Betrug durch Kostenfallen im Internet?
Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Urteil aus dem Jahre 2014 mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit ein Betrug durch ein verschleiert kostenpflichtiges Routenplanerangebot im Internet begangen werden kann, inwieweit hierzu ein Tatvorsatz gefordert ist und inwieweit die Grenzen der europarechtlichen Richtlinien zu berücksichtigen sind.
Eine Täuschungshandlung im Sinne des Strafgesetzbuches ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen.
Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein auf den ersten Blick unentgeltlicher Routenplaner im Internet angeboten wird und die Kostenpflicht für ein nicht ersichtliches Abo nur über eine Fußnote in den AGBs erklärt wird, die außerhalb der gängigen Bildschirmgrößen nur durch scrollen wahrzunehmen ist.
Für den Bundesgerichtshof stellten sich hinsichtlich des Urteiles mehrere Probleme.
So war zu klären, in wie weit es überhaupt Aufgabe des Strafrechts sein soll, allzu sorglose Menschen vor den Folgen ihres eigenes Tuns zu schützen.
Der Bundesgerichtshof hat sich verbraucherfreundlich auf den Standpunkt gestellt, dass die Leichtgläubigkeit des Opfers oder die grundsätzliche Erkennbarkeit der Herbeiführung einer auf einen Irrtum gerichteten Täuschungshandlung den Strafrechtsschutz nicht entfallen lassen soll.
Vor diesem Hintergrund war die Rechtsprechung über unlautere Geschäftspraktiken im EU – Binnenmarkt zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu prüfen und wieweit sich daraus eine die Strafbarkeit einschränkende Auslegung des Betrugstatbestands ergibt.
Der BGH stellte fest, dass kein absoluter Vorrang der europakonformen Auslegung im Bereich des Strafrechts besteht. Danach wäre nämlich nicht auf einen möglicherweise besonders leichtgläubigen Verbraucher abzustellen gewesen, sondern vielmehr auf einen Durchschnittsverbraucher, der gewisse Sorgfaltspflichten im Internet zu beachten hat und daher nicht immer schutzwürdig wäre.
Der BGH kam zur Auffassung, dass es nicht darauf ankommt, was ein Getäuschter hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat.
Als Aufhänger für die Entscheidung benutzte der BGH die Vorschriften der Preisangabenverordnung, wonach in Fällen, in denen ein Kostenhinweis lediglich an versteckter Stelle enthalten ist, dies für die Beurteilung einer Täuschungshandlung und eines darauf gerichteten Vorsatzes indizielle Bedeutung hat.
Insbesondere wurde auch darauf abgestellt, ob ein Verbraucher bei der in Anspruch genommenen Leistung eher darauf vertrauen durfte, dass diese kostenfrei ist oder aber, dass diese kostenpflichtig ist. Je eher vergleichbare Angebote kostenfrei im Internet zu erhalten sind, wie hier ein Routenplaner, desto eher darf der Verbraucher darauf vertrauen, dass die Inanspruchnahme regelmäßig kostenfrei ist.
Je eher die in Inanspruchnahme kostenfrei ist, desto eher und klarer muss der Anbieter also darauf hinweisen, dass seine Leistung nicht kostenfrei ist.
Wenn ein Verbraucher der Meinung ist, einen kostenlosen Routenplaner – Service in Anspruch zu nehmen durch die Täuschung zu einem Abo über mehrere Monate verleitet wird und dadurch finanziell in Anspruch genommen werden soll, nimmt der BGH einen auf einen Vermögensschaden gerichteten Betrugsversuch an, ohne, dass es darauf ankäme, ob das Abo möglicherweise objektiv seinen Preis wert war.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass Verbraucher, die unbewusst in ein kostenpflichtiges Angebot im Internet hineingeraten sind, Ansprüchen des Anbieters das entsprechende Urteil entgegenhalten können, wonach ein solcher „Vertrag“ nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen würde und damit unwirksam wäre, sondern dem Anbieter im Internet bei einer Strafanzeige durch den Verbraucher auch noch eine Verurteilung wegen Betruges drohen kann.
Auch wenn das Urteil insgesamt sehr verbraucherfreundlich ausfällt, bedeutet es jedoch nicht, dass damit Verträge, deren Kostenpflichtigkeit sich klar ergibt, ggf. noch nach Nutzung, über das hiesige Urteil auf dem Umweg einer Strafanzeige erfolgversprechend angegriffen werden könnten.