Garten- und Kleintierzuchtverein Firnhaberau
Alte Obstsorten & modernes Engagement: Streifzug durch die Streuobstwiese des GKV Firnhaberau
100 Jahre Gemeinschaft und Tradition
Der Garten- und Kleintierzuchtverein Firnhaberau im Wandel der Zeit
1920 wurde die Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau e.G. gegründet, um der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu begegnen. Durch gemeinschaftliche Eigenleistung der Mitglieder entstand eine Siedlung, die den Menschen ein neues Zuhause im Grünen und fern der städtischen Probleme bot.
Die Gründung des Gartenbau- und Kleintierzuchtvereins Firnhaberau e.V. ging aus der Satzung der Siedlungsgenossenschaft hervor, die Selbstversorgung der Siedler zu gewährleisten, besonders angesichts der Nachkriegszeit und der Sorge vor weiteren Konflikten. Gegründet wurde der Verein 1921, ein Jahr nach der Entstehung der Siedlungsgenossenschaft. Unter der Leitung von Frau Lange, der damaligen Vorsitzenden, wurden der Gartenbauverein und die Siedlungsgenossenschaft organisatorisch voneinander getrennt.
Die Siedler erhielten große Parzellen zur Anlage eigener Gärten, mit dem Ziel der Selbstversorgung. Mitglieder des Gartenbauvereins halfen ihnen beim Gartenbau und der Kleintierzucht. In den Gärten wurden unter anderem auch Kühe, Ziegen, Schafe und Hühner gehalten. Die Idee zur Anlage einer Streuobstwiese wurde 1994 mit großem Engagement umgesetzt und fand Unterstützung bei der Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau. Diese übernahm die Kosten des Pachtvertrags und etablierte sich als verlässlicher Partner für den langfristigen Unterhalt der Wiese. Dadurch sollten die alten Obstsorten, die die ersten Siedler bereits gepflanzt hatten, bewahrt werden.
1998 erhielt die Streuobstwiese in Firnhaberau durch Spenden neue Obstbäume, einen Brunnen, eine Sitzgruppe und eine Informationstafel. Ehrenamtliche Helfer pflegen die Wiese, die ein Ort der Erholung und Gemeinschaft bleibt. Auch die Imkerei spielt eine wichtige Rolle im Vereinsleben. Der Gartenbauverein engagiert sich zudem für die Bewahrung der Ortsgeschichte, z.B. durch das Buchprojekt „Firnhaberauer Gschichten“, und fördert jüngere Generationen durch Schulprojekte. Der Verein, mit etwa 300 Mitgliedern, bietet Geräteverleih, Ausflüge und Veranstaltungen an und verzichtet bewusst auf eine Ehrenamtspauschale, um den Gemeinschaftssinn zu betonen.
Die Streuobstwiese Firnhaberau
Ein Naturparadies für alte Obstsorten und Biodiversität
Die Streuobstwiese des Garten- und Kleintierzuchtvereins Firnhaberau ist ein idyllisches Naturparadies und gleichzeitig ein Ort für aktive Pflege und Erhaltung traditioneller Obstsorten. Insgesamt 59 Obstbäume beherbergt diese grüne Oase im Norden Augsburgs auf einer Fläche von 7.350 qm. Ein alter Bauwagen und ein moderner Container bieten den Gerätschaften Platz, die zum Erhalt und Pflege der Wiese nötig sind, wie Rasenmäher, Rechen und Astscheren.
Bei Veranstaltungen wie dem „Tag der offenen Gartentür“ wird die Streuobstwiese für Besucher lebendig. Alle Bäume sind beschildert und mit Plaketten samt QR-Codes versehen, die auf eine Webseite verlinken und Informationen zu den jeweiligen Apfel-, Birnen-, Kirsch-, Quitten- Mirabellen- oder Walnussbäumen bieten. Wer einen Baum gespendet hat, hat auch das erste Recht auf die Ernte; alle anderen dürfen sich danach bedienen. Die Vielfalt alter Obstsorten, viele davon aus spezialisierten Baumschulen, ist beeindruckend und steht den modernen Sorten in Robustheit in nichts nach.
Die Wiese selbst wird nur einmal jährlich gemäht – in der Regel Ende Juli oder Anfang August, um den natürlichen Kreislauf zu bewahren und den Lebensraum für Insekten und Vögel zu schützen. Ein besonderes Highlight ist das einzige „Insektenhochhaus“ Bayerns: Ein massiver Baumstamm, den die Stadt Augsburg bereitgestellt hat, wurde einbetoniert und verschraubt. Er bietet Wildbienen, die senkrechte Stämme zum Brüten benötigen, einen einzigartigen Lebensraum. Ergänzt wird dieses Projekt durch ein Sandarium für Wildbienen und ein Insektenhotel, das in enger Zusammenarbeit mit der Stadt und der Imkersparte des Vereins, geleitet von Frau Martina Neunhaber, entstanden ist.
Die Pflege der Streuobstwiese erfordert die tatkräftige Unterstützung der Vereinsmitglieder. Der Wiesenwart koordiniert in Zusammenarbeit mit den Vorständen die Aufgaben, die von Rasenmähen über Baumschnitt bis hin zum Aufräumen der Wiese nach Sturm- oder Wetterschäden reichen. So wurde beispielsweise ein Kirschbaum durch einen Sturm schwer beschädigt und musste gekürzt werden. Die Ruine dient nun als wertvoller Lebensraum für Insekten. „Die Natur ist die Natur und wenn der Ast bricht, schneiden wir ihn ab. In der Natur kommt auch keiner, da macht das der Baum selbst“, erklärt Herr Schratt, der Vorsitzende des Garten- und Kleintierzuchtvereins Firnhaberau.
Wer in seinem eigenen Garten alte Obstsorten pflanzen möchte, sollte sich gut informieren, denn diese Bäume sind oft Hochstämme und können sehr groß werden. Für kleinere Gärten eignen sich eher schwachwachsende Sorten, die zudem häufig resistent gegen verschiedene Viren sind. Eine fachkundige Beratung im Gartenfachhandel hilft dabei, die passende Sorte zu finden. Herr Schratt kombiniert in seinem eigenen Garten alte Obstsorten mit modernen Sorten wie „Revina“, die sich durch ihren reichen Ertrag und ihre Resistenz auszeichnen. Besonders wichtig ist es, Bäume zu pflanzen, die an das lokale Klima und den Boden angepasst sind. Bäume, die in der Region aufgezogen wurden, kennen die speziellen Gegebenheiten und gedeihen daher besonders gut. So sichert man sich langfristig gesunde und ertragreiche Obstbäume im eigenen Garten.
Die Streuobstwiese gehört offiziell der Stadt Augsburg, wird jedoch von der Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau gepachtet, die den Verein beauftragt hat, das Gelände zu pflegen. Regelmäßige Rücksprachen und Empfehlungen der Experten helfen dabei, den ökologischen Wert der Wiese zu bewahren und zu verbessern. So wird beispielsweise darauf geachtet, bestimmte Bereiche der Wiese ungemäht zu lassen, damit dort Vögel ungestört nisten können.
Besonders wichtig ist es, dass Besucher Rücksicht auf die Natur nehmen. Hunde müssen auf der Wiese unbedingt an der Leine geführt werden, um die Tiere nicht zu stören. Auch die Hundehinterlassenschaften sollten ordnungsgemäß entsorgt werden, da immer wieder Plastiktüten im Gras gefunden werden, die beim Mähen in das Mähgut gelangen. Dieses Mähgut wird gelegentlich als Futter für Großvieh verwendet, und Plastik im Futter kann schwerwiegende Folgen haben. Durch diese achtsame Pflege der Wiese trägt der Verein dazu bei, den Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schützen und eine intakte Natur zu erhalten.
Für die Zukunft gibt es bereits Pläne: Durch die Erweiterung der Siedlung und die Errichtung eines Lärmschutzwalls könnte eine neue Streuobstwiese entstehen, die das Engagement des Vereins weiter ausbaut. Doch auch die bestehenden Aufgaben bieten reichlich Betätigungsmöglichkeiten für alle, die sich einbringen wollen: Von Rasenpflege und Kuchenbacken für Veranstaltungen bis hin zu handwerklichen Arbeiten im Materialcontainer gibt es für jeden etwas zu tun.
Die Streuobstwiese des Garten- und Kleintierzuchtvereins Firnhaberau ist ein lebendiges Beispiel für den Erhalt von Tradition, das Zusammenspiel von Natur und Gemeinschaft und das Bestreben, diesen einzigartigen Ort für kommende Generationen zu bewahren.
Text/Bilder: Sandra Kost