Bankbetrug, Teil 8, Exkurs – Effektivzins
Sowohl bei der Kapitalanlage als mehr noch bei Krediten wird Ihnen auf die Frage nach dem Effektivzins(satz) eine Zahl an den Kopf geworfen. Fragen Sie weiter, was denn da alles hinein gerechnet wurde, gibt es die schon recht unfreundliche Antwort: alles – Genaueres weiß ihr Gesprächspartner ohnehin nicht.
Bei der Effektivzinsberechnung geht es um zwei Fragen:
a) was wird in die Rechnung einbezogen?
b) wie wird gerechnet?
Für einen Bau wird die Finanzierung zusammen gestellt. Die Bausparkasse will ihr Baudarlehen möglichst zinsgünstig erscheinen lassen. Sie rechnet nach Vorschrift in ihren Effektivzins ein:
den Nominalzinssatz
die Kontoführungsgebühr
die Darlehensauszahlungsgebühr
die Tatsache, dass monatliche Zahlungen zu leisten sind, aber nur quartalsweise die Tilgung abgeschrieben wird.
Und dies rechnet die Bausparkasse nicht mit:
die geforderte Risikoversicherung
die Kosten der Grundbucheintragung am Anfang
die Kosten der Grundbuchlöschung am Ende.
Aber auch das sind Kosten des Darlehens und die fallen nicht an, wenn eine andere Finanzierung ohne diese Kostenteile gewählt wird. Der Kreditnehmer kann also alternative Darlehen über den genannten Effektivzins nicht eindeutig vergleichen.
Dann die Art der Berechnung. Der Kredit mag über 7 Jahre 8 Monate laufen. Dann wird der unterjährige Teil nach der einfachen Zinsrechnung gerechnet, die vollen Jahre aber mit Zinseszinsen. Schlimmer noch, um etwa bei monatlicher Zahlweise auf einen Jahresbetrag zu kommen, wird innerhalb des Jahres mit einfachen Zinsen ein Jahresbetrag ermittelt, mit dem dann mit Zinseszinsrechnung weiter gearbeitet wird.
Aber es geht ja auch anders und vor allem richtiger. Wenn schon monatlich gezahlt wird, warum dann nicht auch eine auf den Monat bezogene Zinseszinsrechnung machen. Tut man das, kommt man vom Nominalzinssatz, der ein Jahreszinssatz ist, für die Rechnung zu einen „konformen Zinssatz“, der je nachdem ein Halbjahreszinssatz, Quartalszinssatz, Monatszinssatz oder auch Tageszinssatz sein kann, und der am Ende der Rechnung wieder für die Vergleichbarkeit in einen jetzt Effektivzinssatz, aber auf das Jahr bezogen, umgerechnet werden muss.
Der Aufzinsungsfaktor für 5 Prozent Nominal-Jahres-Zinssatz ist 1,05 (= 1 + Zinssatz/100). Der zugehörige Halbjahreszinssatz ist nicht einfach 1,025 sondern 1,02469507659 (= Quadratwurzel = 2. Wurzel aus 1,05). Und der Quartalszinssatz ist nicht einfach 1,0125 sondern 1,01227223442 (= 4. Wurzel aus 1,05). Diese scheinbar kleinen Unterschiede machen aber schon im Ergebnis was aus.
Der Effektivzins dient dem Vergleich. Man will ja das Angebot A mit dem Angebot B vergleichen. Die Versicherungsmathematiker stehen ständig vor diesem Problem, sie müssen immer die Leistungen des Versicherers mit denen des Versicherungsnehmers vergleichen, diese beiden Werte sollten immer gleich sein. Um diesen Vergleich herstellen zu können, berechnen sie die „Barwerte“ der jeweiligen Leistungen. Genau wie die Versicherungsmathematiker es tun, muss man es auch bei der Effektivzinsberechnung für Anlagen oder Kredite machen: es müssen die jeweiligen Barwerte errechnet werden, die dann im Vergleich das bessere Angebot zeigen.
Wenn die Zahlungstermine und die Zahlbetragshöhen vom Zahlenden verändert werden können – Kreditsondertilgungen oder zusätzliche Sparleistungen – dann verändern sich die Effektivzinsen mitunter erheblich. Wer derartiges vorhat, kommt mit den Standardangaben des Anbieters ohnehin nicht weit.
Also immer selber rechnen – ein Tabellenkalkulationsprogramm hilft dabei, aber es macht es nicht allein.
06.10.2010
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen