Bio ist gewollt, machbar und finanzierbar: Sechs Jahre „Bio für Kinder“ in München
Sechs Jahre „Bio für Kinder“ in München - Bilanz eines Pilotprojektes
Nach sechsjähriger Projektlaufzeit zieht „Bio für Kinder“, die Gemeinschaftsinitiative von Tollwood und dem Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, Bilanz. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigten sich Joachim Lorenz, Referent für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, und Stephanie Weigel, Projektleitung „Bio für Kinder“ und Leiterin der Tollwood-Umweltabteilung, äußerst zufrieden. 2006 startete das Pilotprojekt mit dem Ziel, Münchens Nachwuchs in Kindergärten und Schulen bei der Umstellung auf 100 Prozent Bio-Kost zu unterstützen. „Wir hatten über 200 Bewerbungen bei „Bio für Kinder“. Eine Anzahl, die unsere Erwartungen erfreulich übertroffen und die Kapazitäten unseres Pilotprojektes überstiegen hat“, sagte Lorenz. Dies zeigt: Bio ist gewollt, machbar und vor allem auch finanzierbar: „Insgesamt kamen in 32 Kinderbetreuungseinrichtungen rund 648.000 Mahlzeiten in Bio-Qualität auf den Tisch“, erläuterte Lorenz. Mit durchschnittlichen Bio-Mehrkosten pro Kind und Hauptmahlzeit von 30 Cent (16 Prozent) im Vergleich zur konventionellen Verpflegung vor Projektstart liegen die Kosten deutlich unter den Erwartungen. Erfreulicher Beweis für die Nachhaltigkeit des Projektes: „Alle 32 Einrich-tungen behalten die Bio-Verpflegung auch nach Ende der finanziellen Förderung bei und stellten damit nachhaltig auf Bio um“, teilte Weigel mit. Sie zeigen, dass eine erfolgreiche Bio-Umstellung wesentlich in einem strukturierten, professionellen Küchenmanagement liegt – gelingen kann sie überall. Das Projekt wird fortgesetzt mit einem Mentorennetzwerk, das die Erfahrungen der sechsjährigen Projektlaufzeit weitergibt. Noch dazu soll der Bio-Wareneinsatz in städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen künftig erhöht werden.
Bio ist machbar und finanzierbar:
Die Umstellung auf Bio-Kost ist keine Zauberei: Eine Optimierung der Küchenabläufe, eine sorgfältige Kostenkontrolle und eine Mischkalkulation auf der Grundlage von mehrwöchigen Speiseplänen sind ebenso entscheidend für die erfolgreiche Umstellung auf Bio-Kost wie die Anpassung der Speisepläne an Saison und Regionalität sowie eine Reduzierung des Fleischanteils.
„Die Anschubfinanzierung für die Umstellung auf Bio-Kost übernahmen mehr als 30 Münchner Unternehmen, die den Einrichtungen als Patinnen und Paten zur Seiten stan-den und die Übernahme der Bio-Mehrkosten für die jeweils zweijährige Projektlaufzeit zusicherten. So konnte die Angst vor den Bio-Mehrkosten – dem größten „Hemmschuh“ bei der Umstellung – genommen werden“, erläuterte Weigel das Konzept.
Dass die Bio-Kost im Großen wie im Kleinen machbar ist, zeigt die Bandbreite der teil-nehmenden Münchner Einrichtungen: Sie reichte von der Kinderkrippe mit 15 Kindern bis zur Berufsschule mit 500 Schülerinnen und Schülern, von selbstkochenden Eltern bis zu professionellen Küchenteams.
Bio ist gewollt – in München und anderswo:
Das Interesse an Bio wächst: Dies belegt das „Ökobarometer 2012“, eine Studie, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) herausgegeben wird. 92 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher (Bio und nicht Bio-Käuferinnen und Käufer) bezeichneten bei der Verbraucherabfrage die Bio-Kost für Kitas und Kindergärten als sehr wichtig oder wichtig, für Ganztagsschulen 86 Prozent. Vor allem durch den Anstieg der schulischen Ganztagseinrichtungen, aber auch Kleinkindbetreuungseinrichtungen steigt der Bedarf nach einer Mittagsverpflegung.
Mehr Bio in Münchner Kitas und Schulen
Entscheidend für eine flächendeckende Umstellung auf Bio-Kost sind politische Weichenstellungen, wie sie u.a. die Biostadt München vorgenommen hat: „Am 9. November 2011 verabschiedete der Münchner Stadtrat einen Beschluss, wonach der Bio-Wareneinsatz in allen städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen auf 50 Prozent erhöht werden soll“, sagte Lorenz. Die Umstellung soll zum Schuljahresbeginn 2013/2014 erfolgen. Eine entsprechende Ausschreibung wird derzeit unter der Federführung des Referates für Bildung und Sport vorbereitet, bei der auch für die konventionellen tierischen Lebensmittel Qualitätskriterien im Sinne des Tier- und Umweltschutzes definiert werden sollen. „Die ökologische Lebensmittelherstellung ist ressourcen- und umweltschonend und setzt noch dazu auf eine artgerechte Tierhaltung. Gründe, die für mich als Umwelt- und Gesundheitsreferent neben einer gesunden Ernährung unserer Kinder absolut entscheidend sind“, so Lorenz.
Der nächste Schritt: Das „Bio für Kinder“-Mentorenprogramm in München
Die zweite Phase von „Bio für Kinder“ legt das Hauptaugenmerk auf die Weitergabe der Erfahrungen des Pilotprojektes. 12 „Bio für Kinder“-Mentorinnen und -Mentoren, erfahrene Praxisexpertinnen und -experten aus den Bereichen Küchenmanagement, Ernährungswissenschaften und Ernährungspädagogik stehen Münchner Kinderbetreuungseinrichtungen, die auf Bio umstellen wollen, mit Rat und Tat zur Seite. Sie beraten individuell und vermitteln praxisnah die wichtigsten Erfolgskriterien und Tipps für eine ökologische, gesunde und finanziell machbare Ernährung in Kindergarten und Schule – etwa, wie eine qualitativ hochwertige und gleichzeitig ökonomische Umstellung des Speiseplans gelingen kann. Einen Großteil der Kosten des Coachings übernimmt „Bio für Kinder“. Weitere Informationen sind im Internet unter www.bio-fuer-kinder.de erhältlich.
Ausgezeichnet:
„Bio für Kinder“ erhielt u.a. folgende Auszeichnungen:
• „Healthy-Cities-Award: „Grüner Apfel 2007“ der Weltgesundheitsorganisation
• „Bayerische Staatsmedaille für Verdienste um Umwelt und Gesundheit 2008“
• „Frankfurter Preis der deutschen Gemeinschaftsverpflegung“, 2008
• 2. Preis des Netzwerks Kindergesundheit und Umwelt e.V., 2009
Wo Besuch und Essen Pflicht ist, sollte man die Mehrkosten für den obigen Spaß nicht auf die Eltern abwälzen (zumindest nicht auf die unbetuchten).