„Familienpolitik ist mir wichtig“
myheimat: Herr Schuß, Sie haben zwei schulpflichtige Söhne im Alter von 9 und 7 Jahren. Hat Ihr ältester Sohn ein Mitspracherecht, wenn es um die Entscheidung „Gymnasium – Ja oder Nein“ geht?
Schuß: In der Klasse meines ältesten Sohnes wird zurzeit tatsächlich das Thema „Übertritt“ diskutiert. Natürlich spielt hier auch der Freundeskreis eine wichtige Rolle. Aus meiner Sicht gilt es Folgendes zu bedenken: Die neue Form des Gymnasiums G8 verlangt den Jugendlichen einiges ab. Deshalb halte ich den Weg von der Realschule über die Fachoberschule bis hin zu einem Studium an der Fachhochschule für eine bedenkenswerte Alternative. Wenn mein Sohn allerdings eher in Richtung G8-Gymnasium tendiert, dann werden wir auch darüber sprechen. Wichtig ist mir, dass mein Sohn Simon eine eigene Meinung hat, die dann in den familiären Entscheidungsfindungsprozess einfließen kann. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in der kirchlichen Jugendarbeit kann ich nur sagen, dass es nie schadet, wenn man frühzeitig lernt, Verantwortung zu übernehmen.
myheimat: Würden Sie sich selbst als „Familienmenschen“ bezeichnen?
Schuß: Die Familie hat bei mir einen sehr hohen Stellenwert. Natürlich ist es nicht immer ganz einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Das Amt des Finanzreferenten und die ehrenamtlichen Engagements beanspruchen mich zeitlich doch einigermaßen. Dennoch lege ich großen Wert darauf, möglichst viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Das liebe sich sehr!
myheimat: In Ihrer Antrittsrede bei der Nominierungsversammlung skizzierten Sie die Grundzüge Ihrer Familienpolitik. Sie sprachen davon, dass Ihnen eine „familiengerechte Kinderbetreuung“ sehr am Herzen liege. Gerade in diesem Bereich schneidet die Stadt Friedberg doch verhältnismäßig gut ab, oder?
Schuß: Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, wenngleich ich einschränkend hinzufügen möchte, dass es auch in diesem Bereich noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Dazu sollte man Folgendes wissen: Wir nehmen mit der Stadt Friedberg eine eigentümliche „Zwitterstellung“ ein. Für manche Aufgaben sind wir „zu klein“ und für manche „zu groß“. Eine vernünftige kommunale Familienpolitik muss diese Gegebenheiten berücksichtigen. Einerseits gibt es die ländlich strukturierten Ortsteile wie z.B. Paar oder Bachern und andererseits die urban geprägte Kernstadt. Es wäre aus meiner Sicht verkehrt, allen Kinderbetreuungseinrichtungen im Stadtgebiet ein einheitliches Konzept überzustülpen. Vielmehr ist hier eine Differenzierung und Feinjustierung gefragt. Es macht zum Beispiel wenig Sinn, den Kindergarten in Paar bis 17 Uhr zu öffnen. Aufgrund seiner Sozialstruktur hat dieser ländlich geprägte Ortsteil keinen derartigen Bedarf. In der Kernstadt sieht die Lage schon wieder ganz anders aus.
myheimat:: Wie war beziehungsweise ist die Kinderbetreuung im „Hause Schuß“ organisiert?
Schuß: Meine Kinder gingen nicht in die Kinderkrippe, die es zu diesem Zeitpunkt in Friedberg noch nicht gab, besuchen keinen Kinderhort. Insofern haben wir zu Hause – wenn Sie so wollen – noch eine „traditionelle“ Aufteilung. Damit will ich aber nicht sagen, dass andere Familienmodelle schlechter sind. Ganz im Gegenteil: In den letzten Jahren habe ich gelernt, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch in unserer Stadt erheblich verändert haben. Man muss sich an der Realität orientieren und dementsprechend den berufstätigen Müttern ein gutes Betreuungsangebot machen. Eine moderne Familienpolitik sollte dies berücksichtigen.
myheimat: Kommen wir zu Ihrer Bürgermeisterkandidatur. Sie gelten als „Quereinsteiger“ und entstammen nicht dem parteipolitisch geprägten Politikbetrieb. An öffentliche Auftritte und Reden müssten Sie sich erst gewöhnen, oder?
Schuß: Das Wort „Quereinsteiger“ würde ich nicht so ohne weiteres akzeptieren. Durch meine ehrenamtlichen Engagements konnte ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln und stand durchaus auch in der Öffentlichkeit. Dass ich nicht dem klassischen Politikbetrieb entstamme, muss kein Nachteil sein. Die Sachfragen müssen kompetent beantwortet werden. In diesem Zusammenhang sehe ich eine große Schnittmenge zwischen der großen Volkspartei CSU und dem Kandidaten Wolfgang Schuß. Zu Ihrer Frage nach den öffentlichen Auftritten fällt mir noch Folgendes ein: In meiner Funktion als Personalratsvorsitzender von 1996 bis 2000 war ich für 450 Kollegen verantwortlich und beim Betriebsübergang des ehemaligen Stadtkrankenhauses an vorderster Front beteiligt. Darüber hinaus stehe ich als Finanzreferent bei den Stadtratssitzungen im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Die Wahl des Ersten Bürgermeisters ist eine Persönlichkeitswahl. Die Kandidaten werben in einem fairen und demokratischen Wettstreit um Wählerstimmen.
myheimat: Was wollen Sie besser machen als der derzeitige Amtsinhaber Dr. Peter Bergmair?
Schuß: Zunächst würde ich nicht von einem „Wahl-Kampf“ sprechen. Es geht um eine sachliche „Wahl-Arbeit“. Deshalb würde ich auch gerne offen eine Aussprache über die Zukunft der Stadt Friedberg mit Herrn Dr. Peter Bergmair führen. Besonders großen Wert lege ich auch auf eine gut funktionierende Verwaltung. Dabei setze ich auf einen kooperativen Führungsstil. Die 400 Mitarbeiter der Stadtverwaltung sollen motiviert und aktiviert werden. Sie sollen an den Visionen der Stadt teilhaben. Mein Eindruck ist, dass wir zurzeit von der Ernte leben, die vor Jahren gesät wurde. Unser aktuelles Problem ist jedoch, dass momentan zu wenig an bleibenden Visionen gesät wird. Wo soll unsere Stadt in fünf, in zehn und in 15 Jahren stehen? Alle Entwicklungen, angefangen von der Kinderbetreuung, den Schulbildungseinrichtungen, bezahlbarem Wohnraum und attraktiven Arbeitsplätze in unserem Stadtgebiet und hohe Lebensqualität auch für unsere Senioren, müssen direkt ineinander verzahnt und abgestimmt sein. Vorausblick und Durchsetzungsvermögen sind entscheidende Faktoren.
myheimat: Lassen Sie uns noch ein wenig über die einzelnen Politikfelder sprechen. Die Neugestaltung der Straßen und Plätze in der historischen Altstadt von Friedberg sorgt seit mehreren Jahren für Gesprächsstoff. Geschäftsleute fürchten aufgrund der 7-monatigen Straßensperrung im nächsten Jahr dramatische Umsatzeinbußen. Wie ernst ist die Lage wirklich?
Schuß: Ich nehme die Sorgen und Ängste der Geschäftsleute sehr ernst. Auf der anderen Seite darf man auch nicht in Panik verfallen. Aktiv-Ring, Verkehrsverein und die Stadt Friedberg haben sich schon entsprechende Gedanken gemacht. Durch geeignete Werbemaßnahmen können eventuelle negative wirtschaftliche Auswirkungen abgemildert werden. Natürlich wird die Straßensperrung kein „Spaziergang“. Mit dem notwendigen Augenmaß lassen sich die Schwierigkeiten jedoch beherrschen. Mit einer rein kosmetischen Straßensanierung in der Ludwigstraße ist es im Übrigen nicht getan. Ich plädiere mit Nachdruck für ein umfassendes Verkehrskonzept und die Lösung der derzeitigen aktuellen technischen Probleme.
myheimat: Sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen, ein boomender Business-Park, eine bundesweit relativ gute konjunkturelle Lage – Wie wollen Sie angesichts dieser Rahmendaten den Friedberger Stadtrat von einer maßvollen Ausgabenpolitik überzeugen?
Schuß: An einer maßvollen Ausgabenpolitik würde ich in jedem Fall nach wie vor festhalten. Das schließt nicht aus, dass Gelder für notwendige und sinnvolle Investitionen bereitgestellt werden sollen. Investieren und Sparen sind keine Gegensätze. Das Ziel einer effektiven Haushaltspolitik besteht darin, Zuführungen vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt zu erreichen. Die Jahre 2002, 2003 und 2004 mit ihren dramatisch sinkenden Gewerbesteuereinnahmen brachten die heilsame Erkenntnis, dass die Sanierung der städtischen Finanzen unumgänglich ist. Zurzeit freuen wir uns selbstverständlich über die relativ hohen Gewerbesteuereinnahmen. Wir müssen uns jetzt genau überlegen, wofür wir das Geld ausgeben. Investitionen im Bildungs- und Jugendbereich erscheinen mir sinnvoll.
myheimat Herr Schuß, vielen Dank für dieses Gespräch.