Anton, Teil 102 (Ein Suchlauf)
Über Antons Erlebnisse vom 17. Mai 1998 hatte ich in Teil 67 schon einmal berichtet, nun wird es Zeit für die Vorgeschichte:
An diesem Tag herrschte bestes Wetter, blauer Himmel, angenehm warm aber nicht zu heiß, eben ideales Katzenwetter. Anton tobte den ganzen Tag durch unseren Garten, untersuchte die Apfelbäume, kletterte auf jeden hinauf, turnte auf den Ästen und war in extremer Entdeckerlaune.
Irgendwann bemerkte er, dass er vom Apfelbaum neben der Garage auf das Dach der Garage springen konnte. Dazu musste er relativ weit auf den Baum klettern, auf einem dicken Ast in Richtung Garage laufen und von dort aus abspringen. Was er auch tat.
Jetzt war Anton also auf dem Garagendach angelangt. Aber was sollte er hier anstellen? Also untersuchte er zuerst alles, was es zu sehen gab. Viel war das nicht. Eine ebene Fläche, die mit einem Teil ihres Randes direkt mit dem Haus verbunden war, eine Stelle, an der ich als Kind im Sommer oft die halbe Nacht lang saß und mit einem selbstgebastelten Radio AFN hörte und mit einem Kosmos Feldstecher Sterne beobachtete, dann die Vorderkante, die zur Einfahrt zeigte, und die Rückseite zur Wiese hinten im Garten.
Zurück zum Apfelbaum konnte Anton nicht, soweit hochspringen, dass er auf einem der Äste landete, war selbst für ihn zu weit. Dachte ich zumindest. Ein paar Tage später bewies Anton das Gegenteil. Aber an diesem Tag wusste er selbst noch nicht, dass er das konnte. Er lief etwas ratlos den Rand des Dachs ab, auf dem Foto sieht man deutlich an seiner Körpersprache, dass er angestrengt nachdachte, wie das weitergehen könnte, aber ließ sich Zeit, hatte keine Eile, und überstürztes Handeln oder gar Panikreaktionen waren nicht Antons Art.
So langsam fragte ich mich auch, wie er da wohl wieder herunterkommen konnte, und beschloss, ihm zu helfen. Also ging ich zum Gartenschuppen, um eine Leiter zu holen. Aber kaum war ich dort, stand Anton neben mir und wollte sehen, was ich da mache. Etwas verwundert kraulte ich ihm kurz am Kopf, und ich hatte den Eindruck, dass Anton begriff, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie er sein Problem gelöst hatte.
Zumindest rannte er wieder zum Apfelbaum, kletterte – nein, rannte – an ihm hoch, sprang wieder auf das Dach und nahm dort Anlauf.
Und sprang in einem sehr weiten Bogen in die Wiese! Kam dann wieder zu mir und wirkte echt begeistert. Und ich war verblüfft. Das hätte ich ihm nicht zugetraut. Immerhin ist das Dach über zwei einhalb Meter hoch. Und Anton war bestimmt drei bis vier Meter weit gesprungen.
Das gefiel ihm offensichtlich so gut, dass er diesen Stunt am selben Nachmittag noch mehrmals wiederholte. Leider hab ich es nicht geschafft, ihn im „Flug“ zu fotografieren. Die JD11 hat nach dem Auslösen immer eine schwer abzuschätzende Zeit gewartet, bis sie das Bild dann wirklich belichtet hat. Deshalb gibt es von diesem Nachmittag auch ein paar Landschaftsfotos aus sehr sonderbaren Blickwinkeln. Ein fliegender Kater ist jedoch auf keinem davon zu sehen.