Friedberger Öberlwerke im Umland
Expertenführung durch Riolini-Unger
Für eine schöne Einstimmung zur „Friedberger Zeit“ sorgte die ehemalige Friedberger Museumsleiterein, Frau Dr. Adelheid Riolini-Unger. Auf Bitten des Heimatvereins führte sie zu ausgewählten Werken der Friedberger Barock-Bildhauerfamilie Öberl des 18. Jahrhunderts. Die Werke befinden sich in Kapellen und Kirchen in den Orten Kissing, Mering, Odelzhausen, Adelzhausen und Dasing und konnten bequem mit dem Reisebus erreicht werden.
Umdenken in der Pfarrkirche St. Stephan in Altkissing
In der oben auf dem Lechrain gelegenen Pfarrkirche St. Stephan in Altkissing, die auch heute noch ihrer äußeren Erscheinung nach einer Wehrkirche gleicht, sorgte Riolini für eine erste Überraschung. Die Kirchenführer werden nicht mehr behaupten dürfen, dass alle etwa 120 cm großen Apostelfiguren von Johann Kaspar Öberl (1700-1767) stammen. Vielmehr ist nur sein jüngster Bruder Joseph Karl (1712-1777) vertreten und das nur mit der Figur des Apostels Simon mit seinem Attribut, der Säge. Die Figur stammt aus dem Jahr 1730 und ist somit ein frühes Werk von Joseph Karl. Er ist das zwölfte und letzte Kind von Bartholomäus und Christina Öberl. Lange hielt es ihn nicht in Friedberg. Er heiratete, wie einer seiner Brüder, nach Kuttenberg in Böhmen (Tschechien).
Überraschung bei der Burgstallkapelle in Kissing - der "Schulterwunden-Christus"
Die nächste Überraschung gab es bei der bekannten Burgstallkapelle in Kissing. Den herrlichen Ausblick von dort oben sowie eine kleine Kirchenführung in der von Jesuiten geschaffenen Burgstallkapelle, in der sich keine Öberldarstellungen befinden, gab es erst im Nachhinein. Voreilig waren einige schon die Stufen zur Burgstallkapelle hinaufgeeilt. Sie wurden alle wieder zurückgepfiffen, denn unter der Burgstallstiege befindet sich die Gruftkapelle. Und hier steht der sog. „Schulterwunden-Christus“ von Johann Kaspar Öberl aus dem Jahr 1743. In der Zeit der Gegenreformation rückten Christusdarstellung in den Vordergrund. Die meisten, wie auch hier in der Gruftkapelle, wenden sich dem Leiden Christi zu. Der rote Mantel lässt die Schulter unbedeckt und so erkennt man deutlich die Wunde, die vom Kreuztragen herrührt. Um die Arme und um die Hüfte des blutüberströmten Heilands sind Schellen angelegt und diese mit Ketten an der Geiselsäule befestigt. Drei Strahlenbündel versinnbildlichen seine Heiligkeit. Das Kopf ist leicht gesenkt und mit großen Augen blickt der Heiland auf den Beschauer. Sein Mund ist ein wenig geöffnet, als suche er Zwiesprache.
Einen weiteren Christus an der Geißelsäule des Johann Kaspar Öberl aus dem Jahr 1747 steht am linken Seitenaltar der Kapelle St. Franziskus in Mering. Wiederum verwies Riolini auf typische Öberlmerkmale, wie gewellte Haare, spitze Nase, feingliedrige Hände, bei denen oft die Adern sichtbar werden. Wie üblich, steht die Figur auf einem kleinen Landschaftssockel.
Stigmatisation des hl. Franziskus in Mering
In der ein paar Meter südlich von der Kirche St. Franziskus gelegenen offenen Kapelle von 1692 ist die Stigmatisation des hl. Franziskus figürlich dargestellt. Datiert mit 1731 gehört sie zu den frühen Werken des Johann Kaspar Öberl. Der hagere, barfüßige Franziskus mit Tonsur und Bart, eingehüllt in einer braune Kutte mit Kapuze, steht gegenüber dem Kreuz mit der Christusfigur, einem sechsflügeligen Seraphim. Dessen Arme und Beine sind von vergoldeten Flügelpaaren bedeckt. Franziskus empfängt an Händen, Füßen und an der Seite, symbolisch über rote Schnüre, die Wundmale von Christus am Kreuz. Schon zu Lebzeiten des hl. Franziskus wurde Christus bei Darstellungen der Stigmatisation als Seraphim mit sechs Flügeln, mit oder ohne Kreuz, dargestellt.
Ein Meisterwerk in Odelzhausen
In seinem Todesjahr 1767 schuf Johann Kaspar Öberl ein Meisterwerk, das in der Kirche St. Benedikt in Odelzhausen bewundert werden kann. Riolini vermutet daher noch eine große Schaffenskraft in seinem letzten Lebensjahr, die durch jähen Tod und nicht durch eine lange oder schwere Krankheit ihr Ende fand. Öberl scheint allerdings nie Aufträge aus Odelzhausen bekommen zu haben, wohl aber arbeitete er für das von den Augustinerchorherren geführte Kloster Taxa. Infolge der Säkularisation kam es zum vollständigen Abriss der Klostergebäude. Dank einiger Personen, die Kunstgegenstände zu sich nahmen, entgingen diese der Zerstörung. Heute befinden sich in der Kirche St. Benedikt der Gnadenaltar aus der ehemaligen Klosterkirche Taxa, sowie die Kanzel und eben die von Johann Kaspar Öberl geschaffene meisterliche Mater Dolorosa, ebenfalls aus Taxa. Diese stattliche Figur steht unter einem nicht zugehörigen Kruzifix an der nördlichen Innenwand der Kirche.
Mehrere Friedberger wirkten in Adelzhausen in der Pfarrkirche St. Elisabeth
Zeugnisse handwerklicher Fähigkeiten von weiteren Friedberger Persönlichkeiten finden sich in der Pfarrkirche St. Elisabeth in Adelzhausen. Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld als damaliger Patronatsherr der Kirche erteilte dem Friedberger Stadtmaurermeister Joseph Singer den Auftrag, an den spätgotischen Chor ein neues Langhaus anzubauen. Die Ausmalung erfolgte durch den Friedberger Maler Sigismund Reis. Der Bildhauer Johann Kaspar Öberl fertigte die Skulpturen an, von denen noch sechs Statuen erhalten sind. Die von Öberl geschaffene Figur der hl. Elisabeth aus dem Jahr 1747, die ältestes von den sechs Figuren, stand bis zur Umgestaltung der drei Altäre im Jahr 1965 im Mittelpunkt des Hochaltars der Pfarrkirche. Heute ist sie im Chorraum rechts, erhöht auf einem Postament aufgestellt.
Pestheilige in Dasing
Der letzte Besuch galt der Kirche St. Martin in Dasing. Die beiden aus dem Jahr 1752 geschnitzten Pestheiligen finden sich im Chorraum der Kirche. Auf der Südseite steht auf einer Konsole der von fünf Pfeilen durchbohrte und an einen vom Astwerk befreiten Baumstamm gebundene hl. Sebastian. Ihm gegenüber auf der Nordseite des Chorraums zeigt der hl. Rochus, ebenfalls auf einer Konsole stehend, mit den linken Zeigefinger auf seine Pestbeule am rechten Bein. Er, der sein Leben der Pflege der Pestkranken widmete, ist als Pilger dargestellt mit Mantel, muschelbesetzter Pelerine und Pilgerstab. Sein treuer Hund, der ihm während seiner Krankheit Essen zutrug, fehlt allerdings.
Es waren sieben Kirchen bzw. Kapellen, die Riolini ausgewählt hatte. Dankbar genossen die Teilnehmer ihre mitreißenden Ausführungen, die den Friedberger Öberls galten. Darüber bettete sie die Geschehnisse ein in die jeweilige Zeit, vor allem aber in jene, die die Friedberger alle drei Jahre feiern, die Friedberger Zeit.