Alles übers Taxi fahren in Augsburg und München, Teil 1 – vom TKKG-Szenario über Politiker hinterm Steuer und Kurzstrecken bis zur Beförderungspflicht
Als Oma verkleidet fühlt Gabi Glockner im TKKG-Hörspiel „Das Phantom im Schokoladenmuseum“ einem Taxifahrer auf den Zahn. Dass sich Werner Tippgen, der Mann hinterm Steuer, nicht mehr an sie erinnern kann, sieht ihm Oma Glockner nach, „wo Sie doch sicher Tausende befördern“. Eine vierstellige Anzahl an Fahrgästen ist allerdings utopisch. Oft sind es nur eine Handvoll Passagiere pro Tag.
Warten, Warten, Taxi fahren
Rund 1.400 Männer und Frauen der Taxizentrale Augsburg sind im Personentransportdienst aktiv. Sie teilen sich 209 in der Genossenschaft registrierte Fahrzeuge. Einen beträchtlichen Teil ihrer Dienstzeit verbringen Sie in und um ihren Mercedes herum wartend in einer Schlange am Bahnhof, am Königsplatz und anderen Stellplätzen. Das ist in Augsburg nicht viel anders als in München.
„Ein Taxifahrer verbringt je nach Geschäftslage bis zu 50 % seiner Arbeitszeit mit Warten an den Taxistandplätzen“, erteilt Frank Kuhle von der Taxi-München eG Auskunft. Dann setzt sich meist ein Geschäftsmann auf den bequemen Rücksitz ihrer Einnahmequelle oder der Taxifahrer wird per Funk zu einem neuen Passagier gelotst. Immer in der Hoffnung, dass es Trinkgeld gibt. Denn ein angestellter Taxifahrer in München kassiert beispielsweise nicht einmal die Hälfte von dem, was auf dem Taxameter steht. Laut Frank Kuhle von der Taxi-München eG sind es derzeit zwischen 38 und 45 Prozent vom Umsatz, zuzüglich Urlaubsgeld. Brutto.
Politiker hinterm Steuer
Neben Leuten aus der Wirtschaft steigen Politiker ohne eigenen Chauffeur gern in Taxis, wenn sie nicht sogar selbst hinterm Steuer sitzen. So zählt der ehemalige Außenminister Joschka Fischer wohl zu den prominentesten Taxifahrern. Weniger gern gesehen sind des Nachts angetrunkene Fahrgäste. Nicht aus Prinzip, sondern oftmals wegen der geringen Strecke.
Bloß keine Kurzstrecken!
„Wo wollen Sie hin?“, fragt ein Taxifahrer eine Gruppe Jugendlicher, die um zwei Uhr nachts in der Augsburger Innenstadt in sein Fahrzeug steigen will. Einer der Jugendlichen nennt ihm einen Ort außerhalb der Stadtgrenzen. „Gott sei Dank! Ich hatte schon befürchtet, ihr ruiniert mir die Nacht“, sagt der Fahrer arabischer Abstammung - kaum ein Berufssektor ist so international wie das Taxigewerbe - und atmet erleichtert auf. Zu oft steigen Jugendliche ein, die er ein paar Straßenecken weiter absetzen soll. Das Taxameter kommt in solchen Fällen oftmals nur auf fünf Euro oder weniger und das bei einer Startzahl von 2,50 Euro. Ein Minusgeschäft. Denn bis der Fahrer nach so einem Kurztrip wieder an der Reihe ist, entgeht ihm reichlich Bares. Diese Fahrt beschert ihm zwölf Euro inklusive Trinkgeld.
Beförderungspflicht für Taxifahrer im Stadtgebiet
Das Taxi-Geschäft ist hart und voller Konkurrenz. In München sind 25.000 Taxifahrer mit gültiger Personenbeförderungslizenz unterwegs. Längst nicht jeder hat sein eigenes Taxi. Schichtdienst ist angesagt. Doch egal, ob sich mehrere Fahrer einen Wagen der gehobenen Klasse teilen oder der Mercedes nur eine Person hinters Steuer lässt - vor Dienstantritt muss der fahrbare Untersatz auf Funktion überprüft werden. Egal ob der Taxifahrer für ein Unternehmen fährt und per Auftragsbuch abrechnet, oder ob er auf selbstständiger Basis durch die Stadt düst – für die Sauberkeit muss er auf jeden Fall sorgen. Das ist in der bayerischen Landeshauptstadt zu Zeiten des Oktoberfestes ein Knackpunkt. Da passiert es schon mal, dass ein Fahrgast einen Bierschwall auf dem Polster hinterlässt. Abhilfe gibt es nur bedingt und zwar in Form von Überzügen oder der Meidung des Festgeländes. So macht es Günal*. Er umfährt die Theresienwiese weiträumig und sucht sich andere Anlaufstellen. Damit verzichtet er auf schnell verdientes Geld, vermeidet dadurch aber auch kosten- und zeitintensive Reinigung. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Denn im Stadtgebiet herrscht Beförderungspflicht.
* Name geändert.
Lest auch Teil 2 von "Alles übers Taxi fahren in Augsburg und München" mit dem Untertitel "Taxameter, Routenplaner und Geschwindigkeitsrekorde in der Innenstadt".
Fotoquelle: www.pixelio.de
Schön recherchiert und gut geschrieben! Kleine Anmerkungen: Das Urlaubsgeld wird bei den Meisten Unternehmern vom Lohn - also von den durchschnittlich 38 bis 45 % - einbehalten und dann während des Urlaubs wieder ausbezahlt. Es gibt das Urlaubsgeld also nicht "on top". Und es gibt eine Möglichkeit Fahrgäste auch in der Stadt abzulehnen, nämlich dann, wenn sie eine Betriebsgefahr darstellen. Eine Betriebsgefahr gilt auch dann, wenn damit zu rechnen ist, dass potentielle und betrunkene Fahrgäste das Taxi derart verschmutzen, dass der Betriebsablauf gestört ist. Die Beförderungspflicht besteht übrigens nicht nur in der Stadt, sondern im sogenannten Pflichtfahrgebiet, das die Gemeinde des Betriebssitzes und alle daran angrenzende Gemeinden umfasst. Ansonsten gut und treffend beschrieben. Gruß Tom