Formations-Vogelzug: KRANICH-Keile über Mittelhessen (Gladenbacher Bergland) und „Schwarm-Intelligenz“
Optimales Reisewetter schlechthin - Kranich-Formationen als imposantes Schauspiel über Mittelhessen unterwegs: Bei herrlichem Wetter zogen KRANICHE am Freitag (29/10) überweite Teile Mittelhessens; so auch das Salzbödetal. Ein massiver Durchzug, wie er laut Vogelexperte Dr. Martin Kraft (Marburg) bisher nur Anfang November 2006 übertroffen wurde. Vo 12.20 Uhr bis 18.23 h registrierten Beobachter im Raum Marburg (im Osten bis Rüdigheim, im Westen bis zur Angelburg) insgesamt 204 Formationen mit 52.200 Kranichen. Es gab mehrere Trupps, die bis zu 1200 Vögel umfassten. Siehe a&s-Bilderserie hierzu.
Als Vogelzug bezeichnet man den alljährlichen Flug der Zugvögel von ihren Brutgebieten zu ihren Winterquartieren und wieder zurück. Ab September finden sich Tausende Vögel auf großen Sammelplätzen ein, wo sie sich auf den Zug in den Süden vorbereiten: Auf abgeernteten Feldern suchen sie in großen Gruppen nach Saatkörnern und Maisresten, die Nächte verbringen sie in seichten Gewässern um vor Feinden wie z.B. dem Fuchs geschützt zu sein. Je nach Witterung brechen die meisten Zugvögel – so wie die europäischen Kraniche - im Oktober oder November in ihre bis zu 10.000 km entfernten Winterquartiere in Südspanien, Nordostfrankreich und Nordafrika bzw. in der Türkei und Ostafrika auf.
Die Vögel halten sich auf ihrem Weg an einen schmalen Korridor (ca. 100 km breit) und orientieren sich auf ihrem Flug an Leitlinien und Landmarken, die sie meist von ihren Eltern übernommen haben. Der Rückzug erfolgt im zeitigen Frühjahr und geht sehr viel eiliger vonstatten.
Der kräftezehrende Vogelzug ist gewissermaßen eine „Notlösung“ – eine evolutionäre Anpassungsleistung - jener Vogelarten, die grundsätzlich nur in einem relativ warmen Klima überleben können, im Verlauf der EVOLUTION aber einen Ausweg gefunden haben, um auch vergleichsweise unwirtliche Gebiete besiedeln zu können. Das Schulkind lernt: Um sich auf ihrem Zugweg zu orientieren, benutzen die Vögel einen inneren KOMPASS, den Stand der SONNE oder jenen der STERNE. Mehr dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Vogelzug .
Ziehende KRANICHE bzw. Wildgänse sieht man auch dieses Jahr wieder über das Gladenbacher Bergland fliegen. Vor dem Auffliegen der Kraniche werden normalerweise Kopf und Hals bogenförmig zehn bis zwanzig Sekunden in Flugrichtung gestreckt, um durch Stimmsignale untereinander den Abflug zu synchronisieren. „Nach einigen schnellen Schritten stoßen sich die Kraniche vom Boden ab und fliegen mit ausgestrecktem Hals“, ist in wikipedia zu lesen. Größere Entfernungen werden im SEGEL-Flug zurückgelegt, kurze Distanzen auch im RUDERFLUG. Kraniche sind ausdauernde Flieger und können bis zu 2.000 Kilometer nonstop zurücklegen, wobei kürzere Tagesetappen von zehn bis 100 km eher die Regel sind. Im Flug erreichen sie eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 bis 65 km/h, mit Rückenwind können sie teilweise bis zu 130 km/h schnell werden. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kranich_(Art)
Über Gladenbach - Kranichzug aus Gruppen von Paaren oder kleinen Familien: Fliegen in KEILEN, ungleichschenkligen Winkeln oder schrägen Reihen.
Ein bis zwei Tage vor dem Beginn des Massenabzugs oder eines Weiterzugs zeigen die Vögel ein unruhiges Verhalten. Sie rufen und tanzen sehr viel, haben einen gestörten Rhythmus beim abendlichen Überflug an den Schlafplätzen und sind nachts in Aufregung. Voraussetzungen für den Zugbeginn stellen Rücken- und Seitenwinde, Nahrungssituation und Temperatur-Änderungen dar. Der Kranichzug setzt sich aus Gruppen von Paaren oder kleinen Familien zusammen, die sich an bekannten Überwinterungs- und Rastplätzen zu Tausenden sammeln. Kraniche fliegen in Keilen, ungleichschenkligen Winkeln oder schrägen Reihen, so dass der Luftwiderstand reduziert und der Kontakt innerhalb der Gruppe gesichert wird.
Während des Ziehens verständigen sich die Kraniche durch deutliche - kilometerweit hörbare - Laute, die nachts oder bei ungünstigen Sichtverhältnissen besonders häufig werden. In der Regel wird der Zug in Etappen absolviert, da sich die Vögel den Witterungsbedingungen anpassen und unterwegs unterschiedlich lange Zwischenaufenthalte einlegen.
Während vor wenigen Jahrzehnten die Kraniche erst im März in den Brutgebieten Mitteleuropas eintrafen, kehren sie heutzutage schon im Februar zurück. Seitdem werden auch sowohl ein später Abzug im Herbst als auch echte Überwinterungen sowie Überwinterungsversuche festgestellt.
Die Graugans, (Anser anser, auch Wildgans genannt) ist eine Art der Gattung Feldgänse (Anser) in der Familie der Entenvögel (Anatidae). Graugänse zählen zu den häufigsten Wasservögeln und bilden zugleich die zweitgrößte Gänseart in Europa.
Wildgänse/Graugänse fliegen immer in einer V-förmigen Formation: keilförmiger, pfeilförmiger Formationsflug.
Wildgänse bilden am Himmel eine V-Formation. Ihre Bewegungen sind so harmonisch, dass man glauben könnte, es handle sich um ein zusammenhängendes Gefüge. Ihre Art in V-Formation zu fliegen übersteigt jedoch das rein Ästhetische.
Auf ihrem Weg in die Winterquartiere fliegen Wildgänse immer in einer V-förmigen Formation. Das hat – wie beim Kranichflug - aerodynamische Gründe: Nur die Gans an der Spitze des Keils hat den vollen Luftwiderstand. Die anderen fliegen in ihrem Schutz, erhalten durch den Flügelschlag des vor ihnen fliegenden Tieres sogar Auftrieb. Sobald eine Gans die Formation verlässt, fühlt sie unmittelbar Müdigkeit und Windwiderstand. Sehr schnell kehrt sie daher zur Formation zurück, um den Aufwind des vor ihr fliegenden Vogels zu nutzen. Ist der an der Spitze fliegende Vogel müde, so nimmt er einen Platz am Ende der Formation ein, und ein anderer übernimmt die Führung. Die These, dass die hinten fliegenden Gänse die Schreie ausstoßen, um die vor ihnen Fliegenden anzuspornen und so die Fluggeschwindigkeit einzuhalten, ist m.E. zu überprüfen.
Damit sich jedes Tier auch einmal ausruhen kann, wechseln sich die Gänse mit der Führung ab. Siehe meine a&s-Bilderserie. Auch die Lage der Augen an der Seite des Vogelkopfes spielt eine Rolle: So halten die Gänse Blickkontakt zum Schwarm und zum Boden.
Vor allem beim Aufsteigen muss der Schwarm sich erst formieren. Deshalb sieht man nahe den Rastplätzen oft auch Varianten des Keils wie ein V mit geschwungenen Schenkeln. Auch Windeinflüsse können dazu führen. Unterschiedlich lange Schenkel des V sind hingegen normal.
Nicht ganz korrekt ist die Redensart "die Schneegänse ziehen" oder "wenn die Wildgänse ziehen, kommt Schnee". Die Graugänse etwa verlassen ihre sommerlichen Lebensräume bereits Ende August oder im September. „Richtige Schneegänse“ hingegen gibt es nur in Kanada und sind bei uns außerordentlich selten. Links: Graugans: http://de.wikipedia.org/wiki/Graugans / Schneegans: http://de.wikipedia.org/wiki/Schneegans
Phänomen Schwarm-Intelligenz
Schwarm-Intelligenz konnte ich am Wochenende am Aartalsee beobachten: dazu die a&s-Bilderstrecke. Wissenschaftler auf der ganzen Welt versuchen, hinter das Geheimnis der sogenannten Schwarm-Intelligenz zu kommen. Sie wollen verstehen, wie aus dem simplen Verhalten unzähliger Einzeltiere eine Art kollektives Handeln entstehen kann, das Erstaunliches leistet.
Mittlerweile wird sogar versucht, das Verhalten von Schwärmen auf Maschinen zu übertragen. Dies berichtet/e eine Dokumentation in arteTV, die erklärt, was Schwarm-Intelligenz ist und was die Wissenschaft aus ihr und mit ihr machen kann.
Es ist ein überwältigendes Schauspiel: Hunderte, Tausende, Zehntausende von Fischen, Vögeln oder Ameisen bewegen sich blitzschnell und wie auf ein Kommando. Nur dass es kein Kommando gibt - keinen Steuermann, keine Brücke, kein Superhirn, das die Fäden zieht. Der Schwarm selbst ist es, der als Kollektiv handelt und zu Verhalten fähig ist, das die Fähigkeiten der Individuen bei weitem übersteigt. Doch was steckt dahinter?
Der Film zeigte, dass Wissenschaftler verstehen wollen, wie aus dem simplen Verhalten unzähliger Einzeltiere eine Intelligenz entsteht, die Erstaunliches leisten kann. Es ist eine Form von Intelligenz, die von der des Menschen radikal unterschieden ist. Forscher sprechen von "Schwarm-Intelligenz".
Das Erfolgsrezept der Schwärme fasziniert nicht nur Biologen, sondern auch immer mehr Ingenieure und Kybernetiker. Ihre Idee: das Verhalten von Schwärmen auf Maschinen zu übertragen. Roboterschwärme, die autonom agieren und sich selbst steuern, könnten künftig in der Weltraumforschung oder für Operationen im menschlichen Körper eingesetzt werden. ARTE: „Und womöglich sind sogar wir Menschen selbst den Schwärmen ähnlicher, als wir denken. Gibt es tatsächlich so etwas wie eine Weisheit der Vielen?“
Die Dokumentation erklärt nicht nur – sehr gut nachvollziehbar und visuell spannend umgesetzt -, was unter Schwarm-Intelligenz zu verstehen ist, sondern entführt die Zuschauer auch in eine nicht allzu fern anmutende und eher beunruhigende Zukunft.
Anmerkung
Wiederholung der Dokumentation: 02.11.2010 um 02:00 / „Schwärme“
(Deutschland, Usa, Schweiz, 2008, 43mn) ZDF - Regie: Jakob Kneser
> "Und womöglich sind sogar wir Menschen selbst den Schwärmen ähnlicher, als wir denken"
Diese Theorie fand ich faszinierend. Sie ist auch nachvollziehbar, wenn man sich Menschen mal in der Hinsicht anschaut. So zeigen sie oft sogenanntes Herdenverhalten. Ausserdem ist der einzelne Mensch allein - ohne Schwarm - zu keinen besonderen Leistungen fähig.
Ist schon erstaunlich...