R1
R1
R1 – Europa-Radweg – wie stolz das klingt! Seit einiger Zeit hat man ihn bei uns entdeckt obwohl er doch schon seit vielen Jahren mitten durch unsere Gemeinden Kreiensen und Bad Gandersheim führt.
R1, Europa-Radweg, 3.500 km von Boulogne-sur-Mer bis St. Petersburg über Brügge, Den Haag, Arnheim, Münster, Höxter, Wittenberg, Potsdam, Berlin, Kostrzyn, Pita, Bydgoszez, Elblag, Kaliningrad, Klaipeda, Riga, Tustu, Narva bis eben St. Petersburg. Wer fährt schon den ganzen Europa-Radweg ab? Kaum einer.
Dem Radfahrer zeigt dieser Radweg R1 selbst auf relativ kurzen Teilabschnitten ein sehr unterschiedliches Bild: von Einbeck kommend ein Stück Landstraße, dann, neu gebaut, ein Stück gut befahrbarer ebener Radweg am Rand der Landstraße, ab der Leinebrücke dann Feldweg, dann, wieder relativ neu gebaut, Radweg am Rand einer gut befahrenen Bundesstraße, ab Orxhausen wieder Feldweg, mit und ohne Asphalt, Ortsdurchfahrt Bad Gandersheim, Landstraße mit Steigungen nach Wolperode, dann wieder Feldweg an Seesen vorbei über den Hexenradweg nach Langelsheim usw.
R1 – ein Radweg mit vielen Gesichtern, sprich Fahrbahnoberflächen und Steigungen. Bei weitem nicht so befahren wie die die Flüsse begleitenden Radwege an Weser und Elbe, die für meinen Geschmack schon viel zu befahren sind. R1 hingegen, wann immer und wo immer bis zur Oder ich ihn nutzte, lag stets einsam vor mir. Und das ist sein Reiz aber zugleich auch sein Problem, denn wo kein Radler lohnt auch keine Werbung.
Der Radfahrer, der eine längere Tour plant, rechnet mit Tagesetappen von 50 bis 150 km, je nach eigener Kondition, zu erwartenden Steigungen und Wetter. Und daraus ergibt sich, wie vorausschauend eine Werbung am Wegesrand sein muss, soll sie tatsächlich vom durchfahrenden Radwanderer wahrgenommen und genutzt werden. An der Leinebrücke, dem Beginn des eben fertiggewordenen neuen Teilstückes könnte der Hinweis stehen, auf die Greener Burg, den Bahnhof (mit seinen möglichen Fahrtrichtungen!), die (leider öfter mal notwendige) nächste Fahrradwerkstatt (Einbeck, Seesen). Hinweise auf Lokale sollten immer die genaue Entfernung und vor allem die Öffnungszeiten angeben. Wer öfter mal einer irreführenden Wegweisung folgte oder vor verschlossener Tür stand, der folgt keinem solchen Hinweis mehr, er geht als zahlender Gast verloren.
Bei einer meiner Wanderungen durch den Schwarzwald erzählte mir der Wirt zu vorgerückter Stunde, dass die Wirte dort mit erheblichen Beträgen zur Wegemarkierung herangezogen würden, wer nicht oder nicht genügend zahlt, würde durch eine Wegverlegung an seinem Lokal vorbei auf Dauer und recht nachhaltig bestraft – und so manche mir bis dahin unverständliche Wegbiegung bekam plötzlich einen ganz eigenen Sinn.
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen