Auf Schloss Altburg an der Dromme geht das Schlossgespenst um
Prolog:
Zunächst möchte ich anmerken – und das nicht, um mich selbst zu beweihräuchern – dass ich seit 33 Jahren als Musiker mit eigenen Bands, als Aushelfer in anderen Bands, im Trio, Duo oder auch solo unterwegs bin und schon in Häusern gespielt habe, von denen sich viele Menschen wünschten, dort einmal Gast gewesen zu sein. Die Leute, die mich kennen, wissen das. Der Grund für diese Erklärung soll dem Zwecke dienen, die folgende kleine Geschichte nicht nur mit einem Schmunzeln zu bewerten, weil meine Erfahrungen mit „Veranstaltungs-Locations“ durchaus als lange und weitreichend bezeichnet werden können.
Die Leute, die mich kennen wissen auch, dass ich weiß, wie ich mich zu benehmen habe, dass ich sehr diskret bin und dass ich grundsätzlich freundlich zu jedem meiner Mitmenschen bin. Das alles hat mir u. a. Termine im Hilton in Düsseldorf, im mehrfach ausgezeichneten Hotel Resort Sonnenalp in Ofterschwang und bei vielen Promis (u. a. für die Bundesjustizministerin, Frau Dr. Leutheusser-Schnarrenberger, den Ex-Bundesinnenminister, Herrn Otto Schily und als eine der 5 Stimmen, die das Lied "Bayern" für den Radiosender Bayern 1 gesungen haben) beschert.
Nicht nur in den großen Häusern sondern auch in allen anderen gut geführten Gastronomiebetrieben behandeln sich die Leute mit gegenseitigem Respekt; will heißen, dass sich dort z. B. auch Servicekräfte und Musiker mit ordentlichem Benehmen und Freundlichkeit begegnen. Es gibt allerdings auch Locations, in denen da auch nur der Wunsch der Vater des Gedanken ist.
Trotz meiner Erfolge und meines mehr oder minder großen Bekanntheitsgrades sehe ich mich immer noch als Dienstleister und muss mich nicht als „Star“ hervortun indem ich mich benehme wie ein Schwein und andere Leute respektlos behandle, so wie ich das bei wesentlich bekannteren „Promis“ leider auch schon habe beobachten müssen.
Ich erwarte nicht, dass mir der rote Teppich ausgerollt wird, bestehe aber darauf, respektvoll behandelt zu werden. Mir würde z. B. auch nicht einfallen, eine Servicekraft in würdeloser oder herablassender Weise anzusprechen.
Eine mittelalterliche Geschichte im Schloss - nennen wir es mal: "Altburg an der Dromme".
Es begab sich zu einer Zeit in der der Prinz und seine Prinzessin ihr Verhältnis endlich legalisierten.
Der Prinz kannte einen Minnesänger und sein hübsches Töchterlein, die er für die Unterhaltung seiner edlen Gäste auserkoren hatte. Die beiden hatten schon für die großen Königshäuser dieser Welt gespielt und waren deshalb sehr bekannt und auch beliebt bei allen.
Wie es sich geziemt, suchte das Prinzenpaar die vortreffliche Atmosphäre eines altehrwürdigen Gemäuers nämlich die des Schlosses Altburg an der Dromme.
Dem Prinzenpaar wurde seitens des Schlossherrn und seines Trosses in die Hand versprochen, dass man sich um alles kümmere auf dass das frisch vermählte Paar unbehelligt bliebe und es sich an seinem Ehrentag am Fest erfreue.
Dafür rief der Herr für jede einzelne der 75 Personen, die den erlauchten Kreises der Gäste bildeten, einen stolzen Preis von knapp 100 Golddukaten auf. Dieser Betrag berechtigte u. a. die Gäste, das Schloss überhaupt betreten zu dürfen, aber immerhin inkl. der Parkgebühren für den schlosseigenen Parkplatz, beinhaltete aber auch die komplette Verpflegung der Besucher und der beiden Angehörigen einer vom Schlossherrn offensichtlich unerwünschten, für eine Hochzeit aber leider unerlässlichen Gilde der „Musiker, Gaukler und anders G'schwerl“- wie es sich später herausstellte. Also rund 200 Dukaten für Essen und Trinken für die beiden und den Parkplatz für deren Schwerlastgespann.
Dafür bekamen die beiden „Musiker“ über den Abend verteilt jeder ein Schnitzel Wiener Art (also vom Schwein und nicht vom Kalb) mit gestiftelten und in Schmalz ausgebackenen Kartoffelstreifen samt Grünzeug, insgesamt 3 Gläser Sekt, 3 Gläser Mineralwasser, die zwar nicht bestellt wurden aber durch Zufall den Geschmack der Singvaters trafen und 2 Cappuccini. Preise, die selbst den Betreibern des Cafe Florian auf dem Markusplatz in Venedig die Schamesröte ins Antlitz triebe.
Ich erlaube mir, noch einmal Essen und Getränke für die Dauer von 9 Stunden aufzuzählen:
2 Schnitzel Wiener Art nebst Grünzeug, 3 0,5 Liter Mineralwasser, das am Ausschank aus Plastikflaschen auch in die Glaskaraffen für die Gästetische eingefüllt wurde und
3 Gläser Sekt, 2 Cappuccini
und das für 200 in Worten: „zweihundert“ Golddukaten.
Für die Bewohner des alten Königreiches vor der Währungsunion in alter Währung: 400 Goldmark. Für dieses Geld kauft der Vater seinem Pony, das den großen Wagen zieht, vier Monate lang das Futter!!!
„Wiener Schnitzel mit Pommes“ das ist das Essen, dass Prinz und Prinzessin als „Musikeressen“ erklärt wurde. Alle Sangesbarden, die im Schloss ihr Können dargeboten hatten, hätten dies bekommen und keiner habe bis dato aufzubegehren gewagt. Etwas anderes gibt es für die minderprivilegierten Angehörigen der Randgruppe Musiker offenbar nicht. Und seitens des Trosses wird augenscheinlich versucht, das niedere Volk vom Gast zu trennen.
Nun ist es so, dass das Instrument der Minnesänger eben die Stimme ist und die muss über einen Zeitraum von 7 Stunden des Gesanges eben ständig mit Feuchtigkeit benetzt sein. Nachdem die Bediensteten es nicht für notwendig hielten, sich nach den Wünschen und Bedürfnissen der Musiker zu erkundigen, ging der Barde zum Prinzen und bat diesen darum, die Mägde anzuweisen, die Sänger ständig mit Flüssigkeit zu versorgen, was in 7 Stunden genau für einen einzigen Auftritt einer Magd an der Bühne anhielt.
So mussten sich die Barden ständig selbst um ihr Trinken sorgen und auch das war mit argen Problemen behaftet, denn man nahm am Ausschank keinerlei Notiz von den beiden Dürstenden so dass sie ein ums andere Mal unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen oder sich an einen Gästetisch setzen mussten, um bedient zu werden.
Abermals ging der in Ehren ergraute und schon in die Jahre gekommene Gaukler zu seinem Freund, dem Prinzen und der rügte nun die erste Magd und wies sie an, nun endlich seinem Wunsche zu entsprechen und die Barden mit dem Notwendigen zu versorgen. Die Magd musste aber zu dieser Zeit entweder arg vom Tinitus oder später von erheblichen Gedächtnismängeln geplagt worden sein, weil die Anordnung des Prinzen an das Gesinde ungehört im Gemäuer verhallte und sich weiterhin niemand um die Musiker kümmerte.
Nach dem Feste wurden Sangesvater und Tochter von der großen Magd gefragt, wie lange sie denn bräuchten um abzubauen. Weil so lange sie bräuchten, müsse das frischvermählte Prinzenpaar noch im Saale weilen und auch dafür bezahlen.
Dem Vater verschlug es ob dieser Aussage die Sprache, hatte er so etwas in seiner 33jährigen Laufzeit als Königsbarde noch nie gehört. Es war nicht an der Zeit, da etwas zu sagen oder gar die Stimme zu erheben, weil dies respektlos dem Prinzen und seiner Prinzessin gegenüber gewesen wäre, die das mit anhören hätten müssen.
Das Nachwort:
Am nächsten Tage war der Prinz beim Barden zu Hause zu Gast und hier tauschte man sich über die Gepflogenheiten am Hofe des Schlosses Altburg an der Dromme aus. Ein Austausch, der so ja in der Regel nicht stattfindet, weil sich Prinz und Gaukler – wie in diesem Falle – selten so gut kennen.
Der Prinz war verwundert und gleichsam verärgert und versprach dies beim Schlossherrn in geeigneter Weise anzumerken.
Nachdem der Gaukler - wie der Prinz auch - Angehörige der Prätorianer-Garde des Kaisers waren, durfte der Sänger das allwissende Gugel-Hupf-Orakel befragen und siehe da: ihm wurden einige unschöne Begebenheiten am Hofe des Schlosses Altburg offenbar, viele von anderen Gauklern, denen ebensolches wie die Geschichte hier beschreibt widerfahren war, von Gästen, die unverletzt zum Schlosse hingingen aber dies verletzt wieder verließen.
Vielleicht denkt der Schlossherr mal darüber nach, dass sich das nichtsnutzige Künstler-G'schwerl untereinander auch kennt und die Musiker sollen sogar miteinander sprechen und sich austauschen – man halte es nicht für möglich!
Man hat auch schon davon gehört, dass die Gaukler von Brautleuten nach einer geeigneten Location für ihr Hochzeitsfest gefragt worden sein sollen.
Nachdem, was der Barde im Gugel-Hupf-Orakel gelesen und nach seinen eigenen Erlebnissen im Schloss Altburg an der Dromme, kann er nur empfehlen, sich die Wahl des Schlosses Altburg ganz genau zu überlegen. Atmosphäre und Schönheit der Räumlichkeiten sind zwar über jeden Zweifel erhaben doch in den alten Mauern haben sich Unmenschlichkeit und Respektlosigkeit festgesetzt. Menschlichkeit und Respekt gehen irgendwo auf dem unbefestigten Weg von der geteerten Dorfstraße zum Schloss verloren oder fallen spätestens oben am Burgtor in den Burggraben und verschwinden dort auf Nimmerwiedersehen.
Ein Buchungsgespräch könnte zukünftig so ablaufen:
x-beliebiger Anrufer: „Grüß Gott, Sie sind mir von sehr vielen Leuten empfohlen worden und wir kennen Sie aus dem Radio. Wir möchten Sie und Ihre nette Tochter gerne für unsere Silberhochzeit buchen.“
x-beliebiger Musiker: „Ja gerne, das freut mich, dass wir Ihnen empfohlen wurden. Wo wird Ihr Fest denn stattfinden?“
x-beliebiger Anrufer: „Im Schloss Altburg an der Dromme!“
x-beliebiger Musiker: „Tut mir leid, da treten wir nicht auf. Das Schloss Altburg ist für mich – wie für viele andere Musikerkollegen tabu, weil man dort als Künstler entweder komplett ignoriert oder wenn man behandelt wird, dann respektlos und unwürdig!“
x-beliebiger Anrufer: „Oh, das habe ich jetzt schon von mehreren Leuten gehört, konnte das aber gar nicht glauben, weil die anderen so seltsam rumgedruckst haben. Aber Sie kenne ich ja und muss sagen, dass ich Ihnen das sofort glaube. Wir möchten aber nur Sie für die musikalische Untermalung unseres Jubiläums, können Sie uns denn eine andere schöne Örtlicheit für unsere Feier empfehlen?“
x-beliebiger Musiker: „Ja natürlich! Sind Sie doch bitte so nett und geben Sie mir doch Ihre Email-Adresse; ich schicke Ihnen ein paar Links von Veranstaltungsorten, die Ihnen und Ihrer Frau bestimmt gefallen werden.“
Wenn das nur zehnmal im Jahr passieren sollte, hat der Schlossherr bei je 75 Gästen Einbußen von rund 75.000 Golddukaten, was natürlich auch im Mittelalter sehr tragisch wäre.
Abgesehen davon, dass der Schlossherr nicht in den Himmel kommt sondern bis ans Ende der Tage in seinem Schloss als Gespenst gefangen sein wird. Stellt sich nur die Frage in welcher Gestalt er mehr Schaden anrichtet.
Nichtsdestotrotz möchte der Minnesänger gerne mit etwas Positivem enden: Der Schlossherr ließ durch sein Gesinde ja das oben erwähnte Musikeressen kredenzen und darum kann es der Barde nicht beurteilen: das 3-Gänge-Menü soll gut gewesen sein "Duett vom Schwein und Rind mit Beilagen" .... umgangssprachlich oder im Volksmund als "gemischter Braten" bekannt. Aber Der Gaukler darf sich über Wortspielereien nicht auslassen, diese Bezeichnung für den gemischten Braten hätte durchaus auch von ihm sein können.
Die werte Leserschaft sei noch einmal eindringlich darauf hingewiesen: dies alles ist nur eine frei erfundene Geschichte.