Risiken bei Abfindungen im Arbeitsrecht
Bei der anwaltlichen Beratung im Arbeitsrecht begegnet man nach wie vor dem sehr weit verbreiteten Irrglauben, dass der Arbeitnehmer bei jeder Kündigung durch den Arbeitgeber einen Anspruch auf Abfindung hätte. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Dennoch bieten häufig Arbeitgeber eine Abfindung an, um eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden. Wird dennoch vor dem Arbeitsgericht gestritten, enden die meisten Kündigungs-schutzprozesse letztendlich ebenfalls damit, dass der Arbeitgeber an den Ar-beitnehmer eine Abfindung zahlt.
Viele Arbeitgeber entscheiden sich für diesen Weg, um das Kostenrisiko zu re-duzieren. Denn wenn das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens die Unwirksam-keit einer Kündigung feststellt, ist seitens des Arbeitgebers, soweit er eine Wei-terbeschäftigung des Arbeitnehmers während des Rechtstreits abgelehnt hat, für den gesamten Zeitraum des Verfahrens – bei mehreren Instanzen oft einige Jahre - rückwirkend Lohn zu entrichten. Dieses Kostenrisiko möchte der Arbeit-geber häufig durch Unterbreitung eines Abfindungsangebotes vermeiden.
Spricht der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aus, kann er bereits in der schriftlichen Kündigungserklärung ein Abfindungsangebot unterbreiten. Die-ses ist verbindlich, wenn er im Kündigungsschreiben darauf hinweist, dass die Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse erfolgt und der Arbeit-nehmer nach Ablauf der 3-wöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er diese Klagefrist ungenutzt verstreichen lässt. Das Bundesarbeits-gericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der betroffene Arbeitnehmer hinreichend über seine Wahlmöglichkeit zwischen Klage und Ab-findung informiert werden muss.
Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl, das Abfindungsangebot anzunehmen, o-der es abzulehnen und Kündigungsschutzklage zu erheben. Hält der Arbeitneh-mer die Kündigung für nicht gerechtfertigt und möchte er den Arbeitsplatz be-halten, so ist Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Hat der Ar-beitnehmer bereits eine neue Stelle gefunden, so kann die Abfindung ggf. ak-zeptiert werden.
Bezüglich der Höhe der Abfindung hat sich in der Rechtsprechung eine Faustre-gel entwickelt, dass pro Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Bruttomo-natsgehalt bezahlt werden soll. Allerdings ist diese Regelung weder für die Par-teien des Arbeitsverhältnisses noch für die Gerichte bindend. Häufig bemisst sich die Abfindungshöhe auch an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Ar-beitgebers.
Zu beachten ist bei der Entscheidung für eine Abfindung, dass die Abfindung in voller Höhe steuerpflichtig ist. Die in der Vergangenheit geltenden Steuerfreibe-träge sind vollständig entfallen.
Besondere Vorsicht gilt dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine einver-nehmliche Regelung beendet wird, beispielsweise durch einen Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag. Hier drohen dem Arbeitnehmer seitens der Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit, eine Verkürzung der Anspruchsdauer und ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Erhalt einer Entlassungsentschädi-gung von bis zu einem Jahr. Letzteres für den Fall, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich darauf einigen, die ordentliche Kündigungsfrist abzukürzen.
Besteht die Absicht, das Arbeitsverhältnis daher durch einen Auflösungsvertrag zu beenden, sollte sich der Arbeitnehmer sehr genau über die ihn erwartenden Einbußen informieren und einem Auflösungsvertrag nur dann zustimmen, wenn der Arbeitgeber für diese durch den Vertrag verursachten Einbußen eine ange-messene Entschädigung anbietet. Grundsätzlich empfiehlt es sich im Falle der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses fachkundigen Rat einzuholen, da bei vor-eiligem Handeln erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen drohen.