Bauch oder Kopf - Geist oder Leib?
Liebe Leserin, lieber Leser,
vor der Kieler Nicolaikirche steht
eine Statue von Ernst Barlach.
Sie heißt “Geistkämpfer”.
Der junge Mann “Geist”,
unter sich das Untier “Leib”,
auch Körper genannt.
Er hält in der empor gestreckten Hand
das Schwert,
bereit jederzeit zuzustoßen.
Doch komisch:
Völlig entspannt ist sein Gesicht.
Der Gegner muss nicht fest
ins Auge gefasst werden.
Der junge Mann -
er schaut in die Ferne,
woher er Kraft schöpft.
Ich sehe ein Lächeln
aus seinem Gesicht,
denn er weiß:
“Der Kampf ist entschieden -
trotz bevorstehendem Kampf.
Das Untier trägt
diesen Geistkämpfer,
ist ihm Stütze und Halt.
Zusammengehörend und
doch verschieden -
Geist und Leib.
Ich denke an ein
Seelsorgegespräch,
an das Strahlen in seinen Augen,
wenn er erzählt,
wie lange seine Frau
ihrem hinfälligen Leib gestrotzt hat,
wie sie gekämpft hat,
wie sie sich drei Mal via Geistkraft,
so die Ärzte, ganz
wiederhergestellt hat.
Beim vierten Mal
schaffte sie es nicht mehr,
aber diese erkämpften Jahre
waren intensiv und echt,
voller Liebe.
Heute ist anderes beliebt.
Der Leib wird verehrt,
nahezu angebetet.
Es herrscht
ein Leibkult und
ein Gesundheitskult.
Der Geist bleibt ungepflegt,
verlottert bei vielen Menschen.
Paulus, der Apostel der Völker,
verurteilt streng die Menschen,
“deren Bauch ihr Gott ist.” (Phil. 3, 19)
Der Gegensatz
von Geist und Leib
wird aufgehoben.
Der Leib nämlich ist
nicht das Leben,
sondern sein besonderes Gefäß.
Wir Christen sagen Tempel,
eben ein gesegneter Raum
für den Geist Gottes.
Der Geist-Leib heiligt
das Leben.
Es wird sinnvoll,
voller Geist.
Und wenn ich einen Menschen kennenlerne,
steht immer eine Frage
ganz leise im Hintergrund:
Was begeistert ihn?
Ja, wie ist es bei Ihnen,
liebe Leserin, lieber Leser?
Ich frage Sie ganz persönlich:
“Was bewegt Dich?
Wem kannst Du vertrauen?
Wem oder was widmest Du
Dich ganz besonders intensiv?”
Worauf gründest Du Dein Leben?
Zu wem kannst Du immer reden?”
Der Geist Gottes beantwortet diese Fragen,
denn er bringt den Leib zur vollsten Blüte und,
weist auf die Kräfte hin,
die uns im Innersten aufrühren und
uns in Bewegung setzen:
- Mauern überwinden
- aus Fremden Freunde werden lassen
- innere Distanz, Entfernung, Entfremdung überbrücken
- Vorurteile beseitigen
- Wärme in die kalte Welt bringen
- und immer wieder dem Neuanfang trauen
und ihn wagen.
Ja, liebe Leserin, lieber Leser,
“wisst Ihr nicht, dass Euer Leib
ein Tempel des heiligen Geistes ist?”
(1. Kor. 6, 19)
Klar werden wir als Kirche
trotzdem gegen den Hunger, den Durst
und die Armut der Menschen ankämpfen,
damit die Menschen in Würde leben können.
Möge Sie, lieber Leserin, lieber Leser,
dieser Geist Gottes immer wieder
anfüllen mit Glaube, Liebe und Hoffnung,
und Sie bewegen,
sich für mehr Liebe,
mehr Gerechtigkeit und mehr Frieden
in Ihrem Leben zu wagen.
Ihnen geist-volle und behütete Tage:
Machen Sie es gut!
Ihr Pfarrer Markus Maiwald
(Danke, liebe Gabriele *, lieber Otto *,
Ihr Vorbilder in Sachen Geistkampf,
für diesen Geistesblitz:
Gott segne Euch und behüte Euch
auf all Euren Wegen -
jetzt und in Ewigkeit!)
Kopf oder Bauch? Diese Frage beschäftigt viele.
Beim Autofahren in unbekanntem Gebiet sagt mir mein Kopf "von der Logik, dem Orientierungssinn und der Erfahrung müßtest Du jetzt so rum fahren!" während mir mein Bauch - warum auch immer - eine andere Richtung weist.
Beides hat sich als manchmal falsch, manchmal richtig erwiesen.
Mit anderen, unbekannten Menschen in anderen Ländern umzugehen ist ähnlich schwer. Ein Teil kommt aus dem Kopf, aus dem was ich aus Reiselektüre und Ratschlägen gelernt habe - eine Visitenkarte mit beiden Händen anzunehmen, einem Kind nicht über den Kopf zu streicheln, mit der linken Hand keine Speisen anrühren. Doch was ist mit dem das nicht in Büchern steht, wo das Wissen zuende ist? Da kann nur der Bauch die Richtung weisen in der Hoffnung die Fettnäpfchen zu umschiffen.
Wie haben es die Menschen tausende von Jahren gehalten bevor es Bücher, bevor es Schriften gab? Mündliche Überlieferung, Erfahrungen, der Umgang miteinander sagt uns doch was wir als Gut, was wir als Böse ansehen, was die schlimmsten Feinde des miteinander sind - das was die Religionen z.B. als Todsünden beschreiben.
Das Eine funktioniert ohne das Andere nicht. Auch wenn es banal klingt: die erste Reihe der "Star Trek"- Geschichten haben das sehr deutlich aufgezeigt:
- Kirk, der den Mut, das Draufgängertum, die Entscheidungsfähigkeit verkörpert
- Spock, der Vertreter des Kopfes, der Logik, des Nachdenkens und
- McCoy, der Schiffsarzt, der Helfer der gleichzeitig das Gewissen, die Ethik im Handeln vertritt.
Und in vielen Folgen wird eines deutlich: Nur wenn alle - Kopf, Körper und Seele im Gleichgewicht arbeiten sind wir überhaupt zu menschlichem Handeln fähig - fehlt auch nur eine Komponente scheitern wir.....