Die Hälfte der Medaillen geht an deutsche Slalomkanut*innen – Erfolgreiches ICF Ranglisten-Rennen auf dem Eiskanal
Die Hälfte der Medaillen geht an deutsche Slalomkanut*innen – Erfolgreiches ICF Ranglisten-Rennen auf dem Eiskanal
Internationaler Vergleichstest stimmt Cheftrainer Klaus Pohlen mit Blick auf die Kanu WM sehr zuversichtlich! „Voll und ganz zufrieden“ zeigt sich Klaus Pohlen, Cheftrainer Kanuslalom des DKV, mit den Ergebnissen seiner Sportlerinnen und Sportler beim aktuellen Ranglistenrennen der International Canoe Federation (ICF) auf dem Augsburger Eiskanal. „Wir sind in allen Disziplinen vorne mitgefahren, jeder hatte sein Erfolgserlebnis“, so fasst Pohlen den zweitägigen Wettkampf, gut sieben Wochen vor der Kanuslalom WM in Augsburg, zusammen.
In der Tat standen die DKV Slalomkanut*innen bei jeder Medaillenzeremonie mit auf dem Siegertreppchen, konnten drei Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille in Empfang nehmen. Am eindrucksvollsten war die DKV-Bilanz im Canadier-Einer der Männer (C1M), wo Sideris Tasiadis (Kanu Schwaben Augsburg) Gold und Franz Anton (KC Leipzig) mit knapp zwei Sekunden Abstand Silber errang. Tasiadis ließ sich dabei auch nicht durch eine Torstabberührung an einem Aufwärtstor in der „Restaurantwalze“ aus dem Konzept bringen, er hatte da schon einen Vorsprung von fast fünf Sekunden auf den fehlerfrei paddelnden Franz Anton herausgefahren. Bronze erkämpfte sich der Slovake Michal Martikan (Sieger bei der WM 2003 in Augsburg) mit 4.25 Sekunden Rückstand auf Tasiadis. Enttäuschend verlief der Wettbewerb für Benjamin Savsek aus Slowenien. Der Olympiasieger von Tokyo und aktuelle Europameister im Canadier-Einer hatte in Halbfinale gleich beim Start eine Torstabberührung, zudem unterlief ihm unter der Torbrücke ein schwerer Fehler. Sein Boot touchierte die Kanalwand, er verlor dadurch seine Linie und verpasste gleich drei Tore in Folge. Mit 152 Strafsekunden war das Rennen für ihn gelaufen. „Es war ein harter Kurs heute“, stellte er rückblickend fest, „sehr herausfordernd, technisch anspruchsvoll“. Die aktuelle Enttäuschung ändert nichts daran, dass er den Eiskanal als Slalomstrecke mag, sagt Savsek, auf die WM dort werde er sich nun gezielt vorbereiten.
Im Canadier-Einer der Damen (C1W) stand am Ende Andrea Herzog (Leipzig KC) ganz oben auf dem Siegerpodest. Sie hatte am Ende mehr als zwölf Sekunden Vorsprung auf die Slowenin Emanuela Luknarkova, die noch drei Zehntel Sekunden weniger als Viktoriia Us aus der Ukraine auf der Uhr hatte. Nele Bayn (Leipzig KC) kam mit über 20 Sekunden Rückstand auf Andrea Herzog auf Rang fünf. Elena Lilik (Kanu Schwaben Augsburg), die im vergangenen Jahr noch im C1W zu WM-Gold gepaddelt war, lag am Ende auf Rang sieben. Dass sie den aber mit 52 Strafsekunden sichern konnte, macht deutlich, dass sie aller Voraussicht nach bei künftigen internationalen Wettbewerben wieder ganz vorne mitpaddeln wird.
Sie kann sich zudem mit einer Bronzemedaille im Kajak-Einer der Damen (K1W) trösten. Hier dominierte Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach), die Europameisterin Stefanie Horn (Italien) mit fast acht Sekunden Vorsprung auf Platz zwei verwies. Platz vier sicherte sich Jasmin Schornberg (KR Hamm). Die 36-Jährige war vor vier Wochen bei der DKV-Qualifikation überraschend nach vorne gepaddelt und zeigte nun auch im internationalen Vergleich ihr Leistungsniveau. Für die endgültige Nominierung zum Nationalkader muss sie aber gemäß DKV-Reglement bei deinem der nächsten Weltcup-Rennen – in Prag, Krakau oder Tacen bei Ljubljana – einen zusätzlichen Leistungsnachweis bringen und mindestens Rang 16 erreichen.
Annkatrin Plochmann (SG Victoria Nürnberg-Fürth) sicherte sich Rang sieben, das Augsburger Nachwuchstalent Franziska Hanke (Augsburger Kajak Verein) Rang 21.
Im Kajak-Einer der Herren (K1M) musste sich Stefan Hengst (KR Hamm) um knapp zwei Zehntel Sekunden dem Slowenen Peter Kauzer, Weltmeister von 2009 und 2011 und Olympia-Zweiter von 2016, geschlagen haben. Dritter wurde Finn Butcher aus Neuseeland. Mit einem Abstand von knapp zwei Sekunden auf die Sieger erreichte Hannes Aigner (Augsburger Kajak Verein) Rang sechs. Er hatte allerdings zwei Torstabberührungen auf seiner Punkteliste. So war für ihn das Ergebnis „noch im Rahmen“. Dass die Zeiten der ersten fünf Kanuten innerhalb einer Spanne von nur einer Sekunde lagen, zeigt die Leistungsdichte im Kanuslalom der Herren.
Unter widrigen Wetterbedingungen und nach einer Unterbrechung wegen eines abziehenden Gewitters ging die Ausscheidung im Kanuslalom Extreme / Boater Cross über die Bühne. In rascher Reihenfolge starteten die Vierergruppen der Kanuten und Kanutinnen in handelsüblichen Wildwasserkajaks von der Rampe auf der Bootshausbrücke. Das Finale der Damen entschied Eva Tercelj aus Slowenien für sich, gefolgt von Carolin Trompeter (SKG Hanau) und Evy Leibfarth (USA). Emily Apel (Kanu Schwaben Augsburg) hatte hier das Nachsehen. Das Finale der Herren gewann Pedro Goncalves (Brasilien), vor dem Spanier David Llorente und dem Schweizer Martin Dougoud (der auch Mitglied bei Kanu Schwaben Augsburg ist). Das Nachsehen hatte hier George Snook aus Neuseeland. Die oft packenden Vierer-Duells Boot an Boot vom Brückenstart zum Abzweig, zu den überdimensionalen Torstangen und der Kajakrolle unter der Bogenbrücke wurden von den Zuschauern teils lautstark begleitet. Für die Kanut*innen hat sich der Kanuslalom Extreme von einem Fun-Event zu einem ernsthaften Wettbewerb gewandelt, seit klar ist, dass er 2024 im Programm der olympischen Spiele von Paris stehen wird. „Das sind Medaillen wie im Slalom“, sagte Sieger Pedro Goncalves, der seinen Erfolg nicht zuletzt darauf zurückführt, dass er während der Wettkampfpause die Spannung halten konnte. Die 19-jährige Emily Apel fühlte sich „geflasht“, dass sie es durch vier Ausscheidungsrennen ins Finale geschafft hatte. Sie habe den Kanuslalom Extreme mit Blick auf dieses Wochenende nur zweimal trainiert, in der Summe fand sie den Wettbewerb „cool, es hat Spaß gemacht!“
Jetzt richtet sich der Blick der deutschen Slalomkanut*innen natürlich auf die WM Ende Juli in Augsburg. Und da wird die Konkurrenz groß ein. So betonte Sideris Tasiadis nach seinem erfolgreichen Finale: „Bei der WM, da zählen die besten 30 auf der Welt zu den Favoriten. Denn da bereitet sich jeder vor, da muss man mit jedem rechnen.“ Die Vorbereitung führt jetzt über die anstehenden drei Weltcups in Prag, Krakau und Tacen/Ljubljana, wobei Cheftrainer Klaus Pohlen ganz individuell entscheiden will, welche seiner Sportlerinnen und Sportler wo an den Start gehen. Im Vordergrund stehe die WM und nicht das Abschneiden bei den Weltcups. So werde es auch bei der Vorbereitung auf Prag noch hartes Konditionstraining geben. „Da müssen sie schon damit leben, dass sie auch mal leicht ermüdet in den Wettkampf gehen“. Den Weltcup in Tacen vom 24. bis 26. Juni habe aber einen hohen Stellenwert, denn die Strecke dort sei dem Eiskanal sehr ähnlich. Und der ist dann vom 26. bis 31. Juli das Maß aller Dinge im Kanuslalom.
Text Hermann Schmid