„Die Freude über die Landesausstellung ist groß“: Ein Interview mit Friedbergs Bürgermeister Roland Eichmann
Eine gemeinsame Gesellschaft der Stadtwerke Friedberg und der Lechwerke für das Stromnetz in Friedberg, der Bau von 67 neuen Sozialwohnungen an der Afrastraße, die Neugestaltung der Bahnhofstraße, der Zuschlag für die Bayerische Landesausstellung 2020, der Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße zwischen Friedberg und Derching – Die Liste der kommunalpolitischen Themen im Jahr 2017 ist lang. Im großen myheimat-Jahrbuch-Interview bezieht Bürgermeister Roland Eichmann zu vielen wichtigen Politikfeldern ausführlich Stellung.
myheimat: Herr Eichmann, zum 1. Januar 2018 wird eine gemeinsame Gesellschaft der Stadtwerke Friedberg und der Lechwerke das Stromnetz in Friedberg übernehmen. Damit wird ein neues Kapitel in der langjährigen Strompartnerschaft aufgeschlagen. Die Stadtwerke werden sich als Gesellschafter der Stromnetz Friedberg GmbH mit 51 Prozent beteiligen, die Lechwerke AG (LEW) hält die verbleibenden 49 Prozent der Anteile. Welche Vorteile bietet diese neue Konstruktion für die Stadt Friedberg?
Eichmann: Die Stadtwerke, so ist die politische Zielrichtung, soll sich stärker im Bereich der Daseinsvorsorge aufstellen. Der Einkauf in das Stromnetz bot sich aufgrund der anstehenden Neuvergabe der Konzession an und bringt neben einem relativ sicheren Ertrag auch einen deutlich größeren Einfluss auf das Stromnetz, das in Zeiten von steigenden Anforderungen aufgrund der Digitalisierung und der erneuerbaren Energien an Bedeutung noch gewinnen wird. Übrigens zusammen mit unserem Partner LEW, das war mir wichtig!
myheimat: Die Stadt Friedberg richtet ein Kommunales Energiemanagement für ihre eigenen Gebäude ein. Welche Ziele verfolgen Sie mit diesem Schritt?
Eichmann: Wir wollen bei unseren über 90 Gebäuden Energie einsparen. Einmal wegen der Vorbildfunktion der Stadt und dann natürlich auch, um langfristig Geld zu sparen.
myheimat: Die langfristige Sicherung bezahlbaren Wohnens nahm in Ihrer politischen Prioritätenliste stets einen vorderen Platz ein. 67 neue Sozialwohnungen sollen an der Afrastraße bis Anfang 2020 bezugsfertig sein. Damit erhöht die Stadt ihren Wohnungsbestand um 30 Prozent. Wie zufrieden sind Sie – am Ende des Jahres - mit dem Planungsstand dieses Projektes?
Eichmann: Auf diese Entwicklung bin ich stolz! Es ist seit Jahrzehnten erstmals wieder so weit, dass die Stadt neue Wohnungen baut. Auch das neue Baugebiet an der Afrastraße, das ja die Voraussetzungen erst geschaffen hat, muss man dazu zählen. Ich hätte zwar gerne Lösungen gehabt, die die Stadt weniger belastet hätten, aber grundsätzlich haben hier Verwaltung, Stadtrat und Bürgermeister an einem Strang gezogen.
myheimat: Die Kosten für die städtischen Häuser an der Afrastraße sollen sich auf über 18 Millionen Euro belaufen. Wie tief wird die Stadt Friedberg für dieses Projekt in die Tasche greifen müssen?
Eichmann: Das Projekt wird vollständig über den Zuschuss und das Darlehen finanziert, der Kredit dafür wird nach Aussage des Innenministeriums nicht auf die Schulden der Stadt angerechnet. Insofern ist es vor allem die Verwaltungskapazität, die bei einem Projekt in dieser Höhe natürlich enorm ist.
myheimat: Ein städtebaulicher Bereich, dem in den nächsten beiden Jahren größere Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist die Bahnhofstraße – nicht zuletzt mit Blick auf die Landesausstellung im Jahr 2020. Wie sieht Ihre Vision für einen attraktiven Zugang vom Bahnhof in die Stadt aus?
Eichmann: Die Bahnhofstraße hat zwei Probleme aktuell: Sie verliert immer mehr ihre Funktion einer Geschäftsstraße und sie ist technisch relativ stark sanierungsbedürftig. Deswegen war mein Vorschlag, sie als nächsten Schritt der Umsetzung des Innenstadtkonzepts anzugehen. Das kann nur 2018 oder dann erst wieder 2021 passieren wegen des Altstadtfestes und der Landesausstellung. Ich wünsche mir eine Verbindung zwischen Bahnhof und Park-and-Ride-Platz in die Innenstadt und dann weiter zum Schloss, die unserer schönen Altstadt gerecht wird. Das ist heute definitiv nicht der Fall.
myheimat: Welche Emotionen löste es bei Ihnen aus, als Sie davon erfuhren, dass Friedberg definitiv ein Schauplatz der Landesausstellung „Wittelsbacher – Städtegründer“ im Jahr 2020 sein wird?
Eichmann: Friedberg ist sogar der einzige echte Ausstellungsort, wo historische Exponate gezeigt werden! Die Freude darüber ist groß, denn wir können zurecht stolz sein auf die Geschichte unserer Stadt und das einem großen, regionalen und sogar nationalen Publikum mit der Landesausstellung auch zeigen.
myheimat: Welche Hoffnungen verbinden Sie mit dieser großen Geschichtsschau, die im Schnitt rund 150.000 Besucher anlockt?
Eichmann: Es ist spannend, die nicht unwichtige Rolle Friedbergs in der Geschichte des wittelsbachischen Bayerns erstmals öffentlich wirksam herauszustellen. Für unsere Geschichte und für die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Stadt ist das eine große Chance. Aber natürlich sind so viele Gäste auch eine Chance für den Einzelhandel, Gastronomie und Tourismus und zwar langfristig von der Wirkung!
myheimat: Ein kommunalpolitisch brisantes Thema war im abgelaufenen Jahr die Diskussion um den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße zwischen Friedberg und Derching. „Zu laut, zu schnell, zu teuer“ – So ließen sich die Argumente vieler Bürger und besorgter Anwohner zusammenfassen. Im Rahmen der Debatte um den Ausbau der alten Kreisstraße AIC 25 kam es sogar zu einem kleineren Zerwürfnis mit dem Landrat. Wie wird es mit dieser Straße weitergehen?
Eichmann: Die Sorgen der Anwohner kann ich gut verstehen, die Stadt will hier kein Aufweichen der geltenden Tonnagebegrenzung. Dazu untersuchen wir gerade die Auswirkungen, wenn es aufgehoben werden würde. Allerdings wächst von Jahr zu Jahr die Dringlichkeit, die Sanierung anzugehen. Die Stadt hat die Straße 2009 im Gesamtpaket, das die AIC 25 neu möglich machte, vom Landkreis übernommen, obwohl wir damals schon gut eine Million Euro als Sanierungskosten anzusetzen hatten. Es fehlt flächendeckend an einer vernünftigen Entwässerung, weswegen im Grunde „ein wenig Teerdecke erneuern“ keinen Sinn macht. Wir werden im Rahmen der Haushaltsdebatte sehen, ob wir die Finanzierungsplanung aufrechterhalten können. Und wir werden zeitnah, wenn wir mehr zu den Auswirkungen wissen, die fachliche Diskussion weiterführen, selbstverständlich mit den Anwohnern.
myheimat: Die Anwohner der Schillerstraße in Friedberg-Nord zeigten sich verärgert über das hohe Verkehrsaufkommen vor ihrer Haustüre. Sie stört der Schleichverkehr. Viele Autofahrer nutzen das Wohngebiet als Abkürzung zur B 300. Wie lässt sich ein Interessenausgleich zwischen Anwohnern und „Durchfahrenden“ herstellen?
Eichmann: Die Schillerstraße ist ein Extrembeispiel für ein flächendeckendes Problem: Immer mehr Autos fahren auf unseren Straßen und um die Disziplin der Verkehrsteilnehmer ist es auch nicht immer gut gestellt. Das geht bis zu verkehrsberuhigten Wohnstraßen, die als Sackgasse dienen. Überallher kommen Beschwerden. Das Problem der Schillerstraße ist mit dem geltenden Straßenverkehrsrecht nicht wirklich zu lösen, höchstens zu lindern. Denn der Verkehr würde nur weiter verlagert werden, das ist sehr bitter, aber hier gehen der Kommune die Handlungsmöglichkeiten aus.
myheimat: Der Strukturwandel verursacht auch viele Probleme in den Friedberger Stadtteilen. Deshalb wollen Sie gemeinsam mit den Bürgern Entwicklungskonzepte für die Friedberger Ortsteile erarbeiten. Welche Bilanz dieses Projektes ziehen Sie am Ende dieses Jahres?
Eichmann: Wir haben mit den Ortsteilentwicklungskonzepten in Rinnenthal begonnen und in Haberskirch die Vorgespräche geführt und starten dort am 23. Februar. Bisher sind die Rückmeldungen sehr gut, die Möglichkeit, seinen eigenen Ortsteil mitzugestalten, hat in beiden Ortsteilen eine tolle Resonanz gezeigt. Es wird natürlich die Verpflichtung der Stadt sein, die Ergebnisse auch zu berücksichtigen und Stück für Stück umzusetzen.
myheimat: Nach all den politischen Gesprächsgegenständen noch eine persönliche Frage zum Abschluss: Welche Begegnung hat Sie im abgelaufenen Jahr am meisten beeindruckt?
Eichmann: In diesem Amt komme ich mit vielen Menschen in Kontakt, von hochgestellten Politikern bis zu den normalen Menschen in der kleinen Mietwohnung. Beeindruckend war sicher der Besuch in Schloss Prösels in unserer Südtiroler Partnergemeinde Völs, wo ich lange mit dem Südtiroler Regierungschef Arno Kompatscher gesprochen habe. Aber eindrücklich sind mir auch ein, zwei Begegnungen bei meinen Besuchen unserer Jubilare in Erinnerung, die mich mit ihren Lebensläufen genauso beeindruckt haben.