Sternenkinder-Initiative Meitingen
Buchrezension „Ein Mann, der weint“, Autor: Mathias Jeschke
Buchrezension
Ein Mann, der weint
Autor: Mathias Jeschke
Illustratorin: Wiebke Oeser
Hardcover, 32 Seiten
1. Auflage 2011
Hinstorff Verlag GmbH, Rostock
14,95 EUR
Lesealter-Empfehlung: ab 4 J.
Inhalt: siehe Foto Buchrückseite
Passend zum verregneten Wetter heute eine Buchrezension zu den Themen:
Trauer, Weg-Schau-Gesellschaft und Männerklischees
Einerseits wäre es schön, wenn die Geschichte dieses Buches rein erfunden wäre, allerdings befürchte ich, dies ist schlichtweg auch so (oder so ähnlich) passiert und wiederholt sich so (oder so ähnlich) tagtäglich mehrmals auf dieser Welt. Ob diese Geschichte dem Autor selbst oder in seinem Bekanntenkreis passiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ein Junge entdeckt beim Einkaufsbummel mit seiner Mama einen weinenden, erwachsenen, fremden Mann. Der Mann versteckt seine Tränen nicht, ein paar der vorbeigehenden Leute schauen den weinenden Mann lediglich erstaunt an, andere bemerken ihn anscheinend oder absichtlich nicht. Alle sind irgendwie anders beschäftigt. Alle? Nein, der kleine Junge und ein Hund nicht. Der Hund kann den weinenden Mann naturgemäß nicht nach dem Grund seiner Tränen fragen, der Junge dafür schon. Leider ergibt sich daraus auch kein langer Dialog. Für mich ist der kleine Junge mit seiner mutigen Art, einen weinenden Fremden anzusprechen, ein großer Alltagsheld.
Die Eltern des Jungens sind offenbar beide selbst ziemlich sprachlos und Opfer ihres eigenen Klischee-Denkens. Aber wenigstens endet die Geschichte mit einer innigen Vater-Sohn-Umarmung und hoffentlich mit der Erkenntnis für den Jungen, dass auch Männer öffentlich Gefühle der Trauer zeigen dürfen und dass man eben nicht „als wäre nichts geschehen“ an einem weinenden Menschen vorbeigeht.
Die Illustrationen sind einfach und in angenehmen Farben gehalten, was mir sehr zusagt.
Mit dieser schön bebilderten Geschichte kann man mit kleinen Zuhörern gut ins Gespräch kommen. Es lädt zum gemeinsam Anschauen, Nachdenken und Diskutieren ein. Und sofern es bei den großen und kleinen Lesern (m/w/d) noch nicht verinnerlicht ist, könnte es zu neuen Erkenntnissen zu den Gesellschaftsthemen „Trauer-Weg-Schauen-Männerklischees“ führen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf dem Trauerweg nach Verlust eines lieben Menschen für Kinder wertvoll sein kann. Damit könnten sie bestärkt werden, dass es eben schon normal ist Gefühle zu zeigen (auch Männer weinen nunmal und das ist in Ordnung).
Der Autor Mathias Jeschke, geb. 1963, hat bereits mehrere Gedichtbände und Bilderbücher sowohl für Kinder als auch für Erwachsene veröffentlicht und hat dafür bereits mehrere Auszeichnungen erhalten (u.a. „Die besten 7“ von Deutschlandfunk und Focus). Ferner wurde er bzw. sein Werk „Konrad Kröterich und die Suche nach der allerschönsten Umarmung“ für den Dt. Jugendliteraturpreis nominiert.
Für dieses Buch gibt’s von mir 4 von 5 Sternen. Ein Stern Abzug dafür, dass mir irgendwie noch ein oder zwei Seiten gefehlt haben (Warum ist der Mann traurig? Warum ist die Mama des Jungens so kaltherzig und nimmt der Junge die Sprachlosigkeit seines Papas einfach so hin?). So bleibt einfach nur, in der Phantasie die Geschichte weiterzuweben und mit den kleinen Lesern (m/w/d) selbst Antworten auf die eigenen Fragen zu finden.
Kessler Nicole Kristin, Meitingen