FRONHAUSEN 850 Jahre: Der Quellplatz BRACKEBORN und die Wallfahrtskapelle im LAHN-Tal
Die Gemeinde Fronhausen nimmt sich des bekannten Quellplatzes „Brackenborn“ an der Straße nach Niederwalgern an, so begann die Bildlegende zu einer Aufnahme vom BRACKENBORN mit zwei Mädchen, die in der Oberhessischen Presse am 10./11. Mai 1956 erschienen ist. „Eine Ruhebank ist aufgestellt und neben der Quelle soll ein Spielplatz eingerichtet werden, auf den sich nicht nur die Zwillinge Marita und Margit Schmitt freuen, sondern auch die Wanderer von nah und fern“ hieß es weiter. Wer heute den Brackenborn aufsucht, sieht eine Menge Veränderungen nach fast 53 Jahren:
Der „Freudenborn“ ist historisch interessant, weil dort einmal eine Wallfahrtskapelle stand. Seit dem Jahr 2000 sind im Rahmen der Dorferneuerung Grundmauer-Fragmente der Kapelle freigelegt worden. Die Original-Fundstücke befinden sich heute im Park der Schenk zu Schweinsberg (Park der Oberburg - siehe Bilderserie). Die Mauersteine, die am Brackenborn den Kapellen-Umriss heute deutlich erkennen lassen sollen (vgl. Fotos vom Brackenborn), sind nicht die echten. Marlene HACK wird in der CHRONIK sachkundig über den Brackenborn berichten; Bilder von den Originalsteinen sollen dort publiziert werden. Herr Gunthram von Schenk, der in der OBERBURG wohnt, hat mich bei einem Rundgang im Park über die dort deponierten Originalsteine informiert. Danke.
1898 hatte der Freiherr Gustav Schenk zu Schweinsberg die Grundmauern freilegen lassen; nach der Vermessung wurden dieselben schönen zugehauenen Steine wieder mit Erde bedeckt. Ein transparentes Schild an einem Mauerteil zeigt den Grundriss der Kapelle, die Anfang des 18. Jahrhunderts verschwand: „wie und wann sie zerstört wurde ist unbekannt“ liest man auf dem Schild. Die ehemalige Wallfahrtskapelle (Filialkirche der Pfarrei Fronhausen) wurde 1382 erstmals erwähnt. 14 83 gelobt der Landgraf Heinrich III. eine Wallfahrt zur Kapelle. Er stirbt darüber, „bedenkt die Kapelle aber in seinem Testament“, liest der Brackeborn-Besucher. 1486 stifteten die Vögte einen Altar, der heiligen St. Anna geweiht: „Unserer lieben Frauen Sankt Annen“. Und 1557 berichtete der Fronhäuser Pfarrer Johann Kaufmann, dass die Universität Marburg mit den Einkünften aus dem Altar „theologische Stipendiaten“ unterstützt hat. Der Pfarrer hatte durch eine Eingabe an den Landgrafen Philipp den Großmütigen dagegen protestiert – er verlor aber nach der Ablehnung der Eingabe einen Großteil seiner Einkünfte. Pfarrer Kaufmann sandte danach auch ein Gesuch an den Landgrafen, um für seinen Sohn ein Stipendium aus dem Altar zu Backeborn zu bekommen.
Zum Jubiläum der 800-Jahrfeier 1959 erschien ein in mit grauen Umschlägen ausgestattetes Büchlein mit 72 Textseiten „Aus der Geschichte der Kirche zu Fronhausen/Lahn 1159-1959“ und 7 sw-Fotos im Anhang (1); Cover-Bild des Kirchen-Buches im DIN-A-5-Format siehe in der Bildergalerie zum Artikel (2). Bild 6 in (1) zeigte den Brackeborn mit der 1959 noch deutlich lesbaren Inschrift auf dem Stein:
EIN HEILQUELL WAR ICH IN ALTER ZEIT
EIN HEILIGTUM WAR MIR GEWEIHT
UND FÜRSTEN SELBER BESUCHTEN MICH
JETZT NEU GEFASST ERQUICK ICH DICH
1912
(Text von Amtsgerichtsrat Karl von Baumbach.)
Wie das Foto vom 29.01.2009 offenbart, hat der Zahn der Zeit an der Inschrift über 50 Jahre hinweg gewaltig genagt. Um einen wirklichen Eindruck von dem Grundriss durch die Grundmauer-Reste am Brackeborn zu gewinnen, sollte man sich zum Fuße des Galgenberges begeben.
Der Ortspfarrer war damals verpflichtet, in der Kapelle am Brackeborn die Messe zu lesen und die gottesdienstlichen Handlungen vorzunehmen. Alles was auf dem Brackeborn-Altar geopfert wurde, gehörte dem Pfarrer zu Fronhausen. Diese Opfer bildeten mutmaßlich den größten Teil seiner Einkünfte.
Meine Bildlegende zum Brackeborn-OP-Foto von 1956 mit den eineiigen Zwillingen enthielt noch den folgenden Text:
Nachts (so erzählen die Großmütter) geht hier der „Mann ohne Kopf“ um, der einst einen Grenzstein versetzt haben soll. Auch soll ein Streifen Landes einmal verflucht worden sein, so dass nichts darauf wachsen kann. Nun halten wir uns lieber an den Sonnenschein, denn wir wissen, dass an diesem Platz im 13. Jahrhundert eine Wallfahrtskapelle gestanden hat, in welcher noch um 1550 zweimal wöchentlich gepredigt wurde. Vor dieser Zeit standen hier auch einige Höfe.
Der ursprüngliche Name „Vronehusen“ für die damalige Siedlung „Fronhausen“ bedeutet Herrenhausen. „Vro“ ist althochdeutsch und heißt „Herr“. Heute haben wir die weibliche Form dieses Wortes noch in „Frau“. „Vrone“ heißt „dem Herrn gehörig, den Herrn betreffend; vgl. den „Fronleichnam“-Begriff. Orte, deren Namen auf „husen“ oder „hausen“ enden, sind alte Ortschaften. Man nimmt an, dass VRONEHUSEN eine Siedlung der Karolingerzeit gewesen ist; entstanden im 8. bis 10. Jahrhundert. VRONEHUSEN mutierte zu „Fronhusen“. Das „LAHN“ von Fronhausen/Lahn hieß früher übrigens „LÖHN“: 1632 gibt es eine Eintragung über Todesursachen: „Diedrich Mohr starb am 10. September, so bei Sichertshausen von dem Steg gefallen und in der Löhn ertrunken.“ Bei der „Löhnmühle“ starb ein Mann bei der Flucht vor Räubern nach Staufenberg im Pest-Jahr 1635.
Zum LAHN-Begriff und seiner sprachlich-kulturellen Evolution fand ich im Internet die folgende Information (3):
Wie sich die Bezeichnung für den Lahnhof (Gasthof 611 m ü NN) im Laufe der Jahrhunderte veränderte, ist dem Buch von Gerhard Scholl, „Jm Quellgebiet von Sieg und Lahn" .zu entnehmen:
1333 Lonebach, 1336 Lanebach , 1344 Lainpach, 1466 Laynbach, 1467 Loynbergh, Loynburgh, Lloenburgk, 1515 In die Laen, 1542 Inn der Löne, 1554 uff der Lane, 1564 Löne. 1569 Löhne, 1574 In der Lohn, Auff der Lehn, In der Lehn, 1600 Löhnhof, 1630 Lehngrundt, 1749 Löhn-Hoff, 1789 Loehnhof, Lähnhof, 1805 Lahnhof, 1815 Lohnhoffe, Löhnhof, Laehnhof, 1818 Lahnhof, 1820 Lohnhof, 1866 Lehnhof, heute Lahnhof.
Exkurs: Die ca. 2 km von Fronhausen und dem Brackeborn entfernte LAHN-BRÜCKE – eine sog. Bogenbrücke - bei Bellnhausen/Lahn wurde 1877 aus Sandstein erbaut und ersetzte die alte Holzbrücke, welche 150m weiter nördlich stand. Seit die südliche Ortsumgehung der L3048 über die neue Brücke (Bau in der Mitte der 90er Jahre) verläuft, dient die Steinbrücke als Feld- und Fahrradweg nach Fronhausen. Seit 1974 ist Bellnhausen Ortsteil der Großgemeinde Fronhausen. Ein Geschichtlicher Überblick im WEB – vgl. www.bellnhausen.de – verrät, dass BELLNHAUSEN 1254 die erste urkundliche Erwähnung als Bedelnhusen hat; 1299 wurde der Ort als als Badelogehusin erwähnt. In den Jahren 1947 & 1984 überschwemmte starkes Hochwasser (bis Unterkante Lahnbrücke) viele umliegende Felder. Ab 21.August 1991 erfolgte bis 1994 der Bau der Ortsumgehung (B3a).
Naturfreunde könnte interessieren, dass ein Bericht von der Wasservogelzählung im Marburger Lahntal Mitte November 2008 das folgende schöne Resultat hatte:
Altarm Bellnhausen 10:05 h - Höckerschwan 23 ad, 5 juv. Auwaldrest -Sichertshausen 10:20 h
Höckerschwan 5 ad. Lahn - Gebirgsstelze 1 Brücke Sichertshausen - Kormoran 1 Lahn Sichertshausen - Höckerschwan 2 Lahn Höhe Auwaldrest Fronhausen (4).
PS:
Bis die BRACKEBORN-Kapelle im Jahr 1392 erstmals urkundlich erwähnt worden ist, geschah historisch gesehen in VRONEHUSEN folgendes vorher (5):
1159: erste urkundliche Erwähnung. Die Äbtissin des Reichsstiftes zu Essen ist Grund- und Landesherrin in Vronehusen (Fronhausen) und im Besitz der Kirche. Zur Wahrung ihrer Rechte setzt sie Vögte ein, die zunächst nicht in Fronhausen wohnen.
Ende 1200: wahrscheinlich Bau der Oberburg – Wohnsitz der Vögte.
1302: besitzt der Deutsche Orden zu Marburg Güter in Fronhausen.
1367: erste Erwähnung der Burg im Tal ("Untere Burg"), Erbauer ist Craft Vogt. Der hessische Landgraf tritt erstmals als Lehnsherr in Fronhausen auf, die Macht des Reichsstiftes beginnt zu schwinden.
Quelle: http://www.cms.fronhausen.de/index.php?page=fronha... (mit Luftaufnahme von Fronhausen ebenda; googeln lohnt sich).
Literatur:
(1) „1159 FRONHAUSEN 1959“ (ebenda auch andere Quellen S. 71).
(2) HAHN, Werner (2009): Einzigartiges FRONHAUSEN: zur 850-Jahr-Feier (1159-2009). In: myheimat.de v. 14.01.2009.
(3) http://www.heimatverein-dietzhoelztal.de/pages/wan...
(4) Quelle: http://www.cms.fronhausen.de/index.php?page=fronha... (mit Luftaufnahme von Fronhausen ebenda; googeln lohnt sich).
(5) Quelle: MRVW. Marburger-Vogelwelt.de.
Im Wochenblatt "Hinterland extra" der Oberhessischen Presse vom 11.02.09 wurde mein Beitrag unter myheimat (Print-Teil) unter dem Titel "Die Geschichte des Quellplatzes Brackenborn" mit einem (!) Bild der Quelle am Brackenborn veröffentlicht; unter "Fronhausen" - mit dem Anfangsteil des Artikels (bis "Wie und wann sie zertsört wurde ist unbekannt", besagt das Schild).