Wer später stirbt, ist länger arm
Landsberg Droht Bayern ein Rentenproblem war Thema eines Referats von David Schmitt, dem Gewerkschaftssekretär des DGB München. Vor zahlreichen Mitgliedern und Gästen im Restaurant Lago di Garda stellte Schmitt die Frage „Haben wir überhaupt ein Problem?“
Tatsache ist, dass die Armut und damit verbunden die Altersarmut in Bayern ständig wächst. Über 1,7 Mio. Menschen sind in Bayern arm oder von Armut bedroht. 21% der über 65-jährigen und 25% der Rentnerinnen und Rentner leben an der Armutsgrenze oder darunter.
Als Ursache der derzeitigen Entwicklung identifiziert Schmitt die Unordnung am Arbeitsmarkt. Niedriglöhne, atypische Beschäftigungsverhältnisse oder prekäre Beschäftigung, die gekennzeichnet ist mit einem nicht existenzsichernden Einkommen, im Weiteren verbunden mit fehlender Arbeitsplatzsicherheit oder Gesundheitsrisiken. An dieser Stelle zitiert Schmitt Klaus Dörre von der Universität Jena. „Als prekär kann ein Erwerbsverhältnis bezeichnet werden, wenn die Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit deutlich unter ein Einkommens-, Schutz-, und soziales Integrationsniveau sinken, das in der Gegenwartsgesellschaft als Standard definiert und anerkannt wird. Und prekär ist Erwerbsarbeit auch, sofern sie subjektiv mit Sinnesverlusten, Anerkennungsdefiziten und Planungsunsicherheit in einem Ausmaß verbunden ist, das gesellschaftliche Standards deutlich zu Ungunsten der Beschäftigten korrigiert.“
Es kann nicht hingenommen werden, dass heute nur noch 66% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Normalarbeitsverhältnis beschäftigt sind. Leiharbeit, Werkverträge, Befristungen und Scheinselbstständigkeit grassieren mehr denn je am Arbeitsmarkt. 1,3 Mio. Menschen sind zwar erwerbstätig, beziehen aber das sogenannte Arbeitslosengeld II, weil der Erstverdienst unterhalb der Grundsicherung liegt. Gleiches ist bei Rentnerinnen und Rentnern festzustellen. Die Zahl der Minijobs neben der Rente wächst in steigendem Maß.
David Schmitt richtet deutliche Signale an die Regierenden. Wir brauchen einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Das Rentenniveau muss stabilisiert werden und eine deutliche Erhöhung nach 2030 erfahren. Die aktuellen rentenpolitischen Reformen wie die Mütterrente oder eine leichte Verbesserung der Erwerbsminderungsrente sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und können die Talfahrt des Rentenniveaus nicht stoppen. Der Missbrauch der sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse ist einzudämmen. Wir brauchen normale Beschäftigung, die Kriterien beinhaltet wie Vollzeittätigkeit mit entsprechendem Einkommen, Integration in die sozialen Sicherungssysteme und unbefristete dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse.
Bereits während des Vortrages von David Schmitt prasselten Fragen und Diskussionsbeiträge auf den Redner herein. Mehrfach waren Pensionen von Beamtinnen und Beamten im Fokus der Kritik. Dass dabei in der Regel Lehrer und gehobene Beamte in Verwaltungen beispielhaft ins Visier geraten, hat ein Besucher relativiert. „Diese Klientel beträgt nur etwa 10% der Beamtenschaft und hat einen akademischen Abschluss, vergleichbar mit Juristen, Architekten usw. Der Rest z. B. bei Polizei, Feuerwehr oder Bahn ist in Laufbahnen des einfachen oder mittleren Dienstes beschäftigt und geht mit einer Pension in den Ruhestand, die gerade Mal den Lebensstandard sichert. Voraussetzung ist, dass er mindestens 35 Dienstjahre absolviert. Wir sollten Arbeitgeber nicht verteufeln, die ein soziales Gewissen an den Tag legen. Davon brauchen wir nicht weniger, sondern mehr“, war die Forderung des Gastes. Auch David Schmitt warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft und sieht derzeit keinen Handlungsbedarf Beschäftigungsverhältnisse gegeneinander auszuspielen. Vielmehr bedarf es dort vermehrter Korrekturen wo gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen missbraucht werden. Normale Arbeitsverhältnisse von denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt bestreiten können sind ein Garant, um Altersarmut zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden.
Kristine Dertinger, die DGB-Vorsitzende in Landsberg, freute sich über die regen Diskussionsbeiträge und bedankte sich bei David Schmitt und den Gästen für eine weit das Zeitlimit überschreitende emotionsgeladene Beteiligung.“
Wenn die Politik schon seit 2010 versagt, sind Gewerkschaften wichtiger denn je. Ja wir zahlen Beiträge damit die den Finger in die Wunde legen. Denn der Unternehmer zahlt ebenfalls Beiträge, um seine Klientel ins rechte politische Licht zu bringen.
Dass bei uns heute Arbeitsplätze Job heißen ist fatal. Was wir brauchen sind feste Arbeitsplätze mit ordentlicher Entlohnung, damit der Arbeitnehmer, vor allem junge, wieder planen kann. Unter planen ist auch zu verstehen, dass sich junge Menschen Immobilien anschaffen können, um der Altersarmut vorzubeugen.
Was wir auch brauchen sind mehr staatliche und kommunale Arbeitgeber, mehr staatlichen Wohnungsbau. Weitere Privatisierungen müssen gestoppt werden. In der Privatwirtschaft zählt nur das Prinzip des Wettbewerbs. Bedauerlicherweise wird Wettbewerb in der Regel auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen.
Bei der damaligen Deutschen Bundespost hatten 600.000 Beschäftige einen festen Arbeitsplatz. Es wurden Tariflöhne bezahlt, es gab keine Altersarmut und die Entlohnung erfolgte über Gebühren die vom Bundestag festgelegt wurden. Heute stellt die Postbank Konten gebührenfrei, wenn monatlich 3000 Euro eingehen. Also den Gutverdiener stellt man frei und der kleine Mann zahlt wieder einmal die Zeche.