wie die Bauern Odel / Jauche ausfuhren
Odel fahren.
Als Kind bin ich mit meinem Vater oft ins Gai gefahren und hab dort mitbekommen, wie die Bauern Odel ausfuhren. Auch erzählten die Bauern gern über ihre Arbeit. Einiges bleibt dann immer hängen. Und da das Thema Jauche gerade so diskutiert wird, hier mein Bericht.
Die flüssigen, übelriechenden Ausscheidungen der Stalltiere, auch Jauche genannt, ließen die Bauern in Gruben laufen. Viele mischten noch Kuhfladen darunter, weil sie so einen saftigen Dung hätten, sagten sie. Der Odel sei ein umweltschonender Naturdünger, der aufs Feld gebracht werde. Damals schöpften die Bauern ihn mit dem Odelschöpfer ins Odelfass. Odelschöpfer waren eierförmige Blechgefäße, die an einem langen Holzstiel befestigt waren. Das Odelfass war aus Holz und wurde mit Eisenringe zusammengehalten. Oben war der Einfüllstutzen zum Verschließen. Viel Zeit verwand der Bauer mit dem Füllen der kostbaren Fäkalien. Einem hin und her schwenkenden Uhrenperpendikel glich das eintönige Eintauchen und Leeren des Schöpfers und je nach dem Fassungsvermögen konnte es bis zu einer Stunde dauern.
Bedingt durch die Schräglage beim Kippen schwappte mehr oder weniger große Mengen des flüssigen Düngers aus dem Schöpfer und ergoss sich über das Fass oder suchte sich den Weg entlang des Holzstiels bis zu den Händen und Ellbogen des Bauern. Man nahms gelassen. -
Das Odelfahren vom hof zur Wiese strengte weder Geist noch Körper an. Man setzte sich, wer noch nicht einen Bulldog vorweisen konnte, vorn am Wagen auf ein schmales Brett, unterhielt sich mit den Ochsen und erreichte nach oft einer Stunde Fahrt die Wiese. Das Leeren dauerte dann nicht so lange und die letzten Liter wurden durchs Fasshochheben ausgekippt. Die Heimfahrt verlief genauso gemütlich und im Begegnungsverkehr mit Kollegen hielt man an, sprach übers Wetter und andere wichtige Aussichten. Der Begriff Stress oder Hektik existierte damals noch nicht.
So war der Lauf der Dinge: einerseits wesentlich mehr Gemach und Ruhe - anderseits viel Umstand. Aber alles in allem: es war eine bessere Zeit.
Gruß Fred