Zeit zu handeln: gelebte Kreislaufwirtschaft für mehr Klimaschutz
Der Begriff der „Kreislaufwirtschaft“ ist wie auch „Nachhaltigkeit“, „Wasserstoff-Strategie“, „CO2-Effizienz“ und „Klimaschutz“ aktuell in aller Munde. Doch was genau ist Kreislaufwirtschaft eigentlich? Überspitzt gesagt ist Kreislaufwirtschaft genau das Gegenteil unseres heutigen Lebensstils, wir befinden uns mehr oder weniger immer noch in einer Linearwirtschaft (im Volksmund auch als „Wegwerfgesellschaft“ bezeichnet). Ein Großteil der Produkte und damit gleichzeitig der eingesetzten (Primär-)Rohstoffe wird oftmals schon nach sehr kurzer Nutzungsdauer weggeworfen und verschwindet in Deponien oder wird in der Müllverbrennung vernichtet. Nur ein geringer Anteil wird einer Wiederverwendung zugeführt. Aber genau zu dieser Wiederverwendung gilt es hin zu kommen, da sich unser Planet eine Weiterführung dieser Wegwerfgesellschaft vor dem Hintergrund knapper werdender Rohstoffe und stetig steigender Bevölkerungszahlen nicht mehr leisten kann.
Kreislaufwirtschaft: unverzichtbare Grundlage für unser künftiges Leben auf der Erde
Laut Wikipedia steht Kreislaufwirtschaft für ein regeneratives System in dem Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energiebedarf durch das Schließen von Energie- und Materialkreisläufen minimiert werden. Kreislaufwirtschaft ist also im Kern die nahezu vollständige Wiederverwendung von Roh-/Reststoffen in Folgenutzungen oder nach entsprechender Aufbereitung im gleichen Prozess.
Genau dies ist die Zielsetzung der Bundespolitik, die mit der Kabinettsentscheidung vom 12.02.2020 die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes auf den Weg gebracht hat. Damit werden die Weichen für einheitliche und verbindliche Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft in Deutschland gesetzt, um die Aufbereitung von Nebenprodukten sowie Abfällen und die anschließende Wiederverwertung von daraus gewonnenen Rohstoffen (sog. „Sekundärrohstoffen“) zu fördern bzw. der Verwendung von diesen recycelten Materialien eindeutigen Vorrang vor der Verwendung von sog. „Primärrohstoffen“ (z.B. Gestein als Baumaterial direkt aus dem Steinbruch) einzuräumen. In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vom 12.02.2020 zum Gesetzentwurf heißt es zur Zielsetzung des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes:
„Recycelte Produkte bekommen Vorrang in der öffentlichen Beschaffung …. Künftig sollen die 6.000 Beschaffungsstellen in Bundesbehörden sowie bundeseigenen und vom Bund beherrschten Unternehmen Produkte aus Recycling gegenüber Neuanfertigungen bevorzugen. Auf Grundlage des neuen Gesetzes müssen sie – sofern keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen – beim Einkauf Produkte bevorzugen, die rohstoffschonend, abfallarm, reparierbar, schadstoffarm und recyclingfähig sind.“
Ergänzend dazu hat die europäische Kommission am 12.03.2020 den „Aktionsplan Circular Economy – für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa“ als Bestandteil des sog. „Green Deals“ in Form eines Maßnahmenkataloges und Zeitplanes veröffentlicht. Dieser zielt im Kern ebenfalls in die Richtung der Novelle des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der neue Aktionsplan kündigt Maßnahmen zur Gestaltung und Förderung einer echten Kreislaufwirtschaft an, die einen integrativen Ansatz verfolgen um z.B. auch Beiträge zum Klimaschutz zu generieren. So sollen zukünftig die gesamten Lebenszyklen von Produkten, von Produktdesign, Herstellung, Verwendung bis zum Lebensende, stärker berücksichtigt werden. Letztlich sollen die verwendeten Ressourcen so lange wie möglich in der EU-Wirtschaft erhalten bleiben.
Kreislaufwirtschaft in Meitingen: gelebte Praxis als Vorbild für andere Standorte in Bayern und Deutschland
Genau diese Zielsetzung einer möglichst vollständigen Kreislaufwirtschaft verfolgen auch die Unternehmen der Max Aicher Unternehmensgruppe am Standort Meitingen. Die Lech-Stahlwerke und die Max Aicher Umwelt leben bereits seit vielen Jahren Kreislaufwirtschaft in vorbildlicher Art und Weise: Stahlschrott als wertvoller Sekundärrohstoff wird wieder zu hochwertigem Stahl recycelt und das ohne Qualitätsverluste, je nach Kundenwunsch sogar zu einer hochwertigeren Stahlsorte. Nebenprodukte die bei der Produktion von Stahl zwingend entstehen, können Naturmaterialien ersetzen und ebenfalls wiederverwendet werden. Hier muss nichts weggeworfen werden, wenn es die Rahmenbedingungen erlauben.
Aber genau diese Rahmenbedingungen sind aktuell nicht (ausreichend) vorhanden – im Gegenteil: die derzeitige Praxis verhindert in vielen Fällen ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Wirtschaftsleben. An der Schaffung der geeigneten Rahmenbedingungen zur flächendeckenden Umsetzung einer gelebten Kreislaufwirtschaft und der Verpflichtung von Behörden und Unternehmen, diese auch tatsächlich umzusetzen, arbeitet gerade die europäische und bundesdeutsche Politik, in dem u.a. das oben genannte Kreislaufwirtschaftsgesetz überarbeitet wird. Die Lech-Stahlwerke und die Max Aicher Umwelt stimmen der umweltpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Bettina Hoffmann, zu, die in einem aktuell vorgelegten Diskussionspapier mit dem Titel „Grüne Strategie für eine ressourcenleichte, giftfreie und klimaneutrale Kreislaufwirtschaft“ fordert, dass die „derzeitige, recht lineare Wirtschaftsweise in eine echte Kreislaufwirtschaft überführt werden muss“. Da sind die Unternehmen der Max Aicher Gruppe schon einen Schritt weiter: seit über 40 Jahren wird u.a. am Standort Meitingen dafür gesorgt, dass Stahlschrott nicht weggeworfen wird, sondern klimafreundlich wieder in hochwertige Produkte umgewandelt wird. Dies geschieht bei den Lech-Stahlwerken im sogenannten Elektrolichtbogenofen-Verfahren, in dem ca. 80 % weniger CO2 je Tonne Rohstahl entstehen als beim Verfahren auf Basis des alternativen Hochofen-Verfahrens auf Basis des Einsatzes von Erzen und Kohle. Genau dieses Elektrolichtbogenofen-Verfahren ist die „Best-Verfügbare-Technik“ zur CO2-optimierten Rohstahlerzeugung und soll daher auch nach Vorstellung der großen Stahlwerke mit heute noch Hochofenbetrieb als wesentliche Grundlage zur deutlichen CO2-Minderung bei der Stahlerzeugung zum Einsatz kommen.
Um den Umfang der Kreislaufwirtschaft ausweiten zu können, fordert die Max Aicher Umwelt die Kommunal-, Landes- und Bundespolitik auf, nach der wichtigen Weichenstellung zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Gesetz zeitnah und in Abstimmung mit der Wirtschaft und den Verbänden zu verabschieden und auf dieser Grundlage endlich auch die verbindlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass auch die Nebenprodukte und Reststoffe der Stahlherstellung in größerem Umfang und werthaltiger recycelt werden können. Ein dahingehend überarbeitetes Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Möglichkeit am Standort Meitingen den Platz zu schaffen, überhaupt gesteigerte Kreislaufwirtschaft zu betreiben, sind wichtige Schritte zu einem abfallfreien Stahlwerk. Die Max Aicher Unternehmensgruppe hat sich auf Ihre Fahnen geschrieben auch dabei eine Führungsposition in Deutschland einzunehmen.
Was heißt Kreislaufwirtschaft am Standort Meitingen für den Bereich der Nebenprodukte und Reststoffe der Stahlproduktion?
Neben den über 1 Mio. Tonnen Stahl entstehen in Meitingen jedes Jahr auch über 300.000 Tonnen Nebenprodukte. Dies sind verschiedene Schlacken, separiertes Metall und Reststoffe aus den unterschiedlichsten Produktionsschritten der Stahlerzeugung und Stahlverarbeitung. Ein Teil dieser Materialien wird heute schon in den internen und externen Wertstoffkreislauf zurückgebracht. Leider sind die Platzverhältnisse nicht gegeben, um diese Recyclingrate bereits heute weiter auszubauen. Weiterhin ist es neben der notwendigen Flächenbereitstellung erforderlich, den europa- und bundespolitischen Willensbekundungen Taten folgen zu lassen. Drittens muss es auf breiter Basis gelingen, das Verständnis der Bevölkerung zu gewinnen, leider ist das Sankt-Florian-Prinzip hier noch weit verbreitet.
Dr. Dirk Mudersbach, Geschäftsführer der Max Aicher Umwelt, sagte letzthin am Runden Tisch mit der Marktgemeinde Meitingen, den Bürgerinitiativen und dem BUND Naturschutz Bayern, dass es für Ihn eine „unverständliche und unerträgliche Situation ist, dass am Standort Meitingen, insbesondere wegen fehlenden Flächen, Kreislaufwirtschaft nicht in dem Maße betrieben werden kann, wie es sinnvoll wäre und heute woanders auch schon praktiziert würde.“ Er verglich die Situation der Max Aicher Unternehmensgruppe in Meitingen „mit einem privaten Haushalt, der nicht genügend Platz hat die Pfandflaschen getrennt von anderen Abfällen zu sammeln und deswegen diesen Wertstoff nicht an Sammelstellen abgeben kann und damit nicht nur Geld in den Müll wirft, sondern auch gezwungen wird Ressourcen zu vernichten, denn jede weggeworfene Mehrwegverpackung muss durch eine neu produzierte Flasche aus neuen Rohstoffen ersetzt werden. Nichts Anderes passiert heute immer noch bei uns auf dem Stahlwerksgelände. Kostbare Reststoffe können nicht in einem ausreichenden Maß getrennt gesammelt und nach einer geeigneten Aufbereitung einer internen oder externen Wiederaufbereitung zugeführt werden, es fehlt schlicht der Platz dafür.“
Dadurch entsteht den Lech-Stahlwerken nicht nur ein ökonomischer Schaden. Vielmehr widerspricht diese „ökologische Unsinnigkeit“ auch den Zielsetzungen der Max Aicher Gruppe und unserer Verpflichtung zur Erhaltung der Lebensgrundlagen für künftige Generationen. Die Herausforderung unserer Zeit ist, dass nicht weiterhin Naturmaterialien abgebaut, aufbereitet und transportiert werden müssen, sondern die Nebenprodukte des Stahlwerks direkt ohne lange Transportwege vor Ort in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden können. Damit würden dann keine zusätzlichen hässlichen Löcher in der Landschaft durch Rohstoffabbau entstehen, Treibhausgase können aufgrund deutlich reduzierter Transportwege verringert und kostbarer Deponieraum für nachfolgende Generationen zur Ablagerung wirklicher Abfälle geschont werden.
Was muss in Zukunft geschehen?
Auf Bundesebene muss das überarbeitete Kreislaufwirtschaftsgesetz dafür sorgen, dass Sekundärrohstoffe, wie die Nebenprodukte aus der Stahlherstellung, bevorzugt in den Wertstoffkreislauf gebracht werden können, entweder als Ausgangsmaterial für neue Produkte oder direkt als Baustoff. Die seit über einem Jahrzehnt diskutierte sogenannte „Ersatzbaustoffverordnung“ muss jetzt schnell in einer Form verabschiedet werden, dass die von allen Seiten geforderte nachhaltige Kreislaufwirtschaft forciert wird. Seitens der Kommunalpolitik und seitens der Lech-Stahlwerke gilt es, das „Sondergebiet Lohwald“ für eine erweiterte Kreislaufwirtschaft und ein nachhaltiges Recycling zu erschließen.
Was kann von der Zukunft erwartet werden?
Wenn sich die gesetzlichen, politischen und lokalen Rahmenbedingungen in die richtige Richtung verändern, kann
- die Elektroofenschlacke („schwarze Schlacke“) auch in Bayern sicher und umweltschonend als Baustoff verwertet,
- die Pfannenofenschlacke („weiße Schlacke“) als z.B. Kalkersatz verwendet,
- der Walzzunder („schwarzes Eisenoxid“) als z.B. Farbpigment eingesetzt und
- gebrauchte Feuerfestmaterialien („weißer Dolomit“) als Ausgangsmaterial für neue Feuerfestprodukte wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden.
„Zeit zu Handeln – gelebte Kreislaufwirtschaft für mehr Klimaschutz“ ist damit nicht nur das Motto des diesjährigen sechsten Schlacken-Symposiums im Oktober in Meitingen, einer öffentlichen Vortragsveranstaltung zu der jeder kommen kann, der sich über diesen Themenkomplex informieren möchte, gelebte Kreislaufwirtschaft ist darüber hinaus auch schon immer eine zentrale Motivation im Tagesgeschäft der Lech-Stahlwerke GmbH und der Max Aicher Umwelt GmbH in Meitingen.
Fazit
Es ist Zeit zu handeln, denn eine verbesserte Kreislaufwirtschaft ist nicht nur gut für die Natur und den Klimaschutz. Sie kann auch dazu beitragen, dass der Stahlstandort Meitingen und alle daran hängenden Arbeitsplätze im Umfeld des Stahlwerks gesichert werden. Jeder Mensch braucht Stahl. Kreislaufwirtschaft kann uns allen helfen, diesen Stahl lokal bzw. regional zu erzeugen und dennoch die natürlichen Ressourcen zu schonen und für nachfolgende Generationen eine lebenswerte Welt zu erhalten.