Freie Lesung beim Landsberger Autorenkreis im Januar 2008
Den Lesereigen begann Juan Molina mit einer bewegenden Erzählung von einer Frau, die nach schweren Schicksalsschlägen versucht, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben (gelesen von Ute Molina). Ein selten gehörtes Genre, nämlich die Kinderliteratur, vertrat Renate Exsz. Sie erzählte, untermalt von hübschen Illustrationen, wie Fritzi, die kleine Würfelschnecke, einen neuen Freund findet. Gertraud Regele schilderte einen aufregenden Zeitabschnitt aus ihrem Leben: Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, und wie sie dieses Geschehen als junges Mädchen in Pasing erlebte. Hans Schütz, aus Peiting angereist, brachte eine Sammlung von meisterhaften Gedichten mit, während dreier verregneter Urlaubswochen in Island entstanden. Für eine Überraschung sorgte Helmut Glatz, der sein gerade erschienenes Buch „Kenne Sie Nathalie Rülps“ vorstellte und einige heiter-satirische Gedichte daraus vortrug. Hannes Kothe-Opperau hatte als Einziger keinen eigenen Text mitgebracht, sondern zeigte an Hand einer „Kürzestgeschichte“ von Hansjürgen Bulkowski, wie eine beispielhafte Textinterpretation aussehen könnte. Fantastisch und gruselig wurde es beim Vortrag des Buchloers Boris Schneider, einem Vertreter der Fantasy-Literatur, der in bilderreicher, anschaulicher Sprache die Gefühle eines Autofahrers schilderte, auf dessen Rücksitz sich ein grässlicher Lindwurm räkelte. Corinne Haberl gab einige ihrer haarsträubenden Nonsens-Gedichte zum Besten, und auch Joachim Giebelhausen hatte sich dem Nonsens verschrieben. Besonderes Vergnügen bereitete die Geschichte vom historischen Kutscherstreik, dem sowohl Goethes Italienreise als auch Mozarts Reise nach Prag zum Opfer fielen. Thomas Glatz philosophierte darüber, warum eine Zahnpastatube nicht aufgeht, wenn man unausgeschlafen ist, und welche poetisch-hintergründigen Folgen das haben kann. Zum Abschluss wurde es wieder ernst: Roland Greißl hatte in seinen Text über die Probleme unvollständiger Familien eine gehörige Portion Kritik gemischt. „Kinder mögen Patchworkarbeiten lieben, Patchworkfamilien lieben sie nicht“, sagte er und regte damit eine lebhafte Diskussion an.
Es war ein langer, aber nie langweiliger Abend, der zeigte, dass auch in der Provinz, im „Windschatten er Großstädte“, eine sehr lebendige Literaturszene existieren kann.