Radioaktivität in Waldperlach, Teil 15
Waldperlach, 26.3.2011:
Messwerte:
26.3.2011,
1700:
Lab: 0,11 μSv/h
Out: 0,14 μSv/h
1900:
Out: 0,09 μSv/h
Hier ist alles im grünen Bereich
Der etwas höhere Wert im Vorgarten am Nachmittag ist auf Aerosolauswaschungen durch einen leichten Regen am frühen Nachmittag verursacht. Dabei werden kurzlebige Zerfallsprodukte von natürlich vorkommenden Radon-222 aus der Luft gewaschen. Sie lagern sich am Boden ab und zerfallen dort innerhalb weniger Stunden. Das selbe Ereignis zeigen auch die Messwerte der Bundesanstalt für Strahlenschutz (BfS) am Messpunkt Perlach, ca. 3km von hier.
Die durchschnittlich etwa 0,02 μSv/h höhere Ortsdosisleistung, die ich hier messe im Vergleich zum BfS liegt an der unterschiedlichen Messmethode: Ich messe direkt am Boden, die Messsonden des BfS befinden sich einen Meter über dem Boden. Daher bekomme ich von den am Boden abgelagerten Stoffen mehr mit (quadratisches Abstandsgesetz) und man kann, wenn man den Kurvenverlauf der beiden Messstellen nach einer Auswaschung mit denen einer Trockenperiode vergleicht, sogar die Anteile der ODL durch kosmische Strahlung, durch terrestrische Strahlung und durch am Boden abgelagerte Partikel ausrechnen.
Ich erhalte dabei folgende Werte für die ODL in Waldperlach:
Kosmische Strahlung: 0,061 μSv/h
Terrestrische Strahlung: 0,039 μSv/h
Zusätzlich heute Nachmittag für ein paar Stunden durch Auswaschung: 0,040 μSv/h
Rechengenauigkeit: ±0.005 μSv/h
Soweit, so gut. Etwas anderes hat mich gestern geschockt: Ich hab gelesen, dass sich der Reaktor des Atomkraftwerks Isar 1 sechs Stunden nachdem es vom Netz genommen worden ist, selbst notabgeschaltet hat. Weil der Wasserstand im Reaktor gesunken war! Irgendwie kommt mir das bekannt vor: Siedewasserreaktor, Wasserstand sinkt...
Bisher hab ich noch nicht herausgefunden, was da eigentlich genau passiert ist, aber es gefällt mir nicht. Und, wie sollte es anders sein: Die Kraftwerksbetreiber haben die Behörden (wie üblich...) erst 5 Tage später informiert. Was soll man davon halten?
Und wie sieht es in Fukushima aus? Übel. Echt übel. Im Meer vor dem Kraftwerk wurde eine wirklich sehr hohe Belastung durch Jod-131 gemessen. Und da Jod nicht alleine austritt, muss dort zwangsläufig auch der ganze andere Mist an Spaltprodukten zu finden sein. Das kann entweder aus den zerstörten Brennelementen in den Abklingbecken kommen, aber genauso gut aus den Primärkreisläufen der Reaktoren selbst. Und die abgesoffenen Turbinenhäuser sprechen für Lecks in eben diesen Rohrleitungen. Wenn sich endlich mal jemand aufraffen würde, vernünftige Gammaspektren im Bereich des Kraftwerks aufzunehmen, würde das eine Ferndiagnose erheblich erleichtern. Aber momentan ist das alles eine reine Raterei.
Trotzdem gibt es einen Lichtblick: Die Temperatur im zentralen Abklingbecken sinkt. Dort scheit also die Kühlung wieder in Betrieb zu sein.
WARNUNG:
Ich empfehle, in nächster Zeit (eher Jahre als Monate) keine Meeresfische und andere Meeresprodukte (Tang, Algen...) aus der Fangzone 61, dem Seegebiet um Japan zu essen. Es wird als „FAO Major Fishing Areas PACIFIC, NORTHWEST (Major Fishing Area 61)” bezeichnet und umfasst das Gebiet zwischen 115° Ost über 180° bis 175° West und von 20° Nord bis 68° Nord sowie den Golf vom Tonkin (vor Vietnam). Fische aus dem Gebiet können bis 80 Tage nach dem – momentan in unbekannter Zukunft liegendem - Ende der Abgabe von Spaltprodukten aus Fukushima Jod-131 enthalten, sowie für unbestimmte Zeit Caesium-137, Strontium-90 und Plutonium. Auch wenn die Mengen möglicherweise gesundheitlich nicht relevant sein werden, sollte man trotzdem versuchen, die Aufnahme radioaktiver Substanzen so gering wie möglich zu halten.
Und mal im Ernst: Weshalb sollte man Fisch aus 12.000 km Entfernung essen, wenn die nächste Fischzucht keine 10 km weit weg ist?
Der kurzfristige Druckanstieg hält sich in Grenzen. Alles eine Frage der Übung und Gewöhnung...