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Gemeinwohl kontra Eigennutz

Was darf ein Stadtrat in Bad Gandersheim?

Gemeinwohl kontra Eigennutz

Am 01.09.2009 stand im GK ein Leserbrief, der einem Herrn offenbar nicht gefiel. Am 04.09.2009 konnte man im GK eine Randnotiz lesen: der Herr will die Meinungsäußerung in (jenem) Leserbrief „juristisch“ prüfen lassen.
Schon in der Grundschule lernte ich, dass meine Heimatstadt keinen richtigen Bahnanschluss hat, weil seinerzeit vor über hundert Jahren sich die Gemeindeoberen (heute: Stadtrat) gegen die Bahn mit Bahnhof im Ort ausgesprochen hatten. Die damals mächtige Fuhrwerkezunft (mit Pferdewagen) hat es so gewollt – aus Eigennutz, Egoismus und Gewinnsucht, wie ich seinerzeit lernte – oder vielleicht doch aus sozialer Verantwortung für ihre Fuhrknechte (heute: Arbeiter, Angestellte), damit diese nicht ihre Arbeitsplätze verlieren? Egal, die Bahn wurde acht Kilometer an der Stadt vorbei gebaut, das Fuhrgewerbe mit Pferdewagen ist trotzdem untergegangen und die Stadt ist vom modernen Verkehr abgeschnitten – bis heute und zu ihrem bleibenden Nachteil.
Ungefähr die gleiche Geschichte und aus dem gleichen Grund ist hier mit Einbeck passiert, auch da wurde die Bahn an Einbeck vorbei gebaut – auch zum dauernden Nachteil der Stadt. In Sebexen wurde erst vor einigen Jahrzehnten im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße eine Umgehungsstraße angeboten. Nein, schrien die Gemeindeoberen, dann kommt ja niemand mehr in unser Dorf – jedenfalls so war es vor ein paar Jahren im GK zu lesen. Den Rest dieser Geschichte kennen wir alle.
Diese Liste der Entscheidungen der für ein Gemeinwesen Verantwortlichen, stets zu Lasten, zum Nachteil eben dieses Gemeinwesens und – wohl immer – zum direkten oder indirekten Vorteil der Entscheidenden, lässt sich beliebig lange und durch alle Zeiten fortsetzen. Bleiben einige Fragen:
Haften unsere Gemeindeoberen (zum Beispiel Räte) für ihre Entscheidungen? Nein! Wenn ihnen nicht gerade eine strafbare Handlung nachgewiesen wird, dann nicht. Auf alle Fälle haften sie nicht für ihre Unwissenheit, Dummheit, falsche Wertungen. Aber die Frage ist ja auch eigentlich: darf der Rat, ein Ratsherr, alles tun, was nicht direkt unter Strafandrohung verboten ist, darf er, sollte er, muss er? Die Gefahr eines solchen gerade noch nicht strafbaren aber trotzdem unsauberen Tuns wird begünstigt durch die (gesetzliche) Nichtöffentlichkeit des Verwaltungsausschusses – dies ist der einzige Ausschuss im Rat, den das Gesetz direkt vorschreibt – oder den ausdrückliche Ausschluss der Öffentlichkeit im Einzelfall. Ganz abgesehen davon, dass gerade besonders schwierige (oder delikate) Fälle außerhalb aller formalen Rats- und Ausschusssitzungen vorbereitet und entschieden werden – die öffentliche Sitzung ist dann nur noch das Theater für den Bürger und die Presse.
Mit dem (Straf-)Recht, das uns doch sonst, jedenfalls nach Meinung der Juristen, so wundervoll durchs Leben geleitet, ist hier nicht viel anzufangen, jedenfalls so lange es noch nicht Mode ist, den Veruntreuungsparagraphen auch auf Taten im Öffentlichen Dienst anzuwenden.
Bleibt also die andere Frage: Was darf, was soll oder was soll nicht ein Ratsherr tun? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: er soll Privat und Dienst fein säuberlich trennen! Tue nichts, weil es dir persönliche Vorteile bringt auch dann nicht, wenn du es nach außen als allein dem Wohl der Gemeinde dienend darstellen kannst. Du darfst Unternehmer werden und mit viel Gewinn für andere Gemeinden Gemeindeaufgaben übernehmen – aber nicht in der Gemeinde, in der du Ratsherr bist!
Und zu dem so zwar nicht vom (Straf-)Recht wohl aber vom Anstand her Verbotenem gehören nun einmal alle Geschäfte mit der Gemeinde, in deren Rat man gerade sitzt. Und hier geht es nicht nur um das Tun des Täters, auch die, die ihm im Rat, als Fraktion oder sonst wie, dabei helfen, sind Mittäter.
Versuche niemand, zweifelhafte Machenschaften zu beschönigen, zu bagatellisieren! Die Öffentlichkeit, die örtliche Presse, die Bürger werden um so aufmerksamer darüber wachen und berichten. Versuche keiner, die gedruckten Medien in ihrer freien Meinungsäußerung zu unterdrücken, denn vor der Tür lauert schon das Internet – und das zu unterdrücken haben schon weitaus stärkere, ja ganze Staaten, vergeblich versucht.

Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

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