Himmel!
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich frage meine neuen Schüler nach ihren Namen.
Auch die Anschrift des Vaters will ich wissen. Der sechsjährige Christian antwortet: “Im Himmel.” Ich, erst mal völlig perplex - ich stehe auf der Leitung: “Welche Hausnummer?” Christian zornig: “Mein Vater ist tot, und im Himmel gibt es keine Hausnummern.”
Christian hat recht.
Nur auf der Erde gibt es Nummern: Hausnummer, Kontonummer, Steuernummer, Identifikationsnummer, die ja da dieser Tag jeder Deutsche - jung oder - bekam. Jeder Tag hat seine Nummer, jeder Auftritt, der von mir erwartet wird. Und was ist, wenn mir einer mißlingt? Ich tröste mich: “Bisher ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!” Oder ich falle aus allen Wolken, weil alles ganz anders gelaufen, wie ich gedacht habe.
Oft finde ich in Sprichwörtern den Himmel.
Ich tanze in den siebten Himmel hinein. Der Himmel hängt voller Geigen. Mich hebt ein Erfolg in den Himmel. Klar wachsen Bäume nicht in den Himmel. Es stinkt zum Himmel, wenn ich das Blaue vom Himmel herunter erzähle.
Und dann mein Schüler Christian:
“Im Himmel gibt es keine Nummern.”
Dieser Satz ist kein gewöhnlicher Satz. Er ist ihm eingefallen. Doch trotzdem enthält er eine tiefe Wahrheit. Der Himmel ist anders. Im Himmel werde ich nicht zu einer Nummer gemacht, nicht kategorisiert, nicht abgestempelt, nicht abgeheftet, nicht abgeschrieben. Der Himmel hält uns anderes bereit. Im Lukasevangelium lesen wir:
“Freut Euch, dass Eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind.” (10,20) Unser Heiland Jesus Christus sagt uns das: “Nicht Nummern seid ihr, sondern Namen. Im Himmel seid ihr verzeichnet: In das Herz Gottes seid ihr eingeschrieben. Gott nimmt sich Euch ganz zu Herzen.”
Dort im Himmel sind wir alle gut aufgehoben - der tote Vater von Christian und wir alle, die Lebenden und die Toten.
Oder wie es Dietrich Bonhoeffer so schön sagt?
“Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag."
Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, eine behütete Zeit und einen gesegneten Sonntag: Machen Sie es gut!
Ihr Pfarrer Markus C. Maiwald aus Meitingen
Der Satz hätte auch von meinem Sohn sein können - das hätte er auch bestimmt gesagt.
Für meine Kinder freuts mich - dass sie lieb an ihren verstorbenen Vater denken können, aber einen lieben neuen Vater an ihre Seite haben. Jetzt ist mein jetziger Mann in vielen Fällen "ihr" Vater.