Selbst erfahren, was Behinderung bedeutet
Eine für Rollifahrer zu schmale Toilettentür, ein unerreichbarer Wasserhahn, Essen, das zu heiß und schnell verabreicht wird oder eine hektische Rollifahrt –bei Menschen mit Behinderungen können solche Situationen für Angst und Hilflosigkeit sorgen.
Assistenz notwendig
Um das Bewusstsein der Praktikanten, Zivildienstleistenden und Teilnehmern am Freiwilligen Sozialen Jahr für die Bedürfnisse der Betreuten im Fritz-Felsenstein-Haus zu schärfen und so die Qualität der Hilfeleistungen zu verbessern, fand kürzlich ein Selbsterfahrungskurs statt. „Die jungen Leute erbringen bei der Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen wertvolle Arbeit. Ohne ihre Unterstützung könnten wir unsere Aufgaben kaum bewältigen“, so Sylvia Reichart, Leiterin der Heilpädagogischen Tagesstätte am FFH. Viele von ihnen treten im Königsbrunner Kompetenzzentrum zum ersten Mal in Kontakt mit behinderten Menschen. Derzeit sind dort rund 45 engagierte Helfer im Einsatz.
Zahlreiche FFHler können nicht sprechen und sind auf Grund ihrer körperlichen Einschränkungen umfassend auf Assistenz angewiesen; der Umgang mit ihnen erfordert großes Einfühlungsvermögen. „Persönliche Erfahrungen der Helfer wecken das Verständnis für kritische Situationen. Deshalb organisieren wir regelmäßig solche Kurse, um sie auf ihre Tätigkeiten vorzubreiten“, so Reichart weiter.
Schwierigkeiten im Alltag
An verschiedenen Stationen konnten die jungen Leute ihre Wahrnehmung testen: Mit verbundenen Augen im Rolli durch die Gänge geschoben oder das Mittagessen von einem Fremden zu bekommen, wurde von vielen als unangenehm empfunden. „Wir haben erfahren, wie wichtig es ist, seinem Betreuer zu 100 Prozent vertrauen zu können. Menschen mit Behinderung brauchen unsere volle Aufmerksamkeit“, so einer der Beteiligten.
Zum Abschluss des Selbsterfahrungskurses fuhren die Helfer in einem für den Rollitransport geeigneten Bus in die Augsburger City, um dort im Rollstuhl und mit Begleitpersonen auf Einkaufstour zu gehen. Bereits bei der Parkplatzsuche erfuhren sie, mit welchen Schwierigkeiten Menschen mit Behinderungen im All-tag kämpfen: Parkhäuser kamen auf Grund beengter Verhält-nisse nicht in Frage, die Hoffnung auf reguläre, freie Behindertenparkplätze in der Nähe des Einkaufsziels wurde schnell enttäuscht.