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Nachgehakt

  • von links Jost Handtrack, Stefanie Peters, Stefanie von Valta, Dr. Albert Thurner
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Landsberg Vor einem Jahr hat sich der DGB Ortsverband Landsberg mit dem Thema Flucht und Asyl auseinandergesetzt. Wie kann Asylpolitik umgesetzt werden, war damals die Frage. Fast ein Jahr danach hat Kristine Dertinger, die Ortsvorsitzende des DGB Landsberg, nachgehakt. Gut ein halbes Hundert Besucher kamen ins Restaurant Lago di Garda, um das Podium über Verbesserungen oder gar Verschlechterungen zu befragen. Am Podium standen Rede und Antwort: der Bürgermeister von Vilgertshofen, Dr. Albert Thurner, Stadtrat Jost Handtrack, Stefanie Peters vom Bayerischen Roten Kreuz Landsberg und Stefanie von Valta vom Landratsamt Landsberg. Gekonnt wurde die Veranstaltung von Werner Lauff, Landsbergblog, moderiert.

Im Vergleich zur euphorischen Hilfsbereitschaft während des überfallartigen Zustroms von Asylbewerbern 2015 hat sich die Stimmung in der Bevölkerung negativ entwickelt. Weitgehend tragen die Schuld an der zunehmend ablehnenden Haltung, die bisher erfreulicherweise nicht auf den Landkreis überschwappte, Äußerungen führender Politiker in den Medien. Von 1434 Asylbewerbern wurden 624 im Landkreis anerkannt, die unterzubringen waren oder für die noch eine Bleibe gesucht wird. Einig war sich das Podium, dass zwischenzeitlich nicht die Unterbringung, sondern die Integration Priorität erlangte. Deutlich weniger Asylbewerber als 2015 sind heute aufzunehmen. Trotzdem sind die mit der Integration einhergehenden Aufgaben nicht ohne Ehrenamtliche, die ein konstruktiver Teil der Aufgabenträger sind, zu bewältigen, so Jost Handfrack.

Einen wesentlichen Raum hatte Kristine Dertinger den Ehrenamtlichen für Fragen und Diskussion eingeräumt. Den Kommunen werden Quoten zugewiesen. Danach passiert nichts mehr, war von einer Gemeinderätin aus Dießen zu hören. Ohne finanzielle Mittel des Staates stehen die Gemeinden mit dem Rücken an der Wand. Selbst Alltägliches wie ein Telefonanschluss oder der Internetzugang in einer Asylbewerberunterkunft sind nicht zu bewerkstelligen. Wenn es um die Finanzierung geht wird der „Schwarze Peter“ solange hin und her geschoben bis er an der Kommune hängen bleibt. In Diessen konnte nur durch die Beteiligung der AWO ein Integrationsbeauftragter eingestellt werden, obwohl die Mittel dafür im Haushaltsplan fehlten. Von anderer Seite war zu hören, dass im Zeitalter der Digitalisierung Informationsplattformen fehlen. Weder Ehrenamtliche noch Asylbewerber können sich z. B. darüber informieren, wo und zu welchen Terminen Sprachkurse stattfinden. Daran anknüpfend wurde kritisiert, dass nicht selten Gruppen von 20 Kursteilnehmern, die in der Regel nicht ortskundig sind, zu Veranstaltungsorten transportiert werden müssen. Die einfachere Lösung wäre Lehrkräfte zu entsenden. Im Übrigen seien die Vernetzung im Einzelnen, wie auch die der Organisationen, Behörden und Ehrenamtsträgerschaften seit der Trennung von Zuständigkeiten hin zum Landratsamt nicht optimal. Die Problematik ist den betroffenen Podiumsteilnehmern durchaus bekannt. Jede Organisationsänderung beansprucht Einarbeitungsphasen. Ebenso waren neue gesetzliche Vorgaben umzusetzen. Beides ist weitgehend erfolgversprechend abgeschlossen, so dass ein funktionierendes Netzwerk weiter ausgebaut werden kann, versicherten die Beteiligten. Mit einem spontanen Zwischenruf wurde das Fehlen des Landrates angesprochen, der dem Vernehmen nach bei derartigen Veranstaltungen durch Abwesenheit glänzen soll.

Eine gewisse Konsolidierung meinte Jost Handtrack feststellen zu können. Mit der Zuweisung von deutlich weniger Asylbewerbern konzentrieren sich die Bemühungen jetzt auf die Integration der anerkannten Flüchtlinge. Fragen zur Haftpflicht oder Krankenversicherung konnten geklärt werden. Das Hochbauamt Landsberg wurde 2015 mit zunächst 30 Bewerbern belegt und wird heuer mit bis zu 100 Asylbewerbern voll ausgelastet. Bedauerlicherweise wird von der Bayerischen Staatsregierung, dem Träger der Einrichtung, kein Arbeitsplatz für einen Integrationsberater bereitgestellt, wie dies bei kommunalen Massenunterkünften der Fall ist. Dezentrale Integrationskurse, z. B. in Schondorf sollen kommen. Insgesamt wurde bei der zentralen und dezentralen Unterbringung im Landkreis Hervorragendes geleistet.

Mit weiteren Zuweisungen ist 2016 nicht zu rechnen, doch die Integration der vorhandenen Asylanten wird eine lang anhaltende Aufgabe für unsere Gesellschaft werden. Rückblickend sieht Dr. Thurner, in Bezug auf seine kleine Gemeinde positive Entwicklungen auf denen man sich nicht ausruhen darf. Keine Aufgaben fielen weg. Vielmehr beginnt jetzt die eigentliche Integrationsarbeit mit Familienzusammenführung, weiterführender Sprachausbildung, Einschulung und Kindergarten für die Flüchtlingskinder, Ausbildungsplatz-, Arbeitsplatz- und Wohnungssuche. Dies sind die neuen Herausforderungen, die unsere Gesellschaft noch über Jahre hinweg stemmen muss. Das kann nur im Konsens mit der Bevölkerung erfolgen. Dazu brauchen wir ein Bundesministerium für Integration, das auch Mittel zur Verfügung hat, um die notwendigen Aufgaben zu finanzieren, war eine Forderung aus dem Podium an die Politik. Nicht nur die Politik und die Gesellschaft haben die Integration zu schultern, auch von den Kirchen ist ein kooperativer und finanzieller Beitrag zu fordern, konterte eine Besucherin.

Professionell führte Werner Lauff beide Seiten zu einem Konsens. Mit kritischen Anmerkungen und Vorschlägen, die die Podiumsmitglieder an ihren Arbeitsplatz mitnahmen und Verständnis auf Seiten der Ehrenamtlichen konnte das Meeting einen vollen Erfolg verbuchen. Kristine Dertinger freute sich über den ungewöhnlich hohen Zuspruch der Landsberger Bürger und aus den umliegenden Gemeinden. Sie bedankte sich bei den Podiumsteilnehmern und den Gästen im Saal mit der Ankündigung in einem Jahr bestimmt noch einmal nachzuhaken.

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