Schwache NeuRose in Augsburg
"Ich bin anders" waren die ersten Töne von Rose Neu in der Sylvestervorstellung der Kresslesmühle. In der Tat: viel Gesang, französische Chansons, eine Gitarre, der ständig der Adapter für die Soundanlage verloren ging und ihre Babette, eine Harmonika, die ebenfalls den Kontakt zum Verstärker nicht herstellte. Derweilen Hände- und Kopfschütteln der Protagonistin, wenn zur fehlerhaften Technik auch noch Versprecher hinzukamen. Eine der schwächsten Interpreten, die der Kritiker seit 20 Jahren in der Kresslesmühle erlebte. In der Pause und nach Ende der Darbietung war von Besuchern zu hören: sie hatte starke und schwache Momente, die schwachen überwiegten. Darüber konnte auch ein dreimaliger Vorhang am Ende der Vorstellung nicht hinwegtäuschen.
Die Mühle - die Kabarettbühne, wie über dem Eingang zu lesen ist - ist ein Kulturzentrum, das im Bereich der Kleinkunst und des Kabaretts zu den Topadressen in Deutschland zählt. Die Creme de la Creme deutscher Kabarettisten, die üblicherweise nur aus Funk und TV bekannt sind, waren in Zeiten in denen die Mühle von Hansi Ruile geleitet wurde hautnah und live zu erleben. Dass die Mühle politische Schlagzeilen macht, zu denen seit einiger Zeit auch noch die Diskussion um die Geschäftsführung kommt, hinderte Besucher nicht das Haus an Sylvester bis auf den letzten Platz zu belegen.
Viel war über eine Neuorientierung zu lesen. Nur wollen das die Besucher? Sicherlich diejenigen nicht, die sich an Top-Kabarettisten orientieren. Allein die Qualität der Interpreten füllt die Ränge. Längst wurde Städten wie München, Düsseldorf oder Berlin der Rang abgelaufen. Von einer angekündigten Neuorientierung des Hauses war nichts zu bemerken. Wenn die Vergabe des Vorverkauf an eine Agentur als einzige Neuorientierung erkennbar ist, hat die Mühle damit Urbanität durch das persönliche Gespräch mit dem Management eingebüßt. Für den kabarettbegeisterten Besucher zählen weder politische noch administrative Vorgaben. Er kommt, um exklusives Kabarett hautnah zu erleben.