"Ich bleib' dann mal daheim" (Teil 93)
Friedberger Stadtteile kennenlernen: Paar – Harthausen – Heimatshausen – Rettenberg
Die bayerische Staatsregierung hatte sich seit der Regierungserklärung vom 27. Januar 1971 eine Reform der Landkreise und die Gebietsreform zum Ziel gesetzt. Doch schon bereits seit dem 1. Januar 1970 waren mit der Zustimmung der Bevölkerung Wiffertshausen mit Heimatshausen und Ottoried und Rettenberg in die Stadt Friedberg eingemeindet worden. Ab dem 1. Januar 1974 sind auch Harthausen und Paar nach Friedberg eingegliedert worden.
Wir wollen nun die Friedberger Stadtteile Paar, Harthausen, Heimatshausen und Rettenberg bewusst erleben. Unsere Wanderung beginnt in Paar am Parkplatz neben der Straße Friedberg-Dasing. Vorbei am bemerkenswerten Kriegerdenkmal gehen wir zurück zur Dasinger Straße, dann nach links auf dem Fußweg nach Harthausen. Der Ochse weist darauf hin, dass Paar auf der Route lag, auf der vom 15. bis 17. Jahrhundert jährlich tausende von Schlachtochsen, die auf den Habsburger Viehmärkten in Wien und bis Ungarn aufgekauft wurden, nach Augsburg getrieben wurden. Dieser sogenannte Oxenweg bedient sich dabei eines uralten Fernwegs, der Römerstraße von Augsburg nach Wels und weiter bis in die römische Siedlung Arrabona. Beim Ochsen sehen wir schon die Kapelle St. Ursula, die auf der rechten Seite nur wenige Meter entfernt an der Ringstraße steht. Auf der daneben stehenden Stele lesen wir von der einst viel besuchten Wallfahrtskirche St. Ursula und von der heutigen sehenswerten Kirche. Zurück an der Dasinger Straße zweigt einige Meter weiter rechts ein Feldweg ins Paartal ab. Wir überqueren die Paar, die hier noch in zahlreichen Mäandern am östlichen Prallhang des Paartals entlangfließt. Bei einer Kapelle führt links ein Fußweg in Richtung Paar. Kurz vor dem Altgraben gabelt er sich und wir folgen dem rechten Pfad, der durch einen Hof hindurchführt und zur St.-Johannes-Straße und nach rechts zum Bahnübergang der Eisenbahnlinie Augsburg-Ingolstadt gelangt. Sie wurde am 15. Mai 1875 feierlich eröffnet. Paar bekam 1890/91 eine Haltestelle, die jedoch ziemlich genau 100 Jahre später mit Beginn des Winterfahrplans 1989/90 aufgelassen wurde. Auf der linken Seite befand sich die Bahnstation Paar mit einem kleinen Bahnhofgebäude. Nach dem Bahnübergang wenden wir uns bei einem schönen Feldkreuz, einer Informationstafel und einem Oxenwegstein nach links. So kommen wir nach Heimatshausen. Im bayerischen Herzogsurbar von 1280 sind zwei Höfe in „Heimoltshausen“ verzeichnet, die im Wesentlichen heute noch existieren. Hier nach rechts gelangen wir nach Rettenberg mit seiner St. Georgskirche, die sich auf einer burgstallähnlichen Erhebung befindet und wohl eine Gründung der Zeit um 850 ist. Teile einer Altarschrankenplatte mit Flechtwerk, die bei Sanierungsmaßnahmen und Grabungen in der Kirche zwischen 1973 und 1986 gefunden wurden, ermöglichen die Datierung einer Vorgängerkirche in die karolingische Zeit nach 800. Der heutige Bau stammt aus dem beginnenden 13. Jahrhundert. Der Turm ist nun linksseitig angebracht.
In der Kirche befindet sich auch der Stumpf eines vermuteten römischen Meilensteins. Bekannt wurde er als „Mehlsack von Rettenberg“. Über ihn wird folgende Sage erzählt: „Zur Zeit einer Teuerung und Hungersnot kam eine arme Frau nach Retten¬berg. Dort bettelte sie für ihre hungrigen Kinder Brot. Die Bäuerin war aber hartherzig und geizig. Eben nahm sie Mehl aus einem vollen Sacke, um zu backen. Die arme Frau bat um Brot. Die Bäuerin sagte barsch: „Wir haben keines mehr.“ Hierauf flehte die Arme: „So gebt mir von eurem Mehl ein wenig!“ Zornig rief die Bäuerin: „Das brauche ich selbst! Macht, dass ihr fortkommt!“ Da weinte die Frau, aber die hartherzige Bäuerin achtete nicht darauf. Jetzt regte sich im Herzen der Abgewiesenen bitterer Zorn und sie rief: „Du hartes, geiziges Weib! Ich wollte, das Mehl in deinem Sacke würde zu Stein!“ Und siehe¬ - kaum war das Wort gesprochen, so gewahrte die Bäuerin mit Schrecken, dass der Sack mit dem Mehl in Stein verwandelt war. Reuig gab sie der Armen von ihrem anderen Mehl. Der steinerne Mehlsack aber wurde in die Kirche gebracht und erinnert das Volk daran, wie schändlich der Geiz ist, und wie Gott dieses Laster bestraft.“
Wenn Leute früher wegen eines Lochs im Zahn Schmerzen hatten, gingen sie nach Rettenberg, kratzten etwas vom „Mehlsack“ ab und stopften es ins Zahnloch, worauf der Schmerz aufhörte. Was als Wunder gedeutet wurde, hatte einen realen Hintergrund. Untersuchungen ergaben, dass der Stein arsenhaltig ist. Hier geht es wieder nach rechts weiter. Den Berg hinunter erreichen wir die Bahnstrecke Augsburg-Ingolstadt. Entlang der Bahnstrecke nach rechts ist wieder der Bahnübergang unser nächstes Ziel. Nun ist der Weg zum Ausgangspunkt, vorbei an der Pfarrkirche St. Johannes Baptista nicht mehr weit. Der Titel der Kirche deutet auf eine Urpfarrei hin, auf eine Taufkirche. Der Turm, der in der Barockzeit um 1680 einen achteckigen Aufsatz mit Zwiebelhaube erhielt, weist auf die romanische Chorturmkirche des ausgehenden 12. oder 13. Jahrhunderts hin.
Mehr Infos in „Sonntagswandern im Wittelsbacher Land“
Weglänge: ca. 5,4 km
Text: Gabriele und Dr. Hubert Raab
Fotos und Grafik: Dr. Hubert Raab
Wir haben an den Feiertagen den Friedberger Krippenweg, außer Derching durch gemacht und dadurch einige Ortsteile von Friedberg kennen gelernt. Paar war auch dabei und Wiffertshausen ( ein sehr schöner Ort ).
Danke für die INfO.
Noch ein gutes neues Jahr wünsche ich, LG Iris