Jusos diskutieren über Freihandelsabkommen: „Freihandel ja, TTIP nein“
Viel diskutiert wird derzeit über das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der europäischen Union, das derzeit im Geheimen verhandelt wird. Vergangene Woche haben die Jusos im Landkreis über dieses Thema gesprochen.
„Freier Handel ist per se etwas Gutes“, berichtet der SPD-Gemeinderat Armin Bergmann aus Wehringen den Jusos. „Das zeigt gerade ein Blick in die Geschichte, denn die Abschaffung der Zollgrenzen innerhalb Deutschlands war eine der wesentlichen Grundlagen für den industriellen Aufschwung in Deutschland.“ Doch wie sind die derzeit geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA, die mit den USA bzw. Kanada geschlossen werden sollen, zu beurteilen? Diese Frage stand im Zentrum der Diskussion der Landkreis-Jusos am vergangenen Montag im Bobinger Café Kanapé.
Nachteile überwiegen die geringen Vorteile deutlich
„Zwar bietet uns der gegenseitige Abbau von Zöllen, bürokratischen Handelshemmnissen und unnötigen Vorschriften der Gesellschaft auf beiden Seiten des Atlantiks auch Vorteile, einher mit den geplanten Freihandelsabkommen gehen jedoch auch zahlreiche negative Punkte“, erklärt Bergmann.
Zu nennen ist hier insbesondere die Gefahr, dass durch das Abkommen der Verbraucherschutz sowohl hier als auch in Amerika auf ein Minimum reduziert wird, denn das Freihandelsabkommen wird besagen, dass ein Unternehmen jenseits des Atlantiks nicht schlechter gestellt sein darf als zuhause. „Welche konkreten dramatischen Folgen dies auf unser Leben haben wird, ist derzeit vielen Menschen noch gar nicht klar“, meint Marius Klemm aus Königsbrunn. „Der einzige Profiteur von diesem Projekt ist die Großindustrie hier wie in Amerika, auf der Strecke bleiben jedoch die anderen: die kleinen und mittelständischen Unternehmen und die Bürger.“
Zudem müssen wir zum aktuellen Stand davon ausgehen, dass TTIP genauso wie das bereits fertig verhandelte CETA eine Klausel zum Investorenschutz enthält und die Einrichtung von Schiedsgerichten geplant ist. „Diese Gerichte, die ihren Namen eigentlich gar nicht verdienen, würden es künftig möglich machen, dass zum Beispiel amerikanische Unternehmen europäische Regierungen verklagen, wenn diese künftig Gesetze erlassen, die ihnen wirtschaftlich schaden“, erläutert Armin Bergmann. „Wenn der deutsche Staat nun ein neues Gesetz zum Verbraucherschutz erlässt, könnten ihn amerikanische Konzerne nun verklagen, da ihnen dadurch Gewinne entgehen. Ersetzen müsste diesen Betrag dann der Staat, also wir alle“.
Diese Möglichkeit kritisiert Lena Dörsch aus Bobingen: „Damit hebelt der Investorenschutz unsere Demokratie aus. In Zukunft müssten wir uns dann fragen: Wie viel Geld ist uns ein Gesetz wirklich wert?“
„Verhandlungen müssen in einer Demokratie transparent gestaltet sein“
Auf totales Unverständnis stößt bei den Jusos zudem die Art und Weise, wie das Freihandelsabkommen verhandelt wird. „Aktuell wissen wir über TTIP eigentlich nichts, das Abkommen wird komplett im Geheimen verhandelt. Es kann nicht sein, dass in einer Demokratie nicht einmal die Abgeordneten wissen, was in diesen Papieren, die unser Leben so stark verändern können, eigentlich steht“, meint Marius Klemm.
Unter den aktuellen Bedingungen können wir das Freihandelsabkommen nicht verhandeln, so die allgemeine Meinung bei den Jusos. „Wir fordern die bayerischen Abgeordneten daher dazu auf, gegen die beiden geplanten Freihandelsabkommen zu stimmen“, erklärt Marius Klemm. „Stattdessen schwebt uns als Jungsozialisten die Vision von einem freien Handel vor, der wirklich den Menschen nützt, und nicht den Konzernen und bei dem die Demokratie nicht ausgehöhlt wird.“