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Utopia Pobladura espangnola: Das Dorf und die Fremden

  • "Die Ochsen wollen nicht mehr unter dem Joch gehen" Der Bürgermeister und Kulturamtsleiter von Pobladura und (im Kostüm) die (leider so nicht zu sehen) hübsche Nichte unserer Gastgeber bei der Kostümprobe
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Auf dem Jakobsweg von Madrid nach Santiago de Campostella : Pobladura de Aliste:

Die Gegend wird dem wandernden Pilger, der sich nach endlosen Tagen durch die heißen, völlig flachen und oftmals dürren Sierras, die Tierras di Arevalo und Avila und die Campo de Salamanca geschleppt hat, vorkommen wie der Garten Eden.
Wohlgeformte, grüne Hügel, fruchtbare Täler, auf gestaute Seen und , gewundene und manchmal sogar ein wenig ungestüm übers Ufer tretende kleinere Flüsse wie der Duero und der Aliste bestimmen die Landschaft und geben den Bauern ein sicheres Einkommen. Hier kann man von der Landwirtschaft leben und gleichzeitig das Leben der Natur und ihre Resourcen trotzdem schonen. Nicht sowie im Süden und in der Mitte Spaniens , wo Landschaft durch Monokulturen aus gebeutet, unter Foliendächern verborgen bleibt, Wasser nur mehr aus größter Tiefe gefördert werden kann, während neben den Gewächshäusern alles verdorrt .
Hier im Tal des Aliste sind die Menschen glücklich.
Auch wenn früher die jungen Familien ihr Glück im Ausland versuchten, heute sind sie meist alle, zumindest aber in den Ferienzeiten wieder da.
Das ist kein Wunder: Hier ist Utopia. Die Menschen sind alle überaus gastfreundlich und entgegenkommend.
Nun das kennt man ja schon außer im kühlen Allemania in fast allen mediterranen Ländern.
Die Menschen hier haben gelernt, den Fremden, die Andersartigen durch einfache Dorfrituale zu verstehen und damit akzeptieren zu lernen.
Eine der freundlichen Familien in Pobladura, die in Dortmund leben und arbeiten und gerade mal wieder ins Tal des Aliste zur großen Verwandschaft über Ostern zurück gekehrt sind, hat uns ihre Geschichten der Utopia espangnola de Aliste bei Kaffee und Kuchen erzählt.

1. Das Gebiet des Aliste grenzt am Rio Manzanas unmittelbar an Portugal. Natürlich war vor der Einführung von Europäischer Union und der kontrollfreien Grenzöffnung für Besuche und Warenverkehr dieser schmale Fluss kaum ein Hindernis für Schmuggler. Andererseits waren die Menschen in den Dörfern auf der anderen Seite, eben doch die Anderen, die nicht ganz so beliebten anderssprachigen Fremden, obwohl beide Völker hier erst im Laufe der Geschichte durch willkürliche Trennung aus einem gemeinsamen Fürstentum hervor gegangen sind.
Zwischenzeitlich aber wollte man dann auch eigentlich von den fremden Nahbardörfern bald nichts mehr wissen. Da drüben sind eben immer die Anderen.
Wohl bedingt durch eine staatliche Verfolgungsjagd auf die Schmuggler, die auch eine kleine Brücke gebaut hatten und die dann natürlich als Erstes zerstört wurde, trafen sich die Menschen beider Länder auf beiden Seiten des Flusses zum neugierigen fernen Blickkontakt.
Natürlich wurde man nach einer gewissen Zeit auch hungrig und Essen und Erfrischungen wurden zu beiden Seiten im Gras des Flussufers auf getischt. Die Menschen hier sind gastfreundlich, aber die Überreste der zerstörten Brücke waren natürlich weggespült. Also übergab man als Gastgeschenke die Speisen des eigenen Dorfes in Körbchen und Schüsseln dem gewundenen Fluss, der sie sanft schaukelnd auf die jeweils andere Seite hinüberbrachte.
Gemeinsames Feiern ist freilich schön und da man die Feste auch wiederholen sollte, war damit schon mit dem nächsten Jahr ein neuer Feiertag im Kalender geschaffen.
Seither haben sich Portugiesen und Spanier im Gebiet des Aliste jährlich so getroffen und eben über den Fluss hinweg gefeiert und kommuniziert. Völkerverständigung war trotz der Grenzen nicht mehr in die Utopie gerückt. Heute gibt es natürlich wieder viele kleine und große Brücken, man kann über die grüne Grenze ohne Kontrollen über den Fluss nach drüben und zum Feiern bei einander sitzen. Trotzdem erinnert ein Fest am 15. August mit einer Feier auf gegenüberliegendem Ufer an diese Zeiten.

2. Die Saturnalien hatten früher bei den Römern die Aufgabe, den Herren einen Blick ins Leben der Sklaven zu ermöglichen und umgekehrt. Sklaven wie Herren mussten die Kleider wechseln und einen Tag in den Lebensumständen des Anderen verbringen. Aus dieser Verkleidung hat sich bei uns der Fasching entwickelt. Fastnacht gibt es natürlich auch im portugiesischen Tras-os-Montes und im beschriebenen Grenzbezirk des Landkreises Zamorra auf der anderen Seite des Rio Manzanas. In Pobladura hat man den Fasching vom Winter einfach auf den August gelegt, weil da alle zum Feiern ja sowieso zusammen kommen und in geschilderter Weise ja nicht nur die portugiesischen Fremden von Gegenüber, sondern auch alle im Ausland arbeitenden Familien mit den Kindern in heimatlichen Urlaub fahren können.
In Pobladura und den angrenzenden Dörfer wird der Fasching inszeniert, das heißt, es gibt wirklich ein richtiges Theaterstücklein, in dem alle wichtigen und lustigen Ereignisse des letzten Jahres in kleinen Sketchen gespielt werden, um sie den Heimkehrern erzählen zu können. Auch das hat hier Tradition: Früher als die Fasenacht noch im Winter stattfand, hatten die Bewohner des Dorfes, verschont von der Feldarbeit, ja endlich ein wenig Zeit zur Muße, zum Theaterspiel und zum Nachdenken. Da war doch diese Geschichte mit dem Messerschleifer, der ins Dorf gekommen war, und dem man dann nach gesagt hatte, dass er ein paar Messer nicht mehr zurück gegeben hatte. Da war die Geschichte vom laienhaften Gitarrenbauer, der sich seine Gitarre aus einer Holzkiste und den Gitarrenhals und die Wirbel aus einem Wurzelstrunk gemacht hatte – gut hat die Gitarre dann wirklich nicht geklungen.
Man erinnerte sich, dass die alte Seniora Dona Patrizia wieder drei oder vier neue Warzen oder Furunkel in ihrem bereits entstellten Gesicht bekommen hatte und sich dennoch immer noch so puderte und schminkte, als wolle sie den jungen Männern des Dorfes den Kopf verdrehen.
Ob diese Furunkel durch diese Unmengen an Puder und Fett, die ie sich da insGesicht schmierte, nicht erst vermehrt zu wachsen begonnen hatten?
Eigentlich wollte man ihr das ja längst schon mal sagen, dass das doch vielleicht ein wenig zu sehr koketierend wirke. Kränken wollte man sie aber auf keinen Fall, also blieb nur die Form eines kleinen Sketches über de sinnvollen Umgang mit Puder und Schmicke.
Und da sollte man vielleicht auch den Herrn Pater ein wenig ins Gebet nehmen: Hatte der nicht neulich unlängst gemeint, er könnte durch inständig lautes Beten, gar auch die zwei Ochsen, die sich unter dem Joch so schnell befreit und in die Machia galloppiert waren, wieder zur Vernuft, zur Demut und zur völligen Unterordnung bringen?
Alle diese Geschichten wurden in Pobladura schon in Szene gesetzt. Manches wird traditionell wiederholt, anderes immer neu dazu erfunden. Ein Heidenspass kündigt sich schon wieder für den kommenden August an. Auch alle gar noch so coolen Jugendlichen, die Chicos alemanos, werden mit ihren Eltern oder Großeltern kommen und ihre Handys, I-pods und Laptops, die sie während der Anreise keine Sekunde aus den Augen gelassen haben, plötzlich jetzt hier ganz vergessen, zunächst gebannt dem Treiben zu sehen und letztlich vor Begeisterung johlend und lachend immer wieder in die Höhe hupfen.
Sie meinen wohl, das ist jetzt aber wirklich zu utopisch, oder?
Ist es wirklich nicht, dessen bin ich mir sicher, denn ich habe es im letzten Jahr ja tatsächlich schon mal in Polada genau so mit erlebt.

  • "Die Ochsen wollen nicht mehr unter dem Joch gehen" Der Bürgermeister und Kulturamtsleiter von Pobladura und (im Kostüm) die (leider so nicht zu sehen) hübsche Nichte unserer Gastgeber bei der Kostümprobe
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  • "Die Schöne und das Biest" Fotoshooting bei der Anprobe des Ochsenkostüms mit der Nichte unser Gastgeber in Pobladura de Aliste
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