Kein Ritt auf der Rasierklinge
Die Eishockeysaison 2020/2021 wird wohl allen Beteiligten noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Nach dem vorzeitigen Ende der letzten Spielzeit ist noch längst nicht klar, ob und wann die neue Saison starten wird. Die Vereine der Bayernliga verfolgen aktuell verschiedene Strategien, um die Zukunft der jeweiligen Standorte zu gewährleisten. Königsbrunns frisch gewählter Vorstand Tim Bertele hat eine genaue Vorstellung, wie der EHC die Corona-Krise und deren Auswirkung auf den Mannschaftssport meistern soll. In einem aktuellen Interview stand er nun Rede und Antwort:
Herr Bertele, ist ihr Kader bereit für eine weitere Saison in der Bayernliga?
Unsere Vorbereitung verlief bislang hervorragend. Die Mannschaft trainierte im Sommer über 3 Monate lang unter Anleitung von Athletik-Coach Chris Däubler mit einer Trainingsbeteiligung von rund 90%. Seit dem 13.8. steht die Mannschaft 2-3x wöchentlich in Augsburg und Kaufbeuren auf dem Eis. Vergangene Woche hatten wir bereits erste Test-Spiele gegen die DNL-Mannschaften aus Augsburg und Kaufbeuren.
Der Saisonstart steht noch in den Sternen und Sie trainieren bereits seit dem 13.8. auf dem Eis?
Ja richtig, natürlich sind auswärtige Eiszeiten teuer und die Spieler verbrauchen in diesen Trainings einiges an Material und Schlägern. Allerdings beträgt das Durchschnittsalter unserer Jungs 22 Jahre. Da haben wir auch einen sozialen Auftrag die Spieler auf´s Eis zu bringen und weiter zu fördern.
Gibt es schon Neuigkeiten, wann die Saison startet?
Wir halten in der Bayernliga immer noch am Saisonstart 2.10. mit dem Heimspiel gegen den ERSC Amberg fest. Wie auch die anderen Vereine warten wir noch auf Signale aus der Politik, den Ligenspielbetrieb starten zu dürfen. Zudem hoffen wir darauf, dass eine geringe Zahl an Zuschauern wieder ins Stadion darf. Am 9.9. gibt es ein Treffen aller Bayernligisten, bei dem vermutlich entschieden wird, wann und ob mit oder Zuschauer gespielt wird.
Sie sprechen es ja gerade an, würde der EHC im schlimmsten Fall auch ohne Zuschauer starten?
Ganz klar ja. Wie bereits angesprochen haben wir eine äußerst junge Truppe. Da wäre es in deren Entwicklung fatal jetzt eine halbe oder ganze Saison nicht zu spielen. Das wirft die Entwicklung eines Spielers massiv zurück, was einen immensen Schaden im gesamten Eishockey anrichten würde. In einer Amateur-Liga wie unserer sollte es möglich sein auch ohne Zuschauer zu spielen. Einer muss ja den Anfang machen, dafür halte ich die Bayernliga als geeignet.
Kann der EHC denn eine Saison ohne Zuschauer wirtschaftlich überleben?
Wir haben eine Vielzahl von Sponsoren, welche uns auch in dieser schwierigen Zeit unterstützen und das Eishockey als Ganzes sehen. Dafür bin ich sehr dankbar. Dazu haben wir uns bereits zu Beginn der Corona-Krise Anfang März sicherheitshalber von allen teuren Spielern getrennt um für eine Saison mit wenigen Zuschauern gerüstet zu sein. Ich kann daher auch nicht verstehen, wie andere Vereine mitten in unklaren Zeiten munter drauf los verpflichten als sei nichts passiert und sich nun wundern, wenn deren Kalkulationen hinten und vorne nicht aufgehen. Solch einen Ritt auf Rasierklinge haben wir nicht mitgemacht. Dabei wäre es in dieser Saison so einfach kostengünstig zu spielen, wenn man dem eigenen Nachwuchs und jungen Spielern die Chance gibt.
Sie haben bereits über 150 Dauerkarten verkauft, obwohl unklar ist, ob die Saison stattfindet. Was erklären Sie den Dauerkarteninhabern, sollte die Bayernliga ohne Zuschauer beginnen?
Wir haben den Verkauf bewusst gestartet, da es erstens eine noch nie da gewesene Nachfrage gab und zweitens die Abwicklung und Verarbeitung bereits jetzt stattfinden kann. Sie müssen sich vorstellen, dass die 150 Karten komplett mit allen Kontaktdaten registriert, verarbeitet und jeder Karte ein fester Sitzplatz zugeordnet werden muss. Falls dann kurzfristig Zuschauer zugelassen würden, wäre dies alles in so kurzer Zeit von unserem Team nicht zu stemmen. Sollte die Saison später oder gar nicht stattfinden erhalten alle Dauerkartenerwerber natürlich auch eine angemessene Entschädigung.
Mit wie vielen Zuschauern kalkulieren sie, sollte die Politik grünes Licht geben?
Wir haben das Glück in unserem Stadion ausschließlich Sitzplätze zu haben. Daher ist es gut möglich eine Rückverfolgung zu gewährleisten. Dennoch werden unter Einhaltung der Mindestabstände kaum mehr wie 200 Zuschauer Platz haben. Das ist aber auch erst mal so in Ordnung, da wir die Abläufe gemäß dem Hygiene-Konzepts langsam lernen müssen. So gerät auch erstmal nichts außer Kontrolle und alles läuft geregelt ab.
Erhalten Sie in dieser schwierigen Zeit auch Unterstützung seitens der Stadt Königsbrunn?
Auf jeden Fall. Die Verwaltungsbehörde BVE unter der Leitung von Maximilian Semmlinger bemüht sich sehr und unterstützt uns bei der Erstellung eines entsprechenden Hygiene-Konzepts. Sollten wir tatsächlich mit Geisterspielen starten, würden wir uns natürlich über ein Entgegenkommen der Stadt bei den Kosten für die Eiszeiten und Kabinen-Mieten wünschen. Hierzu werden wir sicherlich zu gegebener Zeit auf die Stadt zugehen.
Einige Vereine wollen ja die Spiele per kostenpflichtigem Stream anbieten, wird auch der EHC Königsbrunn diesen Weg gehen?
Ja wir diskutieren intern bereits Möglichkeiten und planen erste Test-Läufe in unseren Vorbereitungsspielen. Zum Saison-Start ist eine salonfähige Lösung angestrebt. Wir wollen in jedem Fall erreichen, dass auch jeder in der kommenden Saison EHC-Eishockey sehen kann. Auch wenn es dann eben nur auf dem Sofa der Fall ist.
Wie schätzen Sie die Stärke ihrer Mannschaft in dieser Spielzeit ein?
Wir haben aus den oben genannten Gründen eine äußerst junge und talentierte Truppe zusammengestellt, welcher man aber auch Zeit geben muss. Diese Möglichkeit zur Entwicklung möchten und müssen wir den Spielern geben, wollen aber natürlich auch nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Wir sind derzeit noch auf der Suche nach 1-2 Kontingent-Spielern, welche dann den Unterschied ausmachen sollen.
Vielen Dank für ihre Antworten!
Schon am Sonntag kommt es zu einem ersten Kräftemessen mit der Ligakonkurrenz. Ab 18 Uhr ist dann der TEV Miesbach zu Gast in der Königsbrunner Eisarena. Die Oberbayern sind hochkarätig mit erfahrenen Akteuren besetzt und ein klarer Anwärter auf den Meistertitel. Zuschauer sind für diese Begegnung nicht zugelassen.