Wie Fahrrad fahren....
In den 70er Jahren lernte ich - unter anderem- das Fahrradfahren und das Nähen auf der Nähmaschine.
Weder brauchte ich einen Hilfsmotor für das Radel - noch einen Stromanschluss für die Nähmaschine.
Nicht?
Nein!
Damals lernte noch fast die ganze Klasse auf Tretnähmaschinen. Wir lernten erst einmal Kurven auf ein Papier nähen und das Gefühl für den richtigen Schwung - damit nicht die Fäden im Innern der Maschine einen Purzelbaum schlugen.
Noch eines lernte ich... die damals hochmodernen elektrischen Nähmaschinen waren beileibe nicht weniger störanfällig, als die guten alten Antiquitäten.
Dieses Bild verfestigte sich, als es damals zu meinen Aufgaben gehörte, die Familienwäsche zu flicken - die ach so tolle Sonderstich- und Musternähmaschine beherrschte die Knotenbildung im Unterstübchen in wahrer Vollendung.
Mich traf halb der Schlag, als mein Mann mir stolz zur Hochzeit eine Nähmaschine der gleichen Firma schenkte. Wenig verwundert war ich über die revolutionierte Knotentechnik. Ohne den heimischen Ingenieur im Haus setzte ich mich erst gar nicht an die Nähmaschine.
Warum eigentlich habe ich Kinder, die in der Zeit, wo andere "nur" Flecken auf die Kleidung zaubern, ganze Risse produzieren?!
Zuletzt platzte mir der Kragen - und den konnte ich nicht flicken...
So kaufte ich bei ebay eine Tret- Nähmaschine für 1 €
Leider fehlte ihr ein elementar wichtiges Teil.
So kaufte ich eine zweite für 1 € und eine dritte hüpfte von allein ins Auto ( steht eh nur rum!).
Es hat sich einiges verändert! Es dauerte Stunden, bis wir uns entschieden hatten - wird die Tisch oder die Schranktretnähmaschine wieder instand gesetzt? Der hauseigene Ingenieur benötigte Stunden und zeigte diesen seltsamen Gesichtsausdruck, den ich über Jahre beim Nähen hatte - pure Verzweiflung! Die Gebrauchsanleitung von damals liest sich heute genauso exotisch wie eine heutige aus China. Was mögen die Altvorderen nur gemeint haben?!
Doch mittlerweile gibt es ein happy end!
Die Hausfrau lässt die Nadel fröhlich über den Stoff rasen und das Kind sieht mit grossen Augen das museumsreife Maschinchen rattern. Der Ingenieur nennt mittlerweile jede Schraube beim Vornamen und zwei ungenutzte Nähtische stehen im Keller - denn... wir entschieden uns für das Schrankmodell.
Es ist eigentlich wie Fahrrad fahren - man verlernt es nicht!
Die gute alte Tretnähmaschine von Pfaff oder Singer aus längst vergangenen Tagen....eine Rarität die auch noch bei mir von meiner Großmutter da steht und ich es nicht fertig bringe sie einfach rauszuschmeißen.
Ja, wir haben es wohl verlernt aus den kleinen unscheinbar einfachen Dingen unserer Vorfahren zurecht zukommen.
Wenn ich an meinen ersten VW 1600 Lim. denke. Für den verrosteten Kotflügel wurde gleich ein neuwertiger mitgeliefert. Man ging ans Werk und schraubte den alten weg und den neuen wieder hin.
Andere Teile holte man sich vom Schrottplatz, denn man konnte an den Autos ja wirklich noch basteln, selbst die Bremsbeläge und -scheiben wechselte man selber, vom Ölwechsel ganz zuschweigen.
Die Technologie ermöglicht es jetzt wegen jeder Kleinigkeit die Werkstatt aufzusuchen, denn es fehlt schon mal das passende Werkzeug dafür. Scheinwerferglas ersetzten war gestern, heute wird das komlette Element ausgetauscht,
Reperaturen waren gestern,
heute werden nur noch ganze Segmente, Platinen, ect. getauscht und wird auch nicht billiger, oft ist es das Gegenteil.
Wie immer und überall im Leben, Auto oder Schreibmaschine, Nähmaschine oder Cassettenrecorder, Tonbandgerät,
alles hat seine Vor und - nachteile, gute und schlechte Seiten.....
Gruß
Luis