Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Elternunterhalt
Der Elternunterhalt, also die Frage, inwieweit Eltern Ihre Kinder bei einer Unterhaltsbedürftigkeit, insbesondere auch bei Heimunterbringung für Unterhaltsleistungen in Anspruch nehmen können, bekommt zunehmende Bedeutung. Dies vor allem, nachdem die Lebenserwartung fortwährend steigt und damit auch die Notwendigkeit, die Kinder in Anspruch zu nehmen.
Insbesondere wegen nicht gedeckter Heimkosten.
An dieser Stelle ist zunächst festzustellen, dass in den allerseltensten Fällen die Eltern selbst auf ihre Kinder zugehen bzw. zugehen müssen. In der Regel springt für offene Kosten zunächst ein Sozialhilfeträger ein und leitet dann die Ansprüche der Eltern über, so dass letztlich der Sozialhilfeträger selbst die Ansprüche rechtlich weiter verfolgt.
Auf den Sozialhilfeträger gehen aber nur diejenigen Ansprüche über, die der bedürftige Elternteil selbst gegenüber dem Kind hätte. Es gilt also dann in der Folge wieder das ganz „normale“ Unterhaltsrecht.
Nachdem derartige Unterhaltsansprüche nicht vergleichbar sind mit den häufiger zu behandelnden Unterhaltsansprüchen von Kindern bzw. getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten, hat sich hierzu zwischenzeitlich auch eine ganz eigene Rechtsprechung entwickelt. Anders geregelt sind auch die Selbstbehaltsätze, die gegenüber dem Elternunterhalt bspw. für ein Ehepaar bei 3.240,00 € liegen. Hierin enthalten ist ein Selbstbehalt von 1.800,00 € für das zur Unterhaltszahlung pflichtige Kind und nochmals 1.440,00 € für den zusammenlebenden Ehegatten. Es ist dies der sogenannte „Familienselbstbehalt“.
Bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit eines verpflichteten Kindes muss das Einkommen um unterhaltsrechtlich relevante Positionen bereinigt werden. Es sind dies unter anderem natürlich Unterhaltsansprüche von eigenen Kindern, Unterhaltsansprüche von Ehegatten, eventuelle Darlehensverpflichtungen, dann auch eine beachtliche Altersvorsorge (5% des Bruttoeinkommens) und schließlich auch andere Verpflichtungen im Sinne des § 1603 BGB.
In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall lebt das pflichtige „Kind“ mit einer Lebensgefährtin zusammen. Beide haben eine minderjährige Tochter, die allerdings bereits sieben Jahre alt ist. Fraglich war, ob bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit zum Elternunterhalt in diesem Fall noch eine Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB an die nichteheliche Mutter zu berücksichtigen ist.
Das zunächst zur Entscheidung zuständige Oberlandesgericht hat dies verneint. Vom Bundesgerichtshof wurde diese Entscheidung nunmehr durch einen Beschluss vom 09.03.2016, Az. XII ZB 693/14, aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung sinngemäß begründet wie folgt:
Zwar hat die nichteheliche Mutter nach § 1615 l BGB grundsätzlich gegenüber dem Vater nur einen Unterhaltsanspruch bis drei Jahre nach der Geburt des Kindes.
Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dies können nach der gesetzlichen Vorschrift kindbezogene Gründe oder aber elternbezogene Gründe sein.
Der Bundesgerichtshof sah in diesem Fall solche elternbezogenen Gründe als gegeben an. Und zwar deshalb, da die beiden Elternteile im beiderseitigen Einvernehmen beschlossen hatten, dass die Kindsmutter das Kind auch über das dritte Lebensjahr hinaus persönlich betreut und damit einer Erwerbstätigkeit nicht entsprechend nachgehen kann. Hieraus ergibt sich dann ein weitergehender Unterhaltsanspruch der betreuenden Mutter gegenüber dem Kindsvater.
Weiterhin stellte der Bundesgerichtshof aber auch fest, dass diese Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zumindest in dem zu entscheidenden Fall nicht rechtsmissbräuchlich , also absichtlich zur Vermeidung von Elternunterhalt, erfolgte. Gründe hierfür seien nicht ersichtlich.
Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist insoweit nach meiner Auffassung von Bedeutung, als jedenfalls die Vorschriften und die Rechtsprechung zum Elternunterhalt damit nicht in die Ausgestaltung eines nichtehelichen Lebensverhältnisses mit gemeinsamen Kindern überlagernd eingreifen können.
Eine der seltenen Fälle, in denen ich Dir zustimmen kann.