nichts weiß.
Da hoffe ich für ihn von ganzem Herzen, dass die Angebetete auch innerlich hält, was sie verspricht! Sonst könnte es für ihn gefährlich werden - und er könnte sich an ihr die Finger (und die Seele!) verbrennen.
(Aber - man verzeihe dem Kritiker - ein bisschen weniger romantisch:
Die dauernd wiederkehrende Rose und die jungen, zarten Mandel- und Pfirsichblüten sind nicht sehr originell, sondern ein immer und immer wiederkehrendes Motiv in orientalischen Gedichten. [Man nennt das Stereotypen.] Hätt' ich mich gar nicht getraut, einer Frau mit solchen Bildern meine lyrische Aufwartung zu machen. Unser Minnesang aus dem 13. Jh. ist voll davon.)