"Bäume ausreißen musst du nicht können ..."
Pallottiner-Bruder Bert Meyer S.A.C. sprach mit den myheimat-Reportern Franz und Sabina Scherer über den weltweiten Einsatz des Katholischen Apostolats der Pallottiner.
Werkzeugkiste, Aktion Ziege, Nähmaschine, Notgroschen - so heißen einige der vielen Projekte der Pallottinergemeinschaft in Brasilien, Nigeria, Kamerun, Südafrika, Sambia, und Indien. Eine "lebendige Kirche" war der Traum Vinzenz Pallottis (1795-1850), den die Priester und Brüdergemeinschaft aktiv lebt und zeigt. Mit ihren abgeschlossenen Berufsausbildungen in Handwerk, Sozialarbeit, Dienstleistung, als Professoren und Lehrern - vom Schreiner bis zum Zeitschriftenredakteur - arbeiten Pallottiner stets aktiv vor Ort gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung. Der Bau von Kinderheimen in Brasilien und Indien ist ein aktiver Beitrag zur Sicherung der Zukunft hilfsbedürftiger Kinder.
Eine milchgebende Ziege schenkten die Pallottiner der Familie Velammal in der indischen Kleinstadt Batlangundu mit der Auflage "das erste Jungtier an eine andere Familie in ihrer Stadt weiterzugeben", erzählt Bruder Meyer. Mit diesem Schneeball-Prinzip konnte schon vielen weiteren Familien geholfen werden, die Ernährung der Kinder zu sichern. "Projekte dieser Art stärken die Solidarität untereinander", so Bruder Bert Meyer. Die "Hilfe zur Selbsthilfe" ist immer oberstes Ziel jedes Projekts. Zusammen mit den Einwohnern in Elat-Minkom, in Kamerun legte der ausgebildete Schreiner Bert Meyer den Grundstein für ein heute etabliertes Ausbildungszentrum in dem Jugendliche - Mädchen und Jungen - eine Schreinerlehre leisten. Zu Beginn ihrer zweijährigen Ausbildungszeit erhalten die Auszubildenden einen Werkzeugkoffer im Wert von 500 Euro, den sie nach bestandener Prüfung behalten können. Auch hier ist das Ziel wieder das Vermitteln von theoretischen und praktischen Fähigkeiten für ein selbstständiges Leben. Aktuell wird vor Ort gerade eine neue Unterkunft für Lehrlinge gebaut.
Seit mehreren Jahren begleitet Schwester Manma Krissevika Frauen im indischen Salem, die mit den Folgen der Immunschwäche Aids leben müssen. Aids ist vielerorts noch ein Tabuthema. Die Angst, wie Aussätzige behandelt zu werden ist allgegenwärtig. Gemeinsam mit den Pallottinern errichtet Schwester Krissevika nun ein Zentrum, in dem Betroffene Rat und Unterstützung erhalten um "diese Schweigespirale zu durchbrechen".
In Zusammenarbeit mit Pallottinern in Deutschland und Helfern aus der Bevölkerung der indischen Stadt Madurai baute Pater Emmanuel einen Kindergarten und eine Schule für Kinder aus Steinbrecher-Familien. Für sein neues Projekt “Nähmaschine”, das Frauen aus der Umgebung durch den Verkauf selbstgefertigter Kleider den Weg in die Selbständigkeit öffnen soll, fehlt es an Nähmaschinen. Im "Elisabetta Sanna Zentrum", das Pater Emmanuel in der Stadt gründete, haben bereits viele Frauen Nähkurse absolviert. Mit dem Zubehör kostet eine solche Maschine 150 Euro. Vielen Frauen der Stadt kann durch die Anschaffung einer Nähmaschine der Weg in eine bessere Zukunft erschlossen werden.
Die Behandlung von Malaria, der Kauf eines Moskitonetzes zur Vorbeugung, der Zuschuss für das Schulgeld oder das Schulmaterial - das Projekt "Notgroschen" nimmt Menschen in Kamerun und Indien in den Blick, die unverschuldet in Not geraten sind. Immer wieder kommt es vor, dass es an der Pfarrhaustür klingelt und Menschen einem Pallottiner ihre Not schildern und um Hilfe bitten.
Kein Orden sind die Pallotiner. Als Gesellschaft apostolischen Lebens, ohne Gelübde zu Gott versprechen sie sich in der Gesellschaft Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam, Beharrlichkeit in der Berufung, Gütergemeinschaft und selbstlosen Dienst. Neben Deutschland und Österreich zählen die Delegaturen Spanien, Kroatien, und Südafrika zur Herz-Jesu-Provinz. 400 Mitbrüder der Provinz sind weltweit im Einsatz für die Menschen. Der heutige Sitz der Herz-Jesu-Provinz ist in Friedberg (Bayern). Alle Projekte der Pallottiner werden auf der Grundlage von Spenden über das Missionssekretariat realisiert.
Unsere Unterhaltung mit dem Bruder Bert Meyer hat uns tief beeindruckt. Aus jedem Wort der Erzählungen des Missionssekretärs spricht der Wunsch nach Solidarität und Frieden, die Freude über Fortschritte und der Blick nach vorn zu einem nächsten Hilfsprokjekt.
Das bunt beleuchtete Treiben der Vorweihnachtszeit mit seinen typischen Stimmungen, Aromen und Gedanken nimmt uns jedes Jahr mit auf eine immer wieder spannende Reise hin zu den Festtagen. Die Sorge um das richtige Geschenk, die Vorfreude auf die leuchtenden Kinderaugen unter dem Weihnachtsbaum - all dies macht das Weihnachtsfest in unserer Welt zum einzigartigen Ereignis. Manche der in diesen Tagen unzähligen Spendenaufrufe mag der einzelne wohl mit einer kleinen Geldspende beantworten. Vielleicht aus echter Überzeugung, vielleicht aber als entschuldigende Alibileistung dafür, dass man sich selbst das 600 Euro teure Nobel-Smartphone unter den Weihnachtsbaum legt. "Für eben einmal ein Viertel diese Betrags bekäme eine Frau in Indien eine Nähmaschine und könnte damit einen Weg in eine bessere Zukunft beginnen", unterhalten wir uns während der Fahrt nach Hause.
"Bäume ausreißen musst du nicht können", lächelt Bruder Bert, "aber wenn du Mut & Fantasie mitbringst, wenn Du es wagst, dich für eine gerechtere Welt zu engagieren, dann könnte dich der Traum Pallottis von einer lebendigen Kirche interessieren ... "
Weitere Informationen:
Internetseiten der Pallottiner Deutschlands und Österreich
10 Projekte der Pallottiner
MissionarIn auf Zeit der Pallottinerrinnen
Schreinerei-Lehrwerkstatt Elat Minkom in Kamerun
("http://www.elat-minkom.de/")
Bildmaterial: Br. Bert Meyer S.A.C., Friedberg
Ein wirklich sehr interessanter Bericht mit sehr schöne Bilder.
Franz, ich wünsche Dir und deiner Sabina auch ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest.
LG M