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Wenn Tradition zum Gewaltakt wird – Fadumo Korn berichtet von ihrem Kampf gegen die Beschneidung von Mädchen

Mutige Frauen wie die Somalierin engagieren sich gegen eine schwere Form der Menschenrechtsverletzung

Als einen weiteren Beitrag zum Weltfrauentag hatte die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) gemeinsam mit den Friedberger „Kräuterweibern“ zu einer Lesung in die Remise des Schlosses eingeladen, die ein oftmals tabuisiertes Thema in den Fokus stellte. Die Beschneidung von Mädchen ist auch heute noch ein ausgeübtes Ritual, unter dem weltweit etwa 140 Millionen Frauen leiden.
Dr. Simone Strohmayr, Vorsitzende der AsF, zeigte sich bei der Begrüßung der Gäste sehr betroffen. „Die Beschneidung von Mädchen ist für uns in Europa kaum vorstellbar.“ Es sei gut, darauf aufmerksam zu machen, gerade angesichts der zunehmenden Asylantenströme. „Circa 20.000 Frauen in Deutschland sind davon betroffen. Mein Wunsch ist es, dass den Frauen, die hier betroffen sind, geholfen wird – durch Aufklärung, Netzwerke und Unterstützung.“

Aufklärung tut not
Zur Aufklärung trug auch die Lesung der Autorin Fadumo Korn bei. Die Somalierin wurde als Nomadenmädchen geboren und selbst im Alter von sieben Jahren beschnitten – unter den Folgen dieser grausamen Tradition leidet sie bis heute. In ihrem autobiografischen Buch „Schwester Löwenherz“ greift sie das Thema deutlich, aber auch sensibel auf.
Das etwas mulmige Gefühl einiger Besucher, unter denen viele Frauen und auch einige Männer sind, zerstreut die sympathische Afrikanerin mit einer Anekdote aus ihrer Jugend, die sie zum Teil in Augsburg verbracht hat, schnell.

Angenehm verpackt
Doch auch, wenn Fadumo Korn das Thema angenehm verpackt, beschönigt wird an diesem Abend nichts. Die Autorin liest ein Kapitel aus ihrem Buch vor, das die Vorbereitungen ihrer eigenen Beschneidung schildert. „Alle Mädchen warten auf diesen großen Tag, aber keiner spricht darüber“, erläutert sie die Tradition, mit der sie aufgewachsen ist. Erst als sie 19 Jahre alt ist und in Deutschland lebt, erfährt sie, dass nicht alle Frauen beschnitten sind.
Die Beschreibung des tatsächlichen Schnittes liest Fadumo Korn nicht vor, denn sie möchte es jedem selbst überlassen, ob und wie er sich mit diesem traumatischen Erlebnis auseinandersetzen möchte.

Traumatisches Erlebnis
Ein Trauma ist es, daran lässt die Autorin keinen Zweifel. Wer den grausamen Eingriff überlebt, leidet unter dramatischen Folgen: Schock, Blutungen, Infektionen, Unfruchtbarkeit und Spätfolgen wie Nierenversagen oder Rheuma, mit dem auch Fadumo Korn bis heute kämpft, und vieles mehr.
Die Gründe der Genitalverstümmelung liegen in der Tradition, die schon seit 3500 Jahren und auch heute noch weltweit in unterschiedlich starken Ausprägungen praktiziert wird. „Es geht darum, die Frauen vom Übel des Sexualtriebs zu befreien“, berichtet Fadumo Korn. In Somalia beispielsweise sind 98 Prozent der Mädchen beschnitten, hier wird auch die drastischste Form der Genitalverstümmelung praktiziert, bei der die äußeren Genitalien amputiert und die Mädchen zugenäht werden, um ihre Reinheit bis zur Ehe zu sichern.

Schwere gesundheitliche Schäden
Die schweren gesundheitlichen Schäden, die Fadumo Korn davongetragen hatte, wurden zunächst in Mogadischu und später in Deutschland behandelt. In München ist sie sesshaft geworden, hier arbeitet sie als Dolmetscherin und Kulturmittlerin und führt einen engagierten Kampf für Frauenrechte. „Die Einstellung, dass Frauen als Klumpfuß für die Gesellschaft gesehen werden, muss eliminiert werden“, so Fadumo Korn.
Sie betreut Mädchen und Frauen zwischen sieben und ca. 60 Jahren, setzt sich für Asylbewerberinnen ein, begleitet Kinder und deren Familien bei Arztbesuchen und vieles mehr. Nach wie vor ist Fadumo Korn über das Ausmaß der Beschneidung von Mädchen entsetzt. „Alle Mädchen über sieben Jahre, die nicht in Deutschland geboren wurden, sind beschnitten“, berichtet sie.

Auf einem guten Weg
Engagiert zeigt sie sich auch als Mitgründerin des Vereins Nala e.V., der unter dem Motto „Bildung statt Beschneidung“ agiert. Der Verein unterstützt zudem die Organisation Wunschträume e.V., die in Burkina Faso schon zahlreiche Mädchen- und Frauenprojekte umsetzen konnte. Dazu gehören Kindergärten, Schulen oder auch die Aufklärung über Beschneidung von Mädchen durch Einheimische. „In Burkina Faso sind wir schon auf einem guten Weg“, resümiert Fadumo Korn abschließend.

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3 Kommentare

Guter Artikel!

Für Deutschland sehe ich allerdings schwarz... die Beschneidung weiblicher Kinder ist hier zwar noch verboten, aber die von männlichen Opfern ist erlaubt... und Anhänger der weiblichen Verstümmelung berufen sich sich inzwischen schon mal darauf. Irgendwann wird man in Deutschland die Beschneidung von Mädchen erlauben müssen.

Das sind wirklich schlimme Aussichten. Ich hoffe, das unermüdliche Engagement vieler mutiger Menschen, trägt Früchte. Immerhin: Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat im Dezember 2012 ein universelles Verbot der weiblichen Beschneidung ausgesprochen. In vielen Ländern - so auch in Burkina Faso - ist sie tatsächlich verboten - wird aber trotzdem praktiziert. Das Motto "wo kein Kläger, da kein Richter" greift leider auch hier noch sehr. Allerdings ist wohl ein Umdenken in Sicht. Wie Fadumo Korn berichtet, gibt es in Burkina Faso inzwischen tatsächlich "Richter", die im Zweifel auch Anzeige erstatten. Das sei zwar nicht der Weg der Wahl, denn eigentlich ist der Verein vielmehr an Aufklärung interessiert, aber immer noch besser als wegzusehen. Offensichtlich auch erfolgreich: In Burkina Faso gehen die Zahlen der Beschneidungen und damit auch der grausamen Verstümmelung zurück. Frauen wie Fadumo Korn geben die Hoffnung nicht auf. Sie träumt davon, irgendwann 20-jährige Frauen zu treffen, die nicht beschnitten sind.

> "Immerhin: Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat im Dezember 2012 ein universelles Verbot der weiblichen Beschneidung ausgesprochen. In vielen Ländern - so auch in Burkina Faso - ist sie tatsächlich verboten - wird aber trotzdem praktiziert."

Ist doch logisch. Wenn in Gesellschaften verankert ist, dass man Kindern einfach etwas abschneiden darf, macht Otto Normal da im Alltag keine geschlechtlichen Unterschiede.

Solange man die Beschneidung nicht bei Babys/Kindern aller Geschlechter verbietet und ächtet, bleibt das in den Köpfen.

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