Auszeichnung | Feste | Stadtlauf
Am 19. Oktober hat das Integrationsamt die Auszeichnung an die Firma Hippold aus Kraftisried im Ostallgäu verliehen. Die Veranstaltung war gut, sie hat mich aber auch sehr nachdenklich gemacht.
Zunächst ist mir aufgefallen, dass sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Hippold dabei waren. Die Firma Hippold ist kein Großbetrieb, sie hat wenig mehr als 100 Mitarbeiter. Und sie beschäftigt schwer behinderte Menschen, mehr als vom Gesetz gefordert wird. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass dies im Betrieb nicht so wichtig ist. Wichtig bei Hippold ist, dass man zusammenarbeitet, ob man behindert ist oder nicht. Alle arbeiten zusammen, die Chefs und die Mitarbeiter. Ein Familienbetrieb, und alle gehören zu der Familie. Schön wäre es, wenn das überall so wäre.
Dann ist mir aufgefallen, dass das Integrationsamt gesehen hat, dass es bei der Firma Hippold gut läuft. Da werden behinderte Menschen beschäftigt und der Betrieb ist wirtschaftlich erfolgreich, nicht nur in Zeiten der Hochkonjunktur. Auch der Landrat hat das bemerkt, auch der Bürgermeister. Die Firma Hippold hat sich nämlich nicht für die Auszeichnung beworben, das hat der Seniorchef Richard Hippold bestätigt. Dass dann so ein Betrieb ausgezeichnet wird, dass dann so ein Betrieb als gutes Beispiel in der Öffentlichkeit vorgestellt wird, das ist richtig, das ist wichtig. Das kann nicht oft genug geschehen.
Eingeschlagen wie eine Bombe hat aber bei mir die Laudatio, die Lobrede Ihrer Durchlaucht, Christa Prinzessin von Thurn und Taxis, Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes. Sie hat der Firma Hippold das höchste Lob gespendet, indem sie erklärt hat, dass das Bayerische Rote Kreuz anteilig nicht so viele schwer behinderte Menschen beschäftigt wie die Firma Hippold, ja noch nicht einmal so viele beschäftigt, wie vom Gesetz gefordert werden. Und das, obwohl das Bayerische Rote Kreuz ein Großbetrieb ist mit 17.000 Mitarbeitern und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Adel verpflichtet, das war ein nobles Lob.
Aufgefallen ist mir noch, dass Frau Waltraut Joa, die Behindertenbeauftragte des Landkreises Ostallgäu, nicht zu Wort gekommen ist. Frau Joa ist selbst schwer behindert, jeder sieht das. Frau Joa ist auch Mitglied des Arbeitskreises der Vertrauensleute Schwerbehinderter in Schwaben, des AVS, sie hätte eigentlich schon was zu sagen gehabt. Sie konnte aber nicht nach oben, auf die Bühne. Der Weg nach oben ist nicht barrierefrei. Noch nicht.
Abschließend hat Hans-Peter Hippold, Geschäftsführer der Firma Hippold, sich für die Auszeichnung bedankt.
Er hat erklärt, dass in seiner Firma die Mitarbeiter nicht nach den Behinderungen bewertet werden, nicht nach dem, was sie wegen ihrer Behinderung nicht mehr machen können.
Vielmehr schaut man danach, was sie leisten können, was sie alles machen können.
Und so werden sie beschäftigt, auf entsprechend ausgestatteten Arbeitsplätzen.
So sollte es überall sein.
Diesen Denkzettel habe ich gerne mit nach Hause genommen.
Zusammengefasst: eine gelungene Veranstaltung, die viele Denkanstöße geboten hat.
Max hat viel von dem antizipiert, was ich teile: ein vorbildlicher Betrieb.
Viel zu oft betrachtet die Öffentlichkeit einen Menschen nach meist sehr oberflächlichen Kriterien dessen, was seine ökonomische Leistungsfähigkeit ausmacht oder sonst einem Klischee der Attraktivität entspricht.
Wenige, zu wenige Menschen schauen einen anderen Menschen o h n e diese Stereotype an, einfach nach dem, was durch die Persönlichkeit zum Ausdruck kommt - als Mensch.
Wenn wir soziale, ökonomische, arbeitsmarktpolitische oder sonstige gesellschaftliche Probleme beklagen, sollten wir bedenken, dass in erheblichen Maß alle diese Mißstände zum Teil auf einem reduzierten und unzulänglichem Menschenbild beruhen, dass gedankenlos reproduziert wird - Tag für Tag.
Es ist dem Menschen nicht so leicht gemacht, eine Gesellschaft zu gestalten, die Menschlichkeit als zentrales Merkmal in sich trägt: bewusstes, beständiges und kreatives Arbeiten daran (auf unterschiedliche Weise und in allen Bereichen der Gesellschaft) allein kann dies bewirken.
Alle politischen Reformen - gleich welcher Couleurs - greifen zu kurz, wenn sie auf dieses Moment unseres Menschseins nicht bauen: dem Neuen! dem Neuen, das aus dem kreativ-sozialen Schaffen des Individuums entspringt - und in die soziale Mitte des Menschseins einmündet.-