Expertin fordert Investitionen in den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen
Das „Bündnis für Familie“ Landsberg thematisierte mit einer Veranstaltung die Wichtigkeit von Haushaltsnahen Dienstleistungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Region Landsberg. Im gut besetzten Vortragssaal der Sparkasse stellte die Professorin des Institutes für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen und Leiterin des Kompetenzzentrums Haushaltsnahe Dienstleistungen im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, ihre Forschungsergebnisse vor.
Der Vortrag „Wirtschaftliche Impulse durch ein strukturiertes Angebot an hauswirtschaftlichen Dienstleistungen“ veranschaulichte dabei ihre Erkenntnisse und zeigte auf, wie unsere europäischen Nachbarn mit dieser Thematik umgehen. „Wer über Erwerbsarbeit spricht“, so die Expertin, „darf über Hausarbeit nicht schweigen“. Nach wie vor leisten Frauen den Löwenanteil an unbezahlter Arbeit und bezahlen dabei selbst versorgungstechnisch einen hohen Preis. Unter unbezahlte Arbeit fallen hauswirtschaftliche Tätigkeiten (76 Prozent), Pflege (11 Prozent), handwerklichen Tätigkeiten (9 Prozent) und ehrenamtliche Arbeit (4 Prozent).
Die Professorin bezeichnete den gesellschaftlichen „Ist-Zustand“ weder als zukunfts- noch als wettbewerbsfähig, denn auf die Potenziale der gut ausgebildeten Frauen kann die Wirtschaft nicht verzichten. Gleichzeitig wachse die Bürde für den Steuerzahler durch weibliche Sozialleistungsempfänger, die aus eigenen Mitteln (Verdienst oder Rente) ihre Existenz nicht sichern können.
Den Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft empfahl Uta Meier-Gräwe, sich endgültig vom Rollenbild der nicht-erwerbstätigen Hausfrau und Mutter zu verabschieden. Wichtig hierfür sei, neben dem Ausbau und der Qualität der Betreuungseinrichtungen für Kinder und ältere Menschen eine Entlastung durch haushaltsnahe Dienstleistungen. „Länder, die auf den massiven Ausbau von professionellen, alltagsunterstützenden Diensten gesetzt haben, verzeichnen deutliche Fortschritte bei der Gleichstellung, eigenständiger Existenzsicherung, aber auch beim Gesundheitszustand älterer Menschen,“ sagte sie.
Bisher wurden die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen verschenkt. Dieser Markt sei „prekär, schwarz-grau-meliert“, so die Expertin. Damit einhergehen fehlende Qualitätsstandards, sowie eine Geringschätzung dieser Tätigkeiten. Um dies zu ändern regte sie eine staatliche Förderung von haushaltsnahen Dienstleistungen an. Ihre Vision: Ausgabe von Gutscheinen für haushaltsnahe Dienstleistungen an Haushalte von Wiedereinsteigerinnen und Alleinerziehende, aber auch an ältere und pflegebedürftige Personen.
Die Verlagerung dieser Dienstleistungen aus der Schattenwirtschaft in die formelle Wirtschaft könnte auch dazu beitragen, dass kleinere Unternehmen entstehen. Rund 2 Mrd. des ab 2016 vom Bund geplanten Investitionsprogramms von 10 Mrd. als Markteinführungshilfen für haushaltsnahe Dienstleistungen hält die Expertin für geeignet, um diese notwendige Entwicklung anzuschieben.