Maskenbrauch im Werdenfelser Land, vom Maschkeragehen und Gungln zur Fosnocht
Maskenbrauch im Werdenfelser Land -
Vom Maschkera-gehen und Gungln zu Fosnocht
Die Tage vor Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch werden
bestimmt von ausgelassen wildem Treiben in Bayern.
Von besonderer Art ist hierbei das Maschgara-treiben im
Werdenfelser Land.
Der Begriff Maschgara kommt hierbei über das italienische maschere vom arabisch-sizilianischen mascara (dem Narrenkostüm). Der alpenländische Fasching beginnt, von den geheimen Vorbereitungen abgesehen, in aller Öffentlichhkeit eigentlich erst mit dem gumpigen Donnerstag.
Mit Schlag 12 Uhr in der Mittagszeit erscheinen so z.B. auf dem
Kirchplatz im Herzen Mittenwalds so beliebte Maskengruppen
wie die “Jacklschutzen”,. Von der Gruppe der “Jacklschutzen” wird eine schön gekleidete Puppe über ein Sprungtuch immer wieder in die Luft geworfen und aufgefangen. Evtl. in früher zurückliegenden Jahren wurden wohl eher sogar lebende Mitglieder der Dorfgemeinschaft diesem Brauch unterzogen.
War es evtl.. eine Form der Zwangs-sozialisierung von nicht ganz so konform geltenden oder gar unbeliebten Mitgliedern der Gemeinschaft?
Sollte diesen Mitgliedern beim freien Fall und beim aufgefangen Werden durch starke Hände der Dorf Gemeinschaft fühlbar gemacht werden, dass man sich im Dorfleben aufeinander verlassen muss?
Wie es scheint, hätte sich dieser Brauch dann vielleicht aus dem Haberfeldtreiben, das man in gesamt Südbayern, vor allem in der Gegend des Tegernsees und im Rottal auch heute noch in abgemildeter Form ausübt, entwickelt. Hierbei werden den Außenseitern der Dorfgemeinschaft unerkannt in dunkler Nacht und hinter der Vermummung die Leviten gelesen. Manchmal wird vielleicht dann mit körperlicher Verfolgung gedroht oder die Ärmsten sogar verfolgt und verprügelt .
Dieser Brauch der freien Schmährede wiederum lässt sich auf die Saturnalien der Römer zurückverfolgen. An diesen Festtagen war es den Sklaven erlaubt, in die Rolle der Herren zu schlüpfen und Ihnen unverblümt die Meinung zu sagen. Solch verkehrte Welt wurde bei den viel späteren Karnevalsumzügen im Norden Deutschlands immer wieder in veränderter Form dargestellt . Die Umzugswagen waren hierbei oft als Narrenschiff umgebaut (Carrum navalis).
Eine besonders im Voralpen- und Alpengebiet übliche Vorform des Maschgaragehens war auch der Brauch des Klöpfelns (Anklopfens) .
Gerade nachder strengen Winterszeit, wo bei den Tagelöhnern alle Vorräte
längst aufgebraucht waren, musste man die Kinder zu den
Häusern der reichen Bauern und in die Wirtshäuser schicken,
um ein wenig Nahrung zu erbetteln.
Aufgesagte Sprüchlein, kleine Theaterstücke und ein wenig
Verkleidung halfen die Spendenfreudigkeit zu unterstützen.
Auch die Erwachsenen fanden bald Mut zu diesen maskierten Besuchen von Haus zu Haus, um auch am begehrten Ausschank des Fastentrunks( Faschang) teilzuhaben.
Zudem lockten auch die in Unmengen kochendem Schmalz heraus gebackenen Krapfen und andere verderbliche Kostbarkeiten. Für die kommende Fastenzeit nicht mehr benötigten Nahrungsreserven konnten an die hungrigen Bettler und Spassmacher verschenkt werden.
Da man sich aber auch schämte, beim Betteln gesehen zu werden, war eine Verkleidung oft unerlässlich.
Auch beim Gungln versuchen alle Maskierten sich möglichst so zu verstellen, daß sie gänzlich unerkannt bleiben. Gang, Haltung und Auftreten werden der Maske angepasst. Sogar die Hände,die über den Beruf Auskunft geben könnten, werden mit weißen Stoffhandschuhen bedeckt. Um die Identität noch weiter zu verschleiern, werden die Masken untereinander ausgetauscht und jedesmal gewechselt.
Mit hoher Stimmlage und Raunzen wird versucht, die Stimme so zu verstellen , daß der Maskenträger unerkannt bleiben kann. Jetzt darf er aber jedem auch ganz frisch und frei seine Meinung sagen.
Mit ausgelassenen Tänzen wird dann dem Leben vor der Passionszeit noch einmal alle Lust ab gewonnen.
Hierbei gibt es auf der einen Seite eher griesgrämig, dunkel und männlich wirkende Masken mit breitem dichten Bart andererseits fast weiblich zarte und schöne Masken mit hellerem Taint. Sind die Bärtigen Verkörperungen es Winters, so bereiten die jugendlichen glatten Gesichter das frische Wachstum des kommenden Frühjahrs vor.
Auch ein anderer Fruchtbarkeitskult wird in modernisierter Form auf den Marktplätzen des Werdenfelser Landes zelebriert.
Auf einem Baumstamm, Pflug oder einer großen Pfanne sitzend, wird eine Gruppe junger Männer mit rasender Geschwindigkeit, lautem Geratter und Gejohle über das Kopfsteinpflaster der Dorfstrassen gezogen. Natürlich entspricht hierbei die Bearbeitung des Ackerbodens mit Pflug ,Pfahl (Maibaum) oder Pfannengriff alten Fruchtbarkeitsvorstellungen. Der gefrorene Boden soll für die Saat aufgebrochen werden.
Auch das Schlagen mit frischgeschnittenen Baumtrieben soll in der Winterszeit Glück (Fruchtbarkeit) bringen.
Keltische und slawische Opferkulte spiegeln sich schließlich in
der Verwendung von Bären-, Hirsch-, und Ebermaskenkostümen. Diese Tiere wurden als Verkörperung der für den Jahresablauf und die Fruchtbarkeit wichtigen Götter angesehen. So musste im Frühjahr das Blut eines starken männlichen Hirsches als Opfergabe an Cerumnus, den keltischen Hirschgott vergossen werden. Dieses Tier wurde durch den Tod damit aus irdischen Fesseln befreit und konnte als Bote und Bittsteller an Cerumnus fungieren. Wildschwein,- und Hirschmasken treten auch bei der Straßen-fastnacht in der Garmischer Gegend besonders in Grainau auf. Oft wird der Hirsch nur mit einfachsten Mitteln : einem Gehörn mit Schädelplatte und einem Mehlsack mit aufgemaltem oder gestickten Gesicht in Maske gebracht. Junge Burschen, die sich ein Wildschweinfell mit Kopf übergezogen haben, fallen bei der Strassenfastnacht über alles her, was Röcke trägt.
Bärenmasken und die Maskengestalt des Bärentreibers sind aus slawischen Ländern vor allem ins Allgäu und obere Inntal zugewandert. Der Bär (frische Kräfte der Natur, Frühling) und der griesgrämige und ausgezehrte Bärentreiber (Hunger, Krankheit, Winter) kämpfen gegeneinander; der Bär will sich befreien.
Für das Werdenfelser Land nicht ganz so traditionell ist auch mitlerweile die beim Umzug vorausziehende Hexengruppe. Mit den frischen Reisern der Besen wird das Land für den beginnenden Frühling gesäubert.
Das Untersberger Mandlpaar trägt die Maske auf dem Bauch.
Kopf und Oberkörper verschwinden unter einer riesigen Zwergenkappe.
Auch die Körblträgerin ist eine phantasievolle Maskengestalt, die nicht fehlen darf. Hierbei hat sich der Maskenträger den Oberkörper einer weiblichen Puppe vor den Bauch gebunden und wirkt so, als säße er im Korb seiner unter dem Gewicht schwer nach vorne gebückten Frau eingefangen.
Die wichtigste Gruppe sind allerdings die Schellenrührer, die mit umgehängten Kuhglocken gleichmässigem Stampfschritt
und ohrenbetäubendem rhythmischen Lärm die bösen Winterkräfte vertreiben sollen.
Wahrscheinlich geht dieser Brauch auf das im Frühjahr übliche
Wolferertreiben zurück. Wölfe und Bären, die sich im Winter
nahe an die Dörfer herangewagt hatten, sollten mit viel Lärm vor der Bestellung der Felder wieder in die Wälder zurück getrieben werden.